Der Marathon-Killer: Thriller
Sitzung nicht zur Sprache bringen wollten. Wir haben uns immer gewundert, warum Leila uns oder den Amerikanern nichts gesagt hat, nachdem die Iraner angefangen haben, sie zu erpressen. Das hätte uns eine Menge Schwierigkeiten erspart, ihrer Mutter allerdings nicht, wie es scheint. Vor ihrem Haus in Teheran stand rund um die Uhr ein Posten mit dem Befehl, sie zu töten, sobald Leila irgendwem verrät, für wen sie tatsächlich arbeitet.«
»Sie hatte also keine andere Wahl, meinen Sie.«
»Ihre Mutter hat ihr sehr viel bedeutet, wie Sie ja wissen.«
»Wann sind die Iraner an sie herangetreten?«
»Noch bevor sie im Fort angekommen ist, fürchte ich. Darüber wollte ich mit Ihnen sprechen. Harriet hat dem Iraner eine Menge Fragen gestellt, und zwar Ihretwegen. Sie muss Sie in Delhi ins Herz geschlossen haben.«
»Wie eine Mutter.« Marchant verzog die Lippen zu einem sarkastischen Lächeln.
»Ursprünglich, als sie in der Sektion Golfregion in London gearbeitet hat, verlangte der VEVAK nur allgemeine Informationen. Erst in den letzten Monaten haben die Iraner sie auf Sie persönlich angesetzt, nachdem sie begriffen hatten, wie nahe sie beide sich standen.«
»Sehr tröstlich. Nur haben diese ›allgemeinen Informationen‹ die Karriere meines Vaters beendet. Das ist schwer zu verzeihen.«
»Sie konnte den Marathonanschlag nicht durchziehen, das wissen Sie. Das war ihre einzige Schwäche als Verräterin und ihre Stärke, aus anderer Perspektive betrachtet. Wir glauben, sie sollte Sie töten oder zumindest als Schuldigen präsentieren. Als sie die Forderungen erhöhten, verlangte sie, alle Übergriffe gegen Bahai zu stoppen, nicht nur gegen ihre Mutter. Das war mutig.«
»Und sie haben zugestimmt?«
»Bis sie an ihrem Einsatz in Delhi zu zweifeln begannen. Die Amerikaner haben ein Erklärungsformular in ihrem Zimmer gefunden. Sie ist zum Bahai-Glauben übergetreten, an dem Tag, an dem sie gestorben ist. Die indische Presse hat das aufgegriffen. Über die Misere der Bahai im Iran wird jetzt überall in der Welt groß berichtet. ›Mutige Bahai-Anhängerin rettet US-Präsidenten vor hinterhältigem, vom Iran unterstützten Heckenschützen!‹«
Aber Marchant hörte gar nicht mehr zu. Sein Diensttelefon,
ein neues TETRA-Gerät, brummte in seiner Tasche. Bislang hatte noch niemand seine Nummer. Vermutlich handelte es sich um einen Routinetest, aber dem war nicht so.
»Alles in Ordnung?«, fragte Fielding, während Marchant die SMS las.
»Bestens«, sagte Marchant. »Ist schön, wieder in London zu sein.« Sie waren jetzt nahe an den Houses of Parliament und erreichten das Ufer. »Da kann man sich wieder mit alten Freunden treffen.«
»Der Kapitän lässt mich hier aussteigen«, sagte Fielding. »Ich treffe mich im Travellers mit dem neuen Leiter von Clandestine Europa.«
»Und der wäre?«
»James Spiro, Gott steh uns bei. Leider hat Carter, sein Vorgänger, gekündigt. Hat sich eine Stelle im privaten Sektor gesucht. Warum bleiben Sie nicht noch an Bord und genießen die Fahrt. Heute wird im Büro niemand mehr mit Ihnen rechnen.«
»Das werde ich tun. Danke.«
Fielding stand auf, drückte die Hände ins Kreuz und stützte sich an der Reling ab, als der Duck an den Ponton stieß. »Schön, Sie wieder bei uns zu haben, Daniel. Sie hätten niemals suspendiert werden dürfen.«
»Und ist Armstrong auch zufrieden?«
»Harriet? Die schnurrt wie ein Kätzchen, seit sie begriffen hat, dass wir bei Leila richtig lagen. MI5 und MI6 sind Verbündete geworden. Fast jedenfalls.« Er hielt kurz inne. »Was glauben Sie, wann wird Dhar versuchen, Sie zu kontaktieren? In sechs Monaten? Einem Jahr? Sie wissen ja, es eilt nicht.«
Marchant blickte noch einmal auf sein Handy und schob es zurück in die Jackentasche. Die beiden Männer sahen sich einen Moment lang an, und ein unausgesprochenes Wissen wechselte von einem zum anderen. Dann war Fielding gegangen und tauchte im Strom der Touristen unter, während Marchant hinaus zur Mitte des Flusses fuhr. Der gelbe Bug kämpfte gegen die heranströmende Flut an.
Danksagung
Nicht jedem kann ich öffentlich danken, aber MF, DM und HA werden schon wissen, dass sie gemeint sind. Das Gleiche gilt für DB in Amerika und AM im Iran. In Indien durfte ich mich auf die gewohnt guten Ratschläge von C. Sujit Chandrakumar verlassen, der gemeinsam mit Kinjal Dagli auch mein eingerostetes Hindi wieder in Gang gebracht hat. Mammen und Philip Matthew haben mich vor fast fünfzehn Jahren
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