Der Menschenspieler
von ihm gehört.«
Zuerst war da nichts, nur die angespannte, nervöse Stille des Saales. Sie kannten ihre Geschichte mit dem Autor.
Schließlich sagte ein Junge direkt hinter Neil: »Der Schriftstellereremit. Der Verrückte.«
»Manche sagen, er war beides. Andere sagen, er war nichts davon.«
»Was meinen Sie, Dr. Shipley?«
Alex wappnete sich. Es war immer noch schwierig, über Fallows zu sprechen, eigentlich noch schwieriger, weil es keinen Abschluss gab. Die Dinge waren so plötzlich zu Ende gegangen, dass sie nie richtig begriffen hatte, wie der Alptraum von Aldiss’ Abendkurs so weit hatte gehen können, wie er gegangen war. Fallows, der berühmte Eremit, war der Grund, warum Alex jetzt in diesem Hörsaal stand.
Sie beantwortete die Frage des Studenten, indem sie zum Projektor ging und ihn anschaltete. Das Licht im Hörsaal war mit dem Gerät verbunden und wurde automatisch gedimmt.
Sie legte die erste Folie auf die Arbeitsfläche.
»Was ich Ihnen jetzt zeigen werde«, sagte sie, »haben nur wenige ausgewählte Personen je gesehen.«
Alex trat zur Seite und zeigte den Studenten, was auf die Leinwand hinter ihr projiziert wurde.
Es war eine Seite aus einem Manuskript. Die Spalten waren starr, die Schrift war klotzig und dick. Am Rand war etwas ausgestrichen worden mit manischen und unvorsichtigen Bewegungen. Unten auf der Seite befanden sich merkwürdige Zeichen, die, wenn man genau hinsah, wie die Legende einer bizarren Landkarte aussahen.
»Was ist das?«, fragte jemand.
»Das ist eine Seite aus einem unveröffentlichten Roman von Paul Fallows«, sagte Alex, und der Saal brummte aufgeregt.
»Aber woher haben Sie die?«, fragte ein anderer Student. »Fallows ist tot. Sie haben ihn gefunden und haben dann …«
»Dem Fallows-Mythos den Garaus gemacht«, beendete Neil den Satz, und als Alex den Jungen ansah, lächelte er schelmisch. Sie sind dran, Prof .
Alex schüttelte sich. Sie hätte diesem Thema aus dem Weg gehen können. Sie hatte Jahre gebraucht, um überhaupt wieder an Fallows denken zu können, und als ihr Therapeut vorschlug, diesen Kurs zu geben, da hatte sie ihm zuerst gesagt, er solle sich zum Teufel scheren. Doch über die Jahre wurde ihr klar, dass sie sich mit dem, was sie während dieses Abendkurses getan hatte, auseinandersetzen musste. Den Stier bei den Hörnern packen. Daher dieser Kurs, diese Vorlesung, diese Fragen.
»Vor vier Jahren habe ich ein Päckchen über die Campuspost erhalten«, erklärte Alex jetzt. »Der Leiter einer Einrichtung für geisteskranke Gewalttäter in Vermont hat es mir geschickt. Eine kurze Notiz lag dem Manuskript bei. Darauf stand unter anderem: Könnte es das sein? Der Leiter war zusammen mit mir in dem Abendkurs am Jasper College gewesen. Sein Name ist Lewis Prine. Lewis hatte von der Existenz eines weiteren, unveröffentlichten Romans von Fallows gehört und wollte, dass ich diese Seite lese, um zu beurteilen, ob sie Teil dieses verlorenen Manuskripts sein könnte.«
»Und, ist sie das?«
Alex seufzte, trat an den Projektor und fuhr mit der Hand über das geäderte Papier. »Ich habe das Dokument genau studiert. Fünfhundert Worte in einem einzigen, kompakten Abschnitt mit bizarren Randnotizen. Es erinnert mich irgendwie an die Essays, die ich von einigen von Ihnen bekomme.«
Lachen, und dann fragte einer: »Gibt es noch mehr?«
»Nein. Lewis Prine hat nur diese eine Seite erhalten. Wir glauben, dass Dr. Stanley Fisk den Rest des Manuskripts besitzt, mein alter Freund und einer der letzten, großen Fallows-Forscher …« Sie schwieg und dachte an das, was Lewis ihr noch in dieser Notiz geschrieben hatte: dass Fisk im Alter unaufmerksam geworden war und jemandem erlaubt hatte, eine einzelne Seite des Manuskripts zu stehlen. Das konnte nur eines bedeuten: Das Manuskript war echt. Kannst du dir vorstellen, Alex , hatte er geschrieben, wie es wäre, endlich den dritten Fallows zu entdecken? Daniel hätte es geliebt.
»Ist es authentisch?«, fragte jemand und brachte sie damit wieder in den North-Yard-Hörsaal zurück. »Gibt es Zweifel daran, dass Fallows diese Seite geschrieben hat?«
»Für mich gibt es keinen Zweifel.«
Die Studenten begannen erstaunt durcheinanderzureden. Sie wussten, was für ein bedeutender Fund das war, wie wichtig das Bild auf dem Projektor für Wissenschaftler in der ganzen Welt war, wenn Professor Shipley die Authentizität jemals beweisen könnte. Sie fragten sich, was sie aufhielt; allein der finanzielle Wert der
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