Der menschliche Körper
der Weg würde mit Sprengfallen übersät sein, und tatsächlich laufen die Pioniere in den letzten Stunden mit langen Gesichtern in der FOB herum. Er würde Cederna so gern nach seiner Meinung fragen. Das täte ihm gut. Vielleicht hat er jetzt auch Lust, ein paar Worte zu wechseln, sich ein bisschen Luft zu machen. Er beißt sich auf die Zunge, um ihn nicht zu stören, aber am Ende spricht er ihn doch an: «He, Cederna.»
«Halt die Klappe, Jungfräulein.»
Beschütze meine Familie. Beschütze meine Mutter, sie vor allem. Beschütze meine Kameraden, denn sie sind tüchtige Jungs. Manchmal sagen sie dumme oder ordinäre Dinge, aber sie sind gut, alle miteinander. Beschütze sie vor dem Leiden. Und beschütze auch mich. Beschütze mich vor den Kalaschnikows, vor den selbstgebastelten Bomben, vor Schrapnells und Granaten. Wenn ich jedoch wirklich sterben muss, dann besser durch eine Bombe, eine mit großer Sprengkraft, mach, dass ich auf einer Bombe in die Luft fliege und keinen Schmerz empfinde. Ich bitte dich, lass mich nicht verwundet zurück, ohne ein Bein oder eine Hand. Und lass mich nicht verbrennen, wenigstens nicht im Gesicht. Tot ja, aber nicht lebenslang entstellt. Ich bitte dich, ich flehe dich an.
Die Soldaten verstehen es, in Rekordzeit ein Fest zu organisieren, und die Umstände verlangen eins, das diesen Namen verdient. Im Lauf des Nachmittags lässt sich in der FOB schön die gute Zusammenarbeit verschiedener Kompanien beobachten. Die Jungs von der dritten stellen die Ruine und einige Vorräte zur Verfügung – ein paar Tafeln Schokolade, 25 -ml-Fläschchen Grappa aus der K-Ration, Chips und verschiedene Snacks –, die anderen steuern bei, was sie können: Von den Pionieren kommen zwei starke Lautsprecherboxen, die Köche machen Überstunden, um leckere Sandkuchen und zwei Bleche mit etwas Pizzaähnlichem zu backen, andere wieder kümmern sich um die Dekoration. Das Kommando steuert Plastikbecker und -teller bei, auf ausdrücklichen Wunsch Ballesios.
Um acht ist der Raum schon voll. Es bleibt nicht viel Zeit, Appell ist um vier Uhr morgens, und keiner weiß, wann er dann das nächste Mal wird schlafen können. Das Gelächter ist ein bisschen lauter als nötig, die Ausdrücke härter, man spürt genau, dass der erhöhte Geräuschpegel erforderlich ist, um ein anderes Geräusch im Inneren eines jeden zu übertönen, das von Minute zu Minute lauter wird. Ietri ist etlichen Kameraden auf die Nerven gefallen, um sich die Rolle des DJ zu sichern, und jetzt ist er an seinem Platz hinter dem Pult. Ein Fest ist kein Fest, wenn es nicht die richtige Musik gibt, und er will, dass Zampieri ihn bei etwas sieht, das er gut kann. Jedenfalls hat niemand versucht, ihn daran zu hindern, denn alle haben Lust, den Abend zu genießen, und basta.
Vor dem Abendessen hat er eine Liste der Bands zusammengestellt: Nickelback, Linkin Park, Evanescence, vielleicht etwas Älteres von den Offspring, um dann mit seinen wirklichen Lieblingsbands reinzuhauen, Slipknot, Neurosis, Dark Tranquillity. Er hofft, dass die Jungs Lust haben sich auszutoben. Auf dem Papier schien ihm die Sequenz wirkungsvoll, aber jetzt, da das Fest im Gange ist, merkt er, dass die Zeit schneller verrinnt als gedacht und dass er Stücke auslassen muss, um eher zur Sache zu kommen. Und es tanzt auch noch keiner, die Atmosphäre ist kalt. Ietri kann sich nicht recht erklären, warum, denn für gewöhnlich, wenn im Tuxedo die spanische Stimme von
Pretty Fly
erklingt, kann er sich nicht halten und stürzt sich in die Menge. Jemand legt ihm nicht allzu freundlich nahe, das Genre zu wechseln, aber er hört nicht darauf.
«Hey, mach Schluss mit dem Krawall!», ruft Simoncelli von der anderen Seite des Raums.
Ietri reagiert nicht. Aus den Augenwinkeln bemerkt er, dass Zampieri näher kommt. Er senkt den Kopf, um beschäftigt zu wirken, während er in Wirklichkeit nichts weiter zu tun braucht, als das eine oder andere Stück auszuwählen.
Pretty Fly
ist gleich zu Ende, und er weiß nicht, was er nehmen soll. Sein von Hand auf ein Blatt Papier geschriebenes Programm sieht Motörhead vor, aber das scheint ihm nicht die richtige Gruppe, um Zampieri zu empfangen, er ist durcheinander, aufgeregt. Sie ist bei ihm, und er legt das erstbeste Stück auf, das er findet:
My Plague
.
Zampieri setzt sich auf den Tisch vor ihm. Wann hat das angefangen, dass sie eine solche Wirkung auf ihn hat? Ietri fühlt sich von tausend Nadeln gestochen, am ganzen
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