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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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normal, nur die Backe hat er sich zerkratzt...
    "Sie befinden sich", sagte der Arzt ruhig und setzte sich auf einen weißen Hocker mit glänzendem Fuß, "nicht in der Klapsmühle, sondern in einer Klinik, und kein Mensch wird Sie festhalten, wenn es nicht notwendig ist."
    Iwan guckte mißtrauisch, aber dann knurrte er: "Gott sei Dank! Da hat sich endlich ein Normaler gefunden unter all den Idioten, von denen das unbegabte Faultier Saschka der größte ist!" "Wer ist denn dieser unbegabte Saschka?" erkundigte sich der Arzt.
    "Der da", antwortete Iwan und stieß den schmutzigen Finger in Rjuchins Richtung.
    Der lief vor Verdruß rot an. Das ist nun der Dank dafür, dachte er bitter, daß ich Anteil an ihm genommen habe! Er ist doch wirklich ein Schuft!
    "Psychologisch gesehen, ist er ein typischer kleiner Kulak", sagte Iwan, den es sichtlich drängte, Rjuchin zu entlarven, "aber er tarnt sich sorgfaltig als Prolet. Sehn Sie sich doch die muffige Visage an und stellen Sie die tönenden Verse dagegen, die er zum Ersten Mai verbrochen hat. Hähähä ...,Steigt empor', entfaltet euch!' Kucken Sie ihm nur mal nach innen, was er da so denkt, dann fallen Sie um!" Und Iwan stieß ein bösartiges Gelächter aus.
    Rjuchin atmete schwer, lief puterrot an und dachte nur, daß er eine Schlange am Busen genährt und Teilnahme gezeigt hatte für einen Menschen, der sich bei genauerem Hinsehen als gehässiger Feind erwies. Das Schlimmste war, er konnte nichts machen, er konnte doch nicht über einen Geisteskranken herziehen!
    "Warum hat man Sie denn eigentlich zu uns gebracht?" fragte der Arzt, der Iwans Auslassungen aufmerksam angehört hatte. "Ach, hol sie der Teufel, diese Holzköpfe! Sie haben mich gepackt, mit irgendwelchen Lappen gefesselt und im Lastwagen hierher verschleppt!"
    "Gestatten Sie zu fragen, warum Sie das Restaurant in Unterwäsche betreten haben?" "Da ist gar nichts weiter bei", antwortete Iwan, "ich habe in der Moskwa gebadet, und da haben sie mir meine Sachen geklaut und diese Lumpen hier zurückgelassen! Sollte ich vielleicht nak-kend durch Moskau laufen? Darum habe ich angezogen, was da war, ich mußte doch schleunigst ins Gribojedow." Der Arzt sah Rjuchin fragend an, und der brummte mürrisch: "So heißt das Restaurant."
    "Aha", sagte der Arzt, "und warum hatten Sie es so eilig? Eine geschäftliche Besprechung?"
    "Dem Konsultanten bin ich hinterher", antwortete Iwan und sah sich unruhig um.
    "Was für einem Konsultanten?"
    "Kennen Sie.Berlioz?" fragte Iwan bedeutungsvoll.
    "Den Komponisten?"
    Iwan wurde ärgerlich.
    "Welchen Komponisten? Ach so ... Nein, den nicht. Der Komponist ist ein Namensvetter von Mischa Berlioz." Rjuchin hatte nichts mehr sagen wollen, doch jetzt mußte er erklären:
    "Der Sekretär der Massolit , Berlioz, ist heute abend an den Patriarchenteichen unter die Straßenbahn gekommen." "Lüg nicht, du hast ja keine Ahnung!" schnauzte Iwan. "Ich war dabei, nicht du! Er hat ihn mit Absicht unter die Straßenbahn gebracht."
    "Hat er ihn gestoßen?"
    "Wieso denn gestoßen?" rief Iwan, ungehalten über die allgemeine Begriffsstutzigkeit. "So was hat der gar nicht nötig! Der bringt Sachen fertig, daß du die Ohren anlegst! Er hat vorher gewußt, daß Berlioz unter die Straßenbahn geraten würde!" "Hat noch jemand außer Ihnen diesen Konsultanten gesehen?" "Das ist es ja gerade, nur ich und Berlioz." "Aha. Was für Maßnahmen haben Sie ergriffen, um den Mörder zu fangen?" Der Arzt drehte sich um und warf einer Frau in weißem Kittel, die abseits am Schreibtisch saß, einen Blick zu. Sie holte ein Blatt Papier hervor und begann die leeren Kästchen auszufüllen.
    "Folgende Maßnahmen: Aus der Küche hab ich mir eine Kerze geholt. . ."
    78 "Diese hier?" fragte der Arzt und zeigte auf die zerbrochene Kerze, die mit der Ikone vor der Frau auf dem Schreibtisch lag. ,Ja, die, und außerdem ..." "Und wozu die Ikone?"
    "Ach ja, die Ikone ..." Iwan errötete. "Die hat denen doch den größten Schreck eingejagt." Wieder stieß er den Finger in Rju-chins Richtung. "Aber die Sache ist die, daß er, der Konsultant, er . .. Sprechen wir doch offen ... Er steht mit dem Bösen im Bunde, und da ist er nicht so leicht zu fangen." Die Sanitäter brachten die Hände etwas nach vorn und ließen kein Auge von Iwan.
    ,Ja doch", fuhr Iwan fort, "er steht mit ihm im Bunde! Das ist Tatsache. Er hat persönlich mit Pontius Pilatus gesprochen. Da brauchen Sie gar nicht so zu kucken, ich sag's, wie's ist! Alles hat er

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