Der Mann zweier Welten
haben. Kannst du dir das erklären, Ketan?«
»Nein. Meine einzige Sorge ist es, wieder zurückzukehren. Ich muß sehen, was mit Elta geschehen ist.«
»Wenn sie zu den Statikern gehört, ist sie wahrscheinlich schon hier.«
»Sie kann nicht zu ihnen gehören. Wir kennen uns von Jugend an.«
»Ist sie älter als du?«
»Ein paar Tara. Vielleicht drei von euren Jahren.«
Die Ungesetzlichen schwiegen. Ketan brauchte auch keine Antwort. Er dachte an Matra und ihre Beschuldigung. Aber auch sie hatte sich mit Elta ausgesöhnt. Was wollte nur Elta? Und wer war Matra?
Ketan schreckte zusammen, als er merkte, daß William Douglas schon eine Zeitlang redete.
»Wir würden gern wissen, was diese geheimnisvolle Felsnadel bedeutet. Weshalb wußtest du von diesem Ort? Und weshalb möchtest du unbedingt hin?«
Ketan versuchte ihnen seine Vision zu erklären. »Ich kann mir vorstellen, daß das eigenartig klingt, aber es ist so. Mich zieht eine Kraft dorthin, eine von Menschen geschaffene Kraft. Ich habe keine Ahnung, weshalb gerade ich ausgewählt wurde.«
Die beiden Männer schwiegen. William Douglas sah in die Ferne, wo nach John Edwards Aussagen der Felsen liegen sollte. Schließlich drehte er sich um.
»Es scheint keinen Sinn zu haben. Es paßt weder in deine noch in unsere Geschichte. Ich wäre nicht überrascht, wenn es nur in deiner Einbildung existierte. Vielleicht glaubst du nur, diesen Ort gesehen zu haben.«
»Aber es gibt ihn«, sagte John Edwards überzeugt. »Wenn deine Beschreibung stimmt, kann ich dich hinbringen. Ich war selbst nie dort, aber ich habe den Felsen von dem Mesas aus gesehen. Man nennt den Ort ›Tal der Winde‹, weil dort dauernd Sandstürme blasen. Er besteht nur aus Felsen und Wüste. Ich weiß nicht, was du dort finden willst.«
»Es ist im Innern«, sagte Ketan.
»Im Innern?« William Douglas sah entschlossen auf. »Wir gehen morgen. Vielleicht finden wir dort den Schlüssel zur Bekämpfung der Statiker.«
»Da ist noch etwas …« Ketan war plötzlich verlegen. »Ich bin nicht das, als was ich euch erscheine. Um den Geburtstempel zu betreten, mußte ich mich verkleiden. Wenn ich etwas heißes Wasser haben könnte …«
»Natürlich. Und festere Kleidung.«
Ketan verbrachte den Rest des Tages damit, das Plastilin mit Hilfe von heißem Wasser und einem Messer von der Haut zu schaben. Als er endlich fertig war, hatte er das Gefühl, durch und durch gekocht zu sein.
Er zog die derben Lederkleider an und bemerkte erst jetzt, daß man ihm Frauenkleider gebracht hatte. Er lachte, als er an die Reaktion von William Douglas dachte.
Es wurde dunkel, als Douglas das Zimmer betrat. »Komm und iß mit uns«, sagte er. »Ich habe alle Vorbereitungen für morgen getroffen. Ich …« Er starrte Ketan sprachlos an.
Ketan hatte seine normale Stimme wieder angenommen. »Ich hätte doch lieber ein paar Männerkleider. Sie sind bequemer.«
»Das also war die Verkleidung«, sagte William Douglas verwirrt.
17
Ketan zögerte, sich unter die Einwohner des Dorfes zu mischen. Die Häuser hatten nur zwei bis vier Räume und waren aus Lehm gebaut. Sie lagen überall im Tal verstreut. Ketan konnte sich nur schwer vorstellen, wie man so ein beschwerliches Leben durchhielt. Ihm war klar, daß nicht nur die Statiker an der Not schuld waren.
In den Gesichtern der Menschen spiegelte sich Unwissenheit. Ketan suchte vergeblich nach einem Mann, der die Menschen aus ihrer Armut herausführen könnte.
Dennoch konnte er sie nicht verachten. Denn er las in ihren Mienen den Trotz und die Freiheitsliebe, die den Leuten von Kronweld so gefehlt hatten. Wenn sich die beiden Völker vereinen könnten, wäre ihnen allen geholfen.
Er ging neben William Douglas durch das Dorf. Neben einem der Häuser sahen sie einen Haufen verbeulten Metalls liegen. William Douglas sah seinen fragenden Blick.
»Das sind die Maschinen, mit denen die Statiker durch die Luft fliegen. Sie nennen sie Flugzeuge. Aber du kennst so etwas sicher von Kronweld.«
Ketan schüttelte den Kopf. »Wir brauchten keine, deshalb haben wir nie welche gebaut. Aber sie interessieren mich. Woher habt ihr sie?«
»Sie sind armselig – nicht so schön wie die Maschinen, die die Menschen vor mehr als tausend Jahren bauten. Manchmal versagen sie und müssen landen. Wir nehmen die Statiker gefangen und töten sie. Der Mann, der die Dörfer Dornam und Brent zerstörte, saß auch in so einer Maschine.«
Zu jeder anderen Zeit hätte Ketan die Trümmer
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