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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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gesehen, den Balkon und die Palmen. Kurz und gut, er war bei Pontius Pilatus, dafür bürge ich." "Sieh einer an ..."
    "Also, ich hab mir die Ikone ans Hemd gesteckt und bin losgerannt ..."
    Da schlug plötzlich die Uhr zweimal.
    "Ach herrje!" rief Iwan und erhob sich vom Sofa. "Schon zwei, und ich vertrödle hier mit Ihnen die Zeit! Entschuldigung, wo ist das Telefon?"
    "Lassen Sie ihn", befahl der Arzt den Sanitätern. Iwan ergriff den Hörer, indes die Frau sich leise bei Rjuchin erkundigte:
    "Ist er verheiratet?"
    "Nein, Junggeselle", antwortete Rjuchin erschrocken. "Gewerkschaftsmitglied ?"
    Ja."
    "Ist dort die Miliz?" schrie Iwan in den Hörer. "Miliz, ja? Genosse Diensthabender, sorgen Sie dafür, daß sofort fünf Motorräder mit Maschinengewehren losfahren, um den ausländischen Konsultanten festzunehmen. Was? Kommen Sie vorbei und holen Sie mich ab, ich fahre selber mit.. . Hier spricht der Lyriker Besdomny aus dem Irrenhaus . .. Wie ist Ihre Adresse?" fragte er flüsternd den Arzt, wobei er die Hand über die Muschel hielt, dann schrie er wieder in den Hörer: "Hören Sie? Hallo! Schweinerei!" brüllte er plötzlich und warf den Hörer an die Wand. Dann wandte er sich dem Arzt zu, reichte ihm die Hand, sagte trocken ,Auf Wiedersehen!" und wollte gehen. "Gestatten Sie, wo wollen Sie denn hin?" sagte der Arzt und blickte Iwan in die Augen. "Mitten in der Nacht, in Unterzeug ... Sie fühlen sich nicht gut, bleiben Sie bei uns." "Laßt mich durch", sagte Iwan zu den Sanitätern, die sich vor der Tür aufgebaut hatten. "Laßt ihr mich durch oder nicht?" schrie er drohend.
    Rjuchin zitterte, die Frau drückte auf einen Knopf, und auf dem Tisch erschienen ein glänzendes Kästchen und eine Ampulle. "Ach, so ist das?" Iwan warf wilde und gehetzte Blicke um sich. "Na schön ... Auf Wiedersehen!"
    Und im Hechtsprung schnellte er sich gegen die Gardine. Es gab einen ziemlichen Knall, doch das Glas hinter dem Store zeigte nicht den leisesten Riß. Gleich darauf zappelte Iwan in den Händen der Sanitäter. Er knirschte, versuchte zu beißen, schrie:
    "Ach so, Panzerglas habt ihr da im Fenster! Laßt mich! Laßt mich los!"
    Die Spritze funkelte in den Händen des Arztes, die Frau riß mit einem Ruck den zerschlissenen Ärmel der Russenbluse auf und krallte sich mit ganz unweiblicher Kraft in den Arm. Äthergeruch verbreitete sich, Iwan wurde schwach in den Händen der vier Menschen, der Arzt benutzte das geschickt und stach ihm die Nadel in den Arm. Man hielt,ihn noch ein paar Sekunden fest und setzte ihn dann aufs Sofa.
    "Ihr Banditen!" schrie Iwan und sprang auf, wurde aber sogleich niedergedrückt. Kaum ließ man ihn los, da wollte er hoch, setzte sich aber von selbst wieder hin. Schweigend, mit wilden Augen blickte er sich um, dann gähnte er und lächelte grimmig. "Da bin ich also eingesperrt", sagte 'er, gähnte nochmals, streckte sich plötzlich aus, bettete den Kopf aufs Kissen, legte nach Kinderart die Faust unter die Wange und murmelte schläfrig, ohne Zorn: "Sehr schön ... Ihr werdet's büßen ... Ich hab euch gewarnt, aber ihr wollt's ja nicht anders ... Am meisten interessiert mich jetzt Pontius Pilatus .. . Pilatus . . ." Und er schloß die Augen.
    "Ein Wannenbad, Einzelzelle 117 und einen Posten vor die Tür", ordnete der Arzt an und setzte die Brille auf. Da zuckte Rjuchin wieder zusammen: Eine weiße Tür hatte sich geräuschlos geöffnet, und dahinter wurde ein von blauen Nachtlämp-chen erleuchteter Korridor sichtbar. Von dort rollte eine Pritsche auf Gummirädern herein, man legte den still gewordenen Iwan darauf und fuhr ihn in den Korridor, und hinter ihm schloß sich die Tür.
    "Doktor", fragte der erschütterte Rjuchin flüsternd, "er ist also wirklich krank?" "O ja", antwortete der Arzt. "Was hat er denn?" fragte Rjuchin schüchtern. Der müde Arzt blickte Rjuchin an und antwortete matt: "Motorische Erregung und Sprecherregung ... Wahninterpretationen . .. Offenbar ein schwieriger Fall. Ich nehme an, Schizophrenie. Alkoholismus kommt dazu ..."
    Rjuchin entnahm den Worten des Arztes nicht viel mehr, als daß es um Iwan ziemlich böse stand.
    "Was redet er denn da dauernd von einem Konsultanten?" fragte er seufzend.
    "Er hat gewiß jemand gesehen, der seine verwirrte Phantasie beeindruckt hat. Vielleicht-eine Halluzination . . ." Bald darauf fuhr der Lastwagen mit Rjuchin nach Moskau zurück. Es tagte schon, und das Licht der Chausseelampen wurde überflüssig und unangenehm. Der Fahrer,

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