Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
Vom Netzwerk:
niedergeschlagen dreinblickender Gefangener in Ketten an Bord eines Schiffes verfrachtet.
    Álvaro grinste einen der bewaffneten Bewacher an. »Ihr habt aber viele Gefangene«, sagte er.
    Der Mann spuckte aus. »Konvertiten.«
    Jona beobachtete die Gefangenen, während er weiterarbeitete. Sie wirkten benommen. Einige hatten bereits schwärende Wunden, die jede ihrer Bewegungen schmerzhaft machten, so daß sie ihre Fußketten hinter sich herschleiften, als wären sie alte Männer, denen jeder Schritt weh tat.
    Der Großteil der Schiffsfracht bestand aus Seilen und Tauwerk, Messern und Dolchen sowie Öl, das nach einer durch Dürre bedingten schwachen Olivenernte knapp war. In den acht Tagen, die sie bis zur langen, breiten Mündung des Guadalquivir brauchten, war der Kapitän bestrebt gewesen, noch mehr Öl zu kaufen, denn die Händler in Tanger warteten sehnlichst darauf. Doch in Jerez de la Frontera, wo er sich eine große Ladung des erstklassigen Olivenöls der Gegend erhofft hatte, erwartete ihn nur ein kleinlauter Vertreter des Händlers.
    »Kein Öl? Verdammt!«
    »In drei Tagen. Es tut mir sehr leid. Aber bitte wartet. In drei Tagen kriegt Ihr alles, was Ihr kaufen wollt.«
    »Verdammt!«
    Während sie warteten, ließ Mahmouda die Mannschaft kleinere Arbeiten an Bord erledigen. Schlecht gelaunt, wie er war, schlug er Álvaro, weil der sich für seinen Geschmack nicht schnell genug bewegte.
    Die Gefangenen, die Jona in Cordoba gesehen hatte, hatte man offenbar nach Jerez de la Frontera gebracht – wie so viele ehemalige Juden und ehemalige Moslems, die man in einem halben Dutzend Städten am Fluß verhaftet hatte, weil sie sich angeblich von Christus wieder losgesagt hatten. Ein großer Trupp Soldaten war in der Stadt. Die rote Flagge, die eine bevorstehende Hinrichtung ankündigte, wehte, und die Menschen strömten nach Jerez de la Frontera, um einem großen Autodafe beizuwohnen.
    Am zweiten Tag der Wartezeit riß dem ewig schlechtgelaunten Mahmouda der Geduldsfaden, als Yephet, der eben die Fracht umschichtete, um für das erwartete Öl Platz zu schaffen, ein Faß umstieß. Es floß nichts aus, und das Faß war schnell wieder aufgerichtet, aber Mahmoudas Zorn war durch nichts zu bändigen.
    »Hundsfott!« schrie er. »Dreckskerl! Abschaum der Erde!« Er schlug Yephet mit den Fäusten zu Boden, nahm dann ein Stück Tau in die Hand und prügelte auf ihn ein.
    Jona spürte eine rasende Wut in sich aufsteigen. Er sprang vor, aber Álvaro packte ihn und hielt ihn fest, bis das Prügeln vorüber war.
    An diesem Abend verließ der Kapitän das Schiff, um sich im Hafen ein Bordell zu suchen, das ihm Wein und Weiber bot.
    Die Mannschaft rieb Yephets zerschundenen Körper mit ein wenig von ihrem kostbaren Öl ein.
    »Ich glaube nicht, daß du von Mahmouda etwas zu befürchten hast«, sagte Álvaro zu Jona. »Er weiß, daß du unter dem Schutz der Roma stehst.«
    Jona dagegen war davon überzeugt, daß Mahmouda in seiner blinden Wut für Vernunft nicht zugänglich war, und sich selber traute er nicht zu, einer weiteren Prügelei untätig zuzusehen. Bald nach Einbruch der Nacht packte er seine Habseligkeiten zusammen, kletterte geräuschlos an Land und ging in die Dunkelheit davon.
    Fünf Tage wanderte er ohne Eile durch andalusisches Land, denn er hatte kein Ziel. Die Straße folgte der Küste, und er genoß den Anblick des Meeres. Manchmal führte der Weg ein Stück ins Landesinnere, aber schon nach einer kurzen Strecke konnte Jona wieder blaues Wasser sehen. In mehreren kleinen Dörfern sah er Fischerboote. Einige waren von Sonne und Salz silbriger gebleicht als andere, aber alle waren sie gut in Schuß gehalten von Männern, die ihren Lebensunterhalt mit ihnen verdienten. Überall sah Jona Männer, die ihren einfachen Tätigkeiten nachgingen, die Netze flickten oder einen Bootsrumpf kalfaterten und pichten, und manchmal versuchte er, mit ihnen zu reden, doch sie hatten wenig zu sagen, wenn er sie nach Arbeit fragte. Vermutlich waren die Mannschaften der Fischerboote miteinander verwandt oder durch jahrelange Familienfreundschaften verbunden, und das war der Grund, warum es für Fremde keine Arbeit gab.
    In der Stadt Cádiz wendete sich sein Glück. Er war gerade im Hafen, als einem der Männer, die eben ein Schiff entluden, ein Mißgeschick passierte. Er machte einen Fehltritt, da er wegen der Größe des Stoffballens, den er trug, nichts sehen konnte, stolperte und fiel von der Laufplanke. Der Stoffballen landete im

Weitere Kostenlose Bücher