Der Marathon-Killer: Thriller
Dafür wird jemand bezahlen.«
Er schaute zu, wie Munroe fast zum Bordstein gezerrt wurde, wo er widerwillig stoppte. Dann band sich Marchant
das GPS um. Pradeep lief nun vor ihm und blickte sich ängstlich über die Schulter um.
»Jetzt hängen wir zusammen in der Sache drin«, sagte Marchant, schloss zu Pradeep auf und zeigte ihm sein Handgelenk.
3
Paul Myers knackte gerade verschlüsselte E-Mails und aß das vierte Snickers an diesem Tag, als Leila anrief. Er konnte sie gut leiden und kannte sie, seit sie an seinem Kurs über Dschihad -Chatrooms teilgenommen hatte. Sie hatte nach seinem Einführungsvortrag die erste Frage gestellt und damit das Eis gebrochen. Alle Rekruten des MI6 wurden für eine Woche zum GCHQ nach Cheltenham eingeladen, zum einen als Abwechslung von der Ausbildung im Fort, zum anderen, so dachte Myers jedenfalls, um ihnen zu zeigen, wo die wirkliche Arbeit geleistet wurde.
Paul mochte auch Leilas Freund, obwohl am Anfang nur zögerlich. Äußerlich wirkte Daniel Marchant wie der Prototyp des MI6-Widerlings: Eliteuniversität, weit gereist, redegewandt, gut aussehend und sportlich - alles, was Myers nicht vorweisen konnte. Aber dann hatte er seine Akte gelesen und die finsteren Geschichten erfahren, das Saufen, die Prügeleien, den Verlust des Zwillingsbruders bei einem Autounfall in Delhi, als er acht war, die Mutter, die sich davon niemals erholte und mit Depressionen starb. Danach wurde Paul langsam mit ihm warm. Jeder versuchte schließlich, irgendwie durchs Leben zu kommen, dachte er. Laut Leila hatte Marchant den Verlust des Bruders nie verwunden, und er hätte sich
vermutlich zu Tode gesoffen, wenn er dem Journalismus nicht den Rücken zugekehrt und in den MI6 eingetreten wäre. Er muss sich dort wie zu Hause gefühlt haben, denn schließlich war sein alter Herr der Chef des Ladens.
Vielleicht wären sie schon früher Freunde geworden, wenn Paul sich nicht eingeredet hätte, Leila würde trotz ihrer Beziehung mit Marchant für ihn schwärmen. Er wusste, es grenzte an Schwachsinn zu glauben, dass sich eine attraktive Agentin wie sie in einen kurzsichtigen, übergewichtigen Schreibtischanalysten verlieben würde, und bald siegte auch der gesunde Menschenverstand. Doch seine Gefühle für sie blieben bestehen. Jetzt war sie am Telefon und stellte ihm atemlos eine der interessantesten Fragen, die ihm seit Monaten untergekommen waren: Ob er das amerikanische GPS-Netz für ein paar Minuten manipulieren könne?
Angesichts der Geschichte des Navigationssystems und vor allem der Politik der »selektiven Verfügbarkeit«, mit der das US-Militär in den Neunzigerjahren die Genauigkeit des Signals für alle anderen Nutzer herabgesetzt hatte, war Myers von der Herausforderung begeistert. Zeit für Galileo, dachte er, das europäische System von Navigationssatelliten. Je eher sich die Briten aus der Abhängigkeit von GPS befreiten, desto besser.
»Meinst du, das bekommst du hin?«, fragte Leila, die wusste, wie er sich auf diese Herausforderung stürzen würde. Myers hatte gerade an einer Übung in Südwestengland teilgenommen, bei der das gesamte System gestört worden war, um den simulierten Angriff einer iranischen Rakete, die über GPS nach Großbritannien gelenkt wurde, abzuwehren. Dabei hatten auch die Navigationsgeräte in
Autos komplett verrückt gespielt, und am nächsten Tag waren die Zeitungen voller Geschichten über Lastwagen, die auf schmalen Landstraßen stecken geblieben waren.
»Technisch ist es möglich«, sagte Myers und verspürte bereits Vorfreude. »Jeder der dreißig GPS-Satelliten hat seine eigene Atomuhr, tatsächlich sind es sogar vier Uhren. Die 2nd Space Operations Squadron in Colorado Springs schickt jeden Tag ein Navigationsupdate rauf, um sicherzustellen, dass alle die gleiche Zeit haben -«
»Paul, wir haben nicht viel Zeit.«
»Sicher. Also, wir wenden uns an 2 SOPS, finden heraus, welche vier Satelliten der Kerl empfängt, und wir schauen mal, ob wir deren Uhren nicht beschleunigen können.«
»Nutzt das etwas?«
»Der Empfänger wird glauben, er bewege sich viel schneller über die Erde, als er es eigentlich tut. Den Amerikanern wird es nicht schmecken, aber ich schätze mal, wenn wir ihnen erzählen, ihr Botschafter sei das Zielobjekt … Wie viel Zeit brauchst du?«
»Das Bombeneinsatzkommando will zehn Minuten.«
»Maximum zwei.«
»Zwei?«
»Wenn die Uhren zu lange ausfallen, kommt es im Ärmelkanal unter Garantie zu schweren Schiffsunfällen.
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