Der Meister des Siebten Siegels: Roman (German Edition)
geschossen. Als der spanische Kommandant Moneada eine Kugel genau zwischen die Augen bekam, brach der Widerstand zusammen. Die Dons sprangen über Bord. Etliche kamen mit nasser Haut davon, die anderen ersoffen. Und was passierte dann? Auf einmal waren die Froschfresser da! Unseren Kampf hatten sie aus sicherer Entfernung angeschaut, jetzt reklamierten sie die S AN L ORENZO für sich. Weil sie in französischen Gewässern gestrandet sei! Und richteten gleich auch noch ihre Kanonen der Festung von Calais auf uns. Der Teufel soll sie holen! Wenn wir mehr Zeit und Kugeln gehabt hätten, dann hätten wir ihnen schon gezeigt, wem die S AN L ORENZO gehört! So aber mußte der Lordadmiral ohne Beute abdrehen.«
Sonst aber ist es schwer, Dichtung und Wahrheit auseinanderzuhalten. Vor allem ein paar Verwundete von der R EVENGE finden kein Ende, immer phantastischere Heldentaten über Francis Drake zu berichten:
»Mit einer einzigen Breitseite haben wir das spanische Flaggschiff S AN M ARTÍN samt dem Herzog von Medina Sidonia auf den Grund des Meeres geschickt …!!«
Ein anderer fabuliert:
»In der Hitze des Gefechts wurde die R EVENGE von über 400 Kugeln durchbohrt.«
Der Nächste:
»Zwei Geschosse durchschlugen sogar die Kajüte des Kapitäns, und die Wucht der Kugeln riß das Bett völlig unter einem gewissen Gentleman weg, der erschöpft darauf gelegen hatte.«
Ein Weib sogar behauptete:
»Die mit 34 Kanonen und 400 Mann ausgerüstete Galeone S AN M ATEO wurde von einem einzigen Engländer erobert!«
Tatsächlich war ein englischer Matrose von der M ARYGOLD aus dem Geschwader Lord Seymours, auf die S AN M ATEO hinübergesprungen und von den Spaniern sofort in Stücke gehackt worden. Tatsache ist auch, daß in der Nacht zum 30. Juli die M ARIA J UAN vom Biscaya-Geschwader gesunken war und fast 300 Mann mit in die Tiefe gerissen hatte.
Aber auch Schreckensmeldungen machen die Runde, werden mit gierigem Gruseln bereitwillig aufgesogen: Es habe eine zweite große Schlacht gegeben, die englische Flotte sei vernichtet, die A RK R OYAL und R EVENGE seien gesunken, Howard, Drake und Hawkins gefallen. Eine Variation dieser Meldung will wissen, Drake sei nicht tot, aber er habe ein Bein verloren und sei in Gefangenschaft geraten. Ein drittes Gerücht behauptet, der Lordadmiral und Drake seien beide gefangengenommen und am gleichen Tag noch an der Rahnock der S AN M ARTÍN aufgehängt worden. Ebenso wenig überzeugend klingt für mich der Bericht, die Spanier seien in der Humber-Mündung oder im schottischen Firth of Forth an Land gegangen, Schottland hätte sich mit den Dons verbündet und würde nun gemeinsam mit ihnen über uns herfallen.
Sehr viel zuverlässiger erscheinen mir da die Nachrichten, die direkt von der Flotte kommen. Von Sir John Hawkins etwa:
»Die Spanier setzen Kurs auf Schottland, und der Lordadmiral folgt ihnen. Mit Gottes Hilfe werden wir ihre Landung verhindern, daran zweifle ich nicht.«
Oder von Sir Francis Drake:
»Nichts hat mir je besser gefallen als der Anblick des Feindes, der nach Norden fährt. Mit dem Herzog von Medina Sidonia werden wir bald fertig sein, zumal er sich doch selber zu wünschen scheint, wieder unter seinen Orangenbäumen zu sein.«
Oder vom Lieutenant der M ARGARET AND J OHN , John Watts:
»Die Schlacht, Tod und weitere Schläge haben ihre Macht sehr geschwächt, und diejenigen unter ihnen, die überlebt haben, sind so hilflos und ohnmächtig, daß sie wohl zufrieden sein können, wenn sie überhaupt wieder nach Hause kommen.«
Sonntag,
der 4. August
Ein Jubeltag! Die Armada ist an England vorbei, hat die schottische Grenze passiert!
Die brave D ISDAIN brachte heute morgen die Nachricht. Die weitere Meldung lautete, daß unsere Flotte die Verfolgung aufgebe. Von einer letzten Schlacht nehme der Lordadmiral Abstand, da er nicht einmal mehr Pulver und Kugeln für eine halbe Schlacht habe. Zudem ziehe ein schwerer Sturm auf. Man werde den Firth of Forth anlaufen, Proviant übernehmen und heimkehren. Edward Fenner wird mit den Sätzen zitiert:
»Ich glaube wahrhaftig, daß sie, wenn der Wind es zuläßt, um Schottland und Irland herumfahren, um nach Hause zu kommen. Bedenkt man die Jahreszeit, die lange Strecke, die sie noch vor sich haben, ihre mannigfachen Gebrechen sowie den Zeitverlust, den das Aufnehmen von Wasser zwangsläufig mit sich bringt, dann wird es wohl Winter werden, und das sehr zu ihrem Schaden.«
Die Nachricht löst hier in Tilbury einen wahren
Weitere Kostenlose Bücher