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Der Medicus von Saragossa

Titel: Der Medicus von Saragossa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Noah Gordon
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ihren Retter betrachten und ihm mit mehr Wohlwollen begegnen würde.
    Doch als er das kleine Haus im Albaicin erreichte, war es leer. Leer waren auch das Nachbarhaus, in dem die Familie Benzaquen gewohnt hatte, und die Häuser der anderen Neuen Christen. Die Konvertitenfamilien hatten offenbar ebenfalls von dem bevorstehenden Besuch von Ferdinand und Isabella erfahren und begriffen, welche Gefahr ihnen drohte. Alle waren geflohen.
    Allein vor den verlassenen Häusern, kauerte Jona sich in den Schatten einer Platane und zeichnete vier Punkte in den Staub. Der eine stellte die Alten Christen Spaniens dar, der zweite die Mauren, der dritte die Neuen Christen.
    Und der vierte Punkt stellte Jona ben Helkias Toledano dar.
    Er wußte, daß er kein Jude mehr war, wie sein Vater einer gewesen war und alle Generationen seiner Familie zuvor. In seinem Herzen sehnte er sich danach, ein solcher Mensch zu sein, aber er war bereits ein anderer geworden.
    Seine wahre Religion bestand nun darin, ein Jude zu sein, der überlebte. Er hatte sich einem Leben verschrieben, in dem er, allein und von allen anderen verschieden, mit sich selbst eine Gruppe bildete.
    Wenige Schritte von dem Haus entfernt fand er den kleinen roten Stein, mit dem Adriana gespielt hatte. Er hob ihn auf und steckte ihn in seine Börse als ein Erinnerungsstück an die Tante der Kleinen, der von nun an all seine Träume gelten sollten.
    Mingo kehrte eilends aus der Alhambra zu den Höhlen zurück, um zu berichten, was er Neues erfahren hatte.
    »Ab sofort wird gegen die Neuen Christen vorgegangen. Du mußt noch heute von hier weg, Jona.«
    »Was ist mit den Roma?« fragte ihn Jona. »Sind sie vor Schaden sicher?«
    »Meine Leute sind Pferdepfleger und Gärtner. Wir haben unter uns niemanden, der so ehrgeizig ist wie die maurischen Architekten und Baumeister oder die jüdischen Geldverleiher und Ärzte. Die gadje haben keinen Grund, auf uns neidisch zu sein. Die meisten von ihnen sehen uns kaum. Wenn die Inquisition sich mit uns befaßt, sieht sie nur peónes, die gute Christen sind.«
    Mingo machte noch einen anderen Vorschlag, der Jona Kummer bereitete. »Du solltest deinen Esel hierlassen. Das Tier hat nicht mehr lange zu leben, und wenn du ihn unterwegs scharf reitest, würde er bald krank werden und sterben.«
    Im Herzen wußte Jona, daß er recht hatte.
    »Ich schenke dir den Esel«, sagte er schließlich, und Mingo nickte.
    Mit einem Apfel ging Jona hinunter auf die Weide, gab ihn Mose und kraulte den Esel zärtlich zwischen den Ohren. Der Abschied fiel ihm schwer.
    Und noch einen letzten Dienst erwies ihm der kleine Mann. Er sorgte dafür, daß Jona mit zwei Männern der Roma reiten konnte – den Manigo-Brüdern, Ramón und Macot -, die Pferde an Händler in Baena, Jaen und Andújar ausliefern sollten. »Macot Manigo will ein Paket nach Tanger schicken, und zwar mit einem Schiff, das in Andújar auf ihn wartet. Es gehört maurischen Schmugglern, mit denen wir seit Jahren Handel treiben. Er wird versuchen, dir einen Platz auf dem Schiff zu verschaffen, das dich den Guadalquivir hinunterbringen wird.«
    Für den Abschied blieb nur wenig Zeit. Mana wickelte ihm Brot und Käse in ein Tuch. Von Mingo erhielt er zwei hübsche Abschiedsgeschenke, einen Dolch aus ziseliertem maurischem Stahl, der nicht stumpf wurde, und die Gitarre, die Jona gespielt und bewundert hatte.
    »Mingo«, sagte er, »du mußt aufpassen, daß du die katholischen Monarchen nicht zu sehr reizt.«
    »Und du mußt dir keine Sorgen um mich machen. Ich wünsche dir ein gutes Leben, mein Freund.« Jona fiel auf die Knie und umarmte Mingo, den Häuptling der Roma, ein letztes Mal.
    Die Pferdehändler waren gutmütige Männer mit dunkler Haut und einer solchen Geschicklichkeit im Umgang mit Tieren, daß sie sich nichts dabei dachten, eine Herde mit zwanzig Pferden zu treiben. Er hatte sich mit ihnen bereits in seiner Zeit auf dem Sacromonte angefreundet, und jetzt erwiesen sie sich als angenehme Reisegefährten. Macot war ein guter Koch, und sie hatten genügend Wein dabei. Ramón besaß eine Laute, und jeden Abend spielten er und Jona, um sich und Macot die Sattelmüdigkeit mit Musik zu vertreiben.
    In den langen Stunden des Reitens dachte Jona viel über jene zwei Männer nach, die die Natur beide so merkwürdig geformt hatte und die dabei doch so verschieden waren wie Tag und Nacht – Mingo und Bonestruca. Und immer wieder erfüllte es ihn mit Verwunderung, daß der große bucklige Mönch so

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