Der Maya-Kalender - die Wahrheit über das größte Rätsel einer Hochkultur
mit der anderer früher Kulturen teiltund ihre exotischen Elemente sich sinnfällig erklären lassen, ohne dass Aliens herangezogen werden müssen, wollen wir der Karriere des Kalenders jenseits beweisbarer Fakten kurz nachgehen.
Als Jahrhundert der Extreme gab sich das 20. Jahrhundert in Sachen Maya nicht einmal mit Le Plongeons Fantasie der Maya-Kultur als Ursprung alles Menschlichen auf Erden zufrieden. Stattdessen wurde das Weltall bemüht, um die vermeintliche Einzigartigkeit der Maya zu erklären – und nach Kräften auszuschlachten. Herausragendes Beispiel ist der berühmte und überaus selbstgewisse Schweizer Gastronom Erich von Däniken, dessen 1968er Buch Erinnerungen an die Zukunft international Furore machte. Darin dienen Elemente der Maya-Kultur wie die anderer früher Zivilisationen als Staffage einer etwas älteren Theorie, derzufolge das menschliche Leben nicht auf der Erde entstanden, sondern aus dem Weltall gekommen sei. Die dazugehörige Pseudowissenschaft bezeichnet sich selbst als Prä-Astronautik und behauptet, die Schöpfung auf Erden hätten außerirdische Götter zuwege gebracht, die mit Raumschiffen auf die Erde gelangt seien. Als eines der, gelinde gesagt, zweifelhaften Argumente für diese Theorie werden staunenswerte Bauwerke der Menschheitsgeschichte bemüht, darunter Stonehenge, die ägyptischen Pyramiden oder die Statuen der Osterinsel. Weitere fragwürdige Bausteine solcher Hypothesen sind Fehlinterpretationen – sei es absichtsvoll, sei es aus mangelnder Kenntnis – von Symbolen sowie generell Skulpturen, Malereien und anderen Bildquellen, die die Theorien scheinbar stützen. Nach einer dieser Deutungen ist auf der Grabplatte des Königs Pakal von Palenque nicht etwa die posthume Reise des Herrschers abgebildet, der erst durch Xibalba reist und dann zum Himmel auffährt. Auch wenn diese Deutung der Ikonografie und den kosmologischen Vorstellungen der Maya en détail entspricht und Pakal als einer der besterforschten Maya-Herrscher geltenkann: Die Prä-Astronautik erkennt hier einen tollkühnen kosmischen Rennfahrer in einer fliegenden Kiste. Allerdings lässt sich diese Lesart nur dann überhaupt nachvollziehen, wenn man den Sarkophagdeckel nicht im Längs-, sondern im Querformat betrachtet – wodurch aber die Hieroglyphen in ihrer Stellung völlig durcheinandergeraten. Ganz abgesehen davon, dass es grundsätzlich keinerlei ernsthafte Beweise für die Astronautentheorie gibt.
Inmitten dieser einfältig zusammengerührten Ideen taucht immer wieder die Zeitrechnung der Maya auf. Bei einem »einfachen Bauernvolk« müsse es doch einen Grund dafür geben, einen derart ambitionierten Kalender auszutüfteln, riesige Zeitabschnitte zu berechnen und den Sternenhimmel akribisch zu beobachten. Das Schöpfungsdatum der Maya erklärt sich in dieser wenig substanzreichen Theorie mit der Ankunft der Götter aus dem Weltraum – die Menschen wurden also 3114 v. Chr. nicht aus Mais, sondern sozusagen aus Sternenstaub erschaffen.
Zu solchen verstiegenen Theorien tritt häufig eine willkürliche Zahlenmystik, die jeden noch so gewieften Maya-Arithmetiker ob ihrer Dreistigkeit hätte erblassen lassen. Wie bei Verschwörungstheorien werden vage oder abstruse Hinweise zu Indizien erklärt und willkürlich miteinander in Zusammenhang gebracht, sodass eine vermeintlich hieb- und stichfeste Beweiskette entsteht, bei der man nonchalant übergeht, dass sie keinen einzigen echten Beleg enthält, sondern hübsch angerichtet im luftleeren Raum schwebt wie der Heiligenschein über der Gottesmutter. Solche spektakulären Theorien finden immer wieder ein Publikum, das die Fiktionen für bare Münze nimmt. Folglich werden die alten Maya-Gassenhauer immer wieder neu aufgelegt oder leicht variiert aufgewärmt.
All diese Theorien können trotz fehlender Grundlage ein großer Spaß sein, zumal wenn man die Fragwürdigkeit der einzelnen Bausteine im Kartenhaus solcher Konstruktionen kennt – ganzähnlich wie die Lektüre des Romans Da Vinci Code / Sakrileg gerade dann höchst vergnüglich sein kann, wenn man nachzuvollziehen vermag, wie und wo Dan Brown seinen Eintopf zwar willkürlich, aber durchaus gekonnt zusammengerührt hat. Die Ideen Dänikens und anderer Fantasten haben denn auch zahlreiche Schriftsteller inspiriert, und einige der so entstandenen Romane nehmen das Jahr 2012 zum Anlass für handfeste Katastrophenszenarien. Dazu gehört Steve Altens Schatten der Verdammnis , wo der Sohn eines
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