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Der Mantel - Roman

Der Mantel - Roman

Titel: Der Mantel - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frankfurter Verlags-Anstalt
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noch unterstrich. Sie hatten Franz herzlich Beileid gewünscht. Auch seine Mutter war von sehr vielen mit Anteilnahme begrüßt worden, während man ihn eher selten wahrnahm. Das hatte ihn nicht getroffen. Er war dankbar, nicht nach Floskeln oder gar nach dem Namen dieser bedeutenden Leute suchen zu müssen.
    Bei der Rede des Vertreters des bayerischen Staates begriff Schmidt plötzlich. »Und der große Verstorbene hat durch seinen Sohn sichergestellt, dass die Tradition des hochgestellten Staatsdienstes in der Familie fortgesetzt wird …« Für Franz war diese Veranstaltung so etwas wie eine Inthronisierung. Er war als Leiter der Wasserwirtschaftsbehörde nun in die verwaisten Schuhe des Vaters geschlüpft, die ihm so gut passten. Er war sein Ebenbild. Und in seinem Schmerz über den Tod des großen Vorbilds lag auch schon der leise Triumph. Althirsch und Junghirsch. Wie archaisch. Schmidt durchschaute in diesem Moment den Bruder etwas mehr.
    Nachdem die Ärzte den Tod als innerhalb weniger Wochen bevorstehend erklärt hatten, entfaltete sein Bruder große Aktivität. »Also wenn du nicht redest, nun, dann übernehme ich das. Bestattungsinstitut und Trauerfeierlichkeiten habe ich geregelt.« Er hatte ihn kurz über die Brillengläser angeschaut: »Dein Einverständnis vorausgesetzt, natürlich.«
    Schmidt hatte genickt. »Natürlich.«
    »Den Platz habe ich ja schon lange auf dem Ostfriedhof bestellt. Ich nehme an, du hast ihn dir schon mit Mama angeschaut?«
    »Nein, das habe ich ehrlich gestanden noch nicht getan.«
    »Hm, dann solltest du zumindest das bald nachholen.«
    Dabei fischte er einen Plan aus dem Papierkonvolut, das er gründlich vor sich aufgestapelt hatte. Als Gesprächsgrundlage, wie ihr Vater gesagt hätte. Er schob ihm das Papier herüber. »B24. Ich dachte nämlich, du könntest ein Konzept für die Grabbepflanzung entwickeln. Das möchte ich nicht der Friedhofsgärtnerei überlassen.«
    Nach einer kurzen Pause, die wohl Raum für Widerspruch bieten sollte, fuhr er fort: »Damit hast du deinen Beitrag geleistet. Um alles andere kümmere ich mich. Ein wichtiger Beitrag, es ist Papas letzte Ruhestätte«, setzte er nach. »Ach, und wenn du noch Adressen hast, an die du die Traueranzeige schicken möchtest, gib sie mir bitte.«
    Höflich, gut sortiert und bestimmt, dachte Schmidt. »Der Text?«, fragte er. Ein weiteres Papier lag sogleich vor ihm. Der Kopfsatz war schön:
    Die größte Offenbarung ist die Stille.
    Er las ihn laut, schaute dann überrascht hoch.
    »Mama hat das eingefügt. Ich habe noch eine Alternative. Der Rest ist von mir«, sagte Franz.
    Ja, eindeutig. Wuchtig und mit katholischem Pathos. »Nein, lass es so, Mama soll sich doch auch in der Anzeige wiederfinden.«
    Franz hatte nur kurz gebrummt. Sicher war er sich nicht über die Bedeutung dieses Satzes.
    »Hast du denn auch eine Vorstellung von der Grabbepflanzung?«
    »Nein, das habe ich bewusst dir überlassen. Nicht zu bunt. Leicht zu pflegen. Und passend zum Grabstein.«
    »Dem Grabstein?«
    »Den habe ich schon ausgesucht, Mama ist einverstanden.«
    Ein weiterer Griff der großen, knochigen Hände mit dem Siegelring: »Da.«
    Das Foto zeigte einen schwarzen Stein mit goldenem Kreuz, breit genug und hoch für mehrere Namensinschriften.
    »Du machst es mir aber wirklich leicht, Franz.«
    Wieder der rasche Blick über die Brille. Sein Bruder benutzte das Stilmittel der Ironie selten. Darum misstraute er jedem Anflug davon.
    »Wenn du noch etwas brauchst, ruf mich an. Tipps bekommt man von der Gärtnerei, aber es gibt auch Bücher zum Thema Grabbepflanzung.«
    »Danke dir«, hatte er verblüfft erwidert. Wirklich generalstabsmäßig. Die Operation »letzter Akt« konnte beginnen. Ihr Vater wäre erneut sehr stolz auf Franz gewesen. Der stand auf vom elterlichen Esstisch, wo die Besprechung stattgefunden hatte. Schmidt war verblüfft. Er blickte auf die polierte Tischplatte, das Beistelltischchen, auf dem auf einer kleinen Häkeldecke eine klobige Brille seines Vaters lag. Die Gläser blind von Fettfingerspuren. Bestimmt vom empörten Absetzen der Brille beim Lesen des Münchner Merkur , bevor er ins Krankenhaus kam, dachte Schmidt.
    Der Anblick machte ihn beklommen: »Sollen wir noch einen Kaffee trinken irgendwo?«, fragte er den Bruder.
    »Gute Idee. Aber ich habe einen Termin. Ein andermal, Uli. Warum machst du das nicht mit Mama?«
    »Schon gut. Sie ist länger bei einer Freundin. Wir hören sicher sehr bald

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