Der mieseste Liebhaber der Welt
waren,
ebenfalls zu Wort kommen zu lassen. IhreSicht der Dinge darstellen, ganz kurz nur, eine kleine Einschätzung. Ich weiß nicht, wozu das gut sein soll. Aber Sie kennen
ja den Spruch: »Wes Brot ich ess, des Lied ich sing.« Ich hab’s versucht. Die meisten habe ich tatsächlich aufspüren können
– und ein paar konnten sich sogar an mich erinnern. Einige andere hatten zwar Bücher von mir gelesen, aber keine Verbindung
zu Markus P. Stiltfang hergestellt (was nichts Gutes über mich sagt, vermute ich mal). Wie dem auch sei, lesen Sie und entscheiden Sie
selbst, ob Ihnen
diese
Frauen wirklich etwas zu sagen haben.
Cordula Grether, Dortmund
»Hallo, Cordi, ich bin’s, Markus.«
»Ich hab grad Druck, Marky, der Laden brummt und diese Elsen, um die ich mich hier kümmern muss, schaffen es nicht mal, allein
in der Nase zu bohren, bist du in der Nähe?«
»Nein, Cordula, leider nicht. Es geht um was anderes …«
»Schade, das hätte ich jetzt gebrauchen können. Dann mach hin, Stiefkind, Zeit ist Kohle.«
»Ich schreib doch ein neues Buch, und da geht es auch um die alten Zeiten, also um die
ganz
alten Zeiten, weißt du noch, damals am Pool …«
»Hab ich nicht vergessen. Du hast mich ja schon vorher immer mit deinen Blicken ausgezogen, aber dieser Nachmittag am Pool,
das war schon ein Schauspiel.«
»Ich war vierzehn, Cordi, und DU hast mich nach allen Regeln der Kunst angemacht!«
Lachen am anderen Ende der Leitung.
»Das war ja nicht allzu schwer. Aber stimmt, ich wollte dich mal ein paar Monate raus aus dem Haus haben. Du hast ja damals
selbst im Beisein deines Erzeugers nicht aufgehört, mir auf den Busen zu starren, das wurde langsam unangenehm. Dein Vater
hat schon überlegt, dir mal ’ne Nuttezuzuführen, damit du endlich nicht mehr im eigenen Saft schmorst. Ich musste ihm das richtig ausreden.«
»Das erfindest du doch jetzt?«
»Hör mal, Markus, glaub mir – ich würde nichts lieber tun, als mit dir über die alten Zeiten zu schwadronieren, aber ich hab
hier ein Geschäft zu führen. Ruf mich an, wenn du wieder mal in der Nähe bist.«
»Cordi, jetzt warte doch … Cordula? Verdammt.«
Marion Wollweber, Blankenburg
»Guten Tag, Markus Stiltfang mein Name, spreche ich mit Agathe Wollweber?«
»Wer ist da?«
»Markus Stiltfang, aus Blankenburg. Erinnern Sie sich?«
»Wer ist da?«
»MARKUS STILTFANG. Ein Mitschüler Ihrer Tochter Marion.«
»Marion? Marion ist nicht da. Die ist zu Hause.«
»Können Sie mir vielleicht die Telefonnummer Ihrer Tochter geben?«
»Wer ist denn da?«
»Hier spricht Markus STILTFANG.«
»Und was wollen Sie?«
»Ich möchte mit Ihrer Tocher Marion sprechen, ist das möglich?«
»Marion? Marion ist nicht da. Die ist zu Hause.«
Klick.
»Hallo, wer spricht denn da? HALLO?«
II. Kapitel
1977, Gitta
Tags Dschungel, Küsse, Lehrerin, Minirock
Soundtrack Station to Station / David Bowie
Film Tatort: Reifezeugnis / Wolfgang Petersen
Ich bin immer noch verwirrt,
aber auf einem höheren Niveau.
Enrico Fermi
Ich fand, mit siebzehn sei es an der Zeit, endlich mit dem Wichsen aufzuhören, und ich war auch schon auf vier- bis fünfmal
in der Woche runter, als Joseph Boldt aus der Oberprima von der Schule flog, weil er, wie es hieß, meiner Deutschlehrerin
unter den Rock gegriffen hatte.
Die Vorstellung, dass er gewagt hatte, was uns allen seit Monaten im Kopf herumspukte, verursachte einen schweren Rückfall.
Meine Mutter versuchte mich mit Vitamintabletten und kleinen Gläschen Amselfelder aufzupäppeln, in die sie ein Ei und etwas
Traubenzucker verrührte. Davon wurde ich zwar zu müde, um ein Buch zu lesen, aber für eine Runde Taschenbillard reichte es
immer noch. Frau Herrmanns – so hieß unsere Deutschlehrerin – hatte keine Ahnung, dass sie unter meiner Bettdecke
wohnte
. (Allerdings war unser Verhältnis in meinen Träumen nicht ausschließlich sexuell. Hätte sie mir die entsprechenden Signale
gesendet, wäre ich vermutlich mit einem Verlobungsring bei ihr vorstellig geworden.)
Frau Herrmanns entsprach dem Typ Frau, wie man ihnaus französischen Filmen kennt: ein wenig herb mit einem knabenhaften Körper und einer Ausstrahlung, die zu Rotwein und einem
R4 passt, aber auch zu melancholischen Spaziergängen an menschenleeren Stränden. Sie war erst Mitte zwanzig, gerade von der
Uni gekommen und nicht allzu groß, aber ihre Beine versetzten uns in jeder Schulstunde in
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