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Der Menschenspieler

Der Menschenspieler

Titel: Der Menschenspieler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Lavender
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Seite wäre gigantisch.
    Alex jedoch teilte die Aufregung ihrer Studenten nicht. Jahrelang hatte sie jedes Mal, wenn sie die Seite berührte, schiere Angst empfunden.
    An diesem Abend ging Alex mit ihrem Freund, Dr. Peter Mueller, aus. Er war ein paar Jahre älter, aber was soll’s? Er war ein Psychologieprofessor, der auf die Art älterer Professoren gut aussah. Interessant im Bett. Eine Strähne dunklen Haars fiel über sein linkes Auge. Er führte sie zum Tanzen aus. Alex hätte es in Harvard schlechter treffen können. Viel schlechter.
    Sie aßen in einem neuen Restaurant in Boston namens The Well. Scharen von Studenten trafen sich dort, der Raum vollgepackt und in lockerer Stimmung – genau wie es ihr gefiel. Anders als Peter. Er war ein Flüsterer, er genoss es, sich nah an ihre Ohren zu lehnen und ihr zu erzählen, was er später mit ihr anstellen wollte. Aber Alex mochte den Lärm, die Geräusche des Uni-Lebens. Es erinnerte sie an Jasper.
    Sie biss in ihren Baconcheeseburger und nahm einen Schluck von ihrem billigen Bier. Ein Song von Vampire Weekend drang aus der altmodischen Jukebox.
    »Die Fakultätskritiken kommen bald heraus«, sagte Peter. Es war kein Thema, das sie besprechen wollte, nicht heute Abend. Sie sah weg, ließ den Blick durch den Raum schweifen. Eine ihrer alten Studentinnen, ein Mädchen, zu süß für ihr eigenes Wohl, befand sich mit einem wilden Typen aus der Stadt in einer Ecke. Alex gefielen immer die Studenten mit dem nachdenklichen Lächeln und den hitzigen Gedanken, die die Antwort auf jede Frage kannten, sich aber nur selten meldeten, weil sie Angst hatten falschzuliegen. Mädchen wie du, Alex. Mädchen wie du, bevor du den Abendkurs besucht hast. Vor Aldiss.
    »Alexandra, hörst du mir zu?« Sie sah Peter an, diese Haarsträhne, diese feuchten blauen Augen. Sie hasste es, wenn er ihren kompletten Namen benutzte.
    »Ich höre dich«, sagte sie. »Laut und deutlich.«
    »Wirst du dich noch mal in Oxford bewerben?«
    Es war das vierte oder fünfte Mal, dass er es ansprach. Der Sommer in London. Das Stipendium, das Semester, um ihr Buch zu beenden. Es war eigentlich noch gar kein Buch, nur eine aufkeimende Idee. Eine wahre Verbrechensgeschichte. Ein Buch über den Abendkurs, über das, was in diesem Seminarraum mit ihnen geschehen war. Was mit ihr geschehen war.
    »Ich glaube nicht«, sagte sie.
    »Warum nicht? Alex, wir könnten uns beide bewerben. Wegkommen, ein Semester in Europa verbringen, gemeinsam arbeiten, unterrichten, lernen. Einander kennenlernen …« Er drückte unter dem Tisch ihre Hand. Unwillkürlich zog sie sie zurück.
    Peter verzog das Gesicht und stocherte abwesend in seinem Steak herum.
    »Du hättest die Stelle schon das letzte Mal bekommen sollen«, sagte er.
    Alex zuckte mit den Schultern.
    »Ich weiß es. Jeder weiß es. Zur Hölle mit Tom Headley. Du bist eine der Besten an dieser Universität, Alex. Wenn du dich nur etwas mehr an die Regeln und Headley und den Rest bei Laune halten würdest.«
    Da surrte ihr Handy und rettete sie.
    »Entschuldige mich«, sagte sie und verließ das Restaurant.
    Ein kühler Abend, kurz vor April, der Verkehr schlich auf der Tremont Street. Manchmal stellte sie sich die Leute in diesen Autos vor. Stellte sich vor, wohin sie fuhren, wer sie wirklich waren. Irgendwo anders als hier zu sein, dieser Gedanke gefiel ihr, aber dann verdrängte sie ihn empört. Hatte es nicht einmal eine Zeit gegeben, in der sie fast alles getan hätte, um an der Harvard University zu unterrichten?
    Sie schaute auf ihr Handy und sah eine Nummer aus Vermont. Sie wählte sie.
    »Hallo?«, antwortete ein Mann.
    »Mit wem spreche ich?«
    »Hier ist Dr. Anthony Rice, Interimsdekan des Jasper College.«
    Alex kannte den Namen von einer Forschungskonferenz irgendwo im Mittleren Westen. Rice war nicht in Jasper gewesen, als sie dort studiert hatte.
    »Worum geht es, Dr. Rice? Ich war gerade beim Abendessen.«
    »Ich werde Sie nicht lange aufhalten. Wir haben … einen Zwischenfall in Jasper. Eine Tragödie.«
    Oh Gott. Oh nein. Nicht noch einmal, bitte.
    »Dr. Shipley?«
    »Ja«, sagte Alex und riss sich zusammen. Sie sah, wie Peter sie von ihrem Tisch aus anstarrte, und wandte dem Fenster des Restaurants den Rücken zu. »Fahren Sie fort.«
    »Michael Tanner wurde letzte Nacht ermordet.«
    Alles geriet ins Wanken. Sie konzentrierte sich auf die Worte des Dekans, spürte, wie Hitze sich in ihrem Geist ausbreitete. Die Straßenlaternen an der Tremont

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