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Der Meister und Margarita

Titel: Der Meister und Margarita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michail Bulgakow
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leblos auf die Schulter baumelnden Kopf, und er hörte sogar außenbords das Wasser plätschern. Die Knie knickten ihm ein. Aber da erbarmte sich der Flibustier seiner und milderte den scharfen Blick.
    "Paß auf, Nikolai, das war das letzte Mal! Solche Portiers können wir im Restaurant nicht gebrauchen. Geh als Wächter zur Kirche." Dies gesagt, ordnete der Kommandant rasch, klar und präzis an: "Pantelej vom Büfett. Einen Milizionär. Ein Protokoll. Einen Wagen. Zur Psychiatrischen." Und er fügte hinzu: "Pfeif!" Eine Viertelstunde später sah das verblüffte Publikum nicht nur im Restaurant, sondern auch auf dem Boulevard und in den Fenstern der umliegenden Häuser, wie Pantelej, der Portier, ein Milizmann, ein Kellner und der Lyriker Rjuchin aus der Tür des Gribojedow einen jungen Mann geschleppt brachten, eingewickelt wie eine Puppe. Dieser war tränenüberströmt, spuckte um sich, wobei er Rjuchin zutreffen trachtete, und schrie, daß es über den Boulevard schallte: "Du Miststück!"
    Der Fahrer des Lastwagens startete mit bösem Gesicht seinen Motor. Neben ihm wärmte einer der Kutscher seinen Gaul an, indem er ihm die fliederblauen Zügel übeY die Kruppe hieb, und schrie:
    "Hier, mit meinem Traber! Ich hatte schon Fuhren zur Psychischen!"
    Ringsum erörterte die Menge raunend das unerhörte Ereignis. Kurzum, es war ein ekelhafter, widerwärtiger, attraktiver, schweinemäßiger Skandal, der erst endete, als der Lastwagen den unglücklichen Iwan Besdomny, den Milizmann, Pantelej und Rjuchin vom Tor des Gribojedow hinwegführte.
6 Schizophrenie, wie gesagt
    Als der weißbekittelte Mann mit dem Spitzbärtchen die Aufnahme der berühmten psychiatrischen Klinik betrat, die erst vor kurzem in der Nähe von Moskau am Flußufer fertiggebaut worden war, da zeigte die Uhr halb zwei nachts. Drei Sanitäter ließen kein Auge von Iwan, der auf einem Sofa saß. Auch der höchst erregte Dichter Rjuchin war da. Die Handtücher, mit denen man Iwan gebunden hatte, lagen zuhauf neben ihm auf dem Sofa. Seine Hände und Füße waren frei.
    Als Rjuchin den Eintretenden erblickte, wurde er blaß, räusperte sich und sagte schüchtern: "Guten Abend, Doktor." Der Arzt machte Rjuchin eine Verbeugung, sah aber dabei nicht ihn an, sondern musterte Iwan. Der saß mit wütendem Gesicht und gerunzelten Brauen völlig unbeweglich und hatte sich nicht mal beim Eintritt des Arztes gerührt.
    "Das, Doktor", flüsterte Rjuchin geheimnisvoll und blickte sich furchtsam nach Iwan um, "das ist der bekannte Lyriker Iwan Besdomny .. . Ja, wir fürchten, er hat das Delirium tremens." "Trinkt er stark?" fragte der Arzt durch die Zähne.
    "Das nicht, mal zur Gesellschaft ja, aber nicht so, daß ..." "Hat er Schaben gesehen, weiße Mäuse, kleine Teufel oder rennende Hunde?"
    "Nein", antwortete Rjuchin zusammenzuckend, "ich hab ihn gestern gesehen und heute morgen, da war er kerngesund." "Aber warum ist er in Unterhosen? Hat man ihn aus dem Bett geholt?"
    In diesem Aufzug ist er ins Restaurant gekommen, Doktor. . ." "Soso", sagte der Arzt sehr zufrieden, "und wo hat er die Abschürfungen her? Hat er sich geprügelt?"
    "Die hat er sich geholt, als er über einen Zaun kletterte, aber im Restaurant hat er einen geschlagen und noch ein paar andere auch."
    "Soso", sagte der Arzt, dann wandte er sich an Iwan: "Guten Abend!"
    ,,'n Abend, Sie Schädling!" antwortete Iwan laut und barsch. Rjuchin war so peinlich berührt, daß er dem höflichen Arzt nicht in die Augen zu sehen wagte. Dieser war jedoch kein bißchen beleidigt; mit gewohnter flinker Bewegung nahm er die Brille ab, hob den Kittel hoch, verstaute sie in der Gesäßtasche und fragte Iwan: "Wie alt sind Sie?"
    "Schert euch doch alle zum Teufel!" schrie Iwan grob und wandte sich ab.
    "Warum sind Sie denn so ärgerlich? Habe ich denn etwas Unangenehmes zu Ihnen gesagt?"
    "Ich bin dreiundzwanzig", sagte Iwan erregt, "und ich werde Sie alle verklagen. Vor allem dich, du Laus!" fauchte er Rjuchin an.
    "Weswegen wollen Sie denn klagen?"
    "Weil Sie mich, einen gesunden Menschen, festgenommen und mit Gewalt in die Klapsmühle verschleppt haben!" antwortete Iwan wütend.
    Da betrachtete Rjuchin Iwan genauer, und ihm wurde kalt: In dessen Augen war nicht die geringste Spur von Wahnsinn zu erkennen. Im Gribojedow noch trüb, waren sie jetzt klar wie immer.
    Um Gottes willen! dachte Rjuchin erschrocken. Er ist ja ganz normal! So ein Quatsch! Warum haben wir ihn eigentlich hierhergeschleift? Normal ist er,

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