Der Milliardaer und die Liebe
menschlichen Verlusts in die Hand genommen, das Begräbnis organisiert, wichtige Dokumente auf seinen Namen überschreiben lassen und vieles mehr. Das alles geschah routiniert, als hätte er einen Autopiloten eingeschaltet. Diese Fähigkeit war ihm häufig zugute gekommen. Giorgio funktionierte perfekt und merkte eigentlich gar nicht mehr selbst, was er tat.
Gefühle machten ihm nach wie vor Angst. Und er fand, man war extrem verletzlich, wenn man jemanden liebte. Irgendwann verlor man diese Person und war nur noch entsetzlichen Schmerzen ausgeliefert.
Genau dies hatte er mit Maya durchgemacht. Und sie ließ ihre Emotionen die Kontrolle übernehmen, bis es keine Kontrolle mehr gab. Dann war sie nur noch ihren Gefühlen hilflos ausgeliefert und wurde von ihnen herumgestoßen, ohne dabei einen rationalen Gedanken fassen zu können.
Aber so war Maya eben, und er hatte sich vom ersten Augenblick an zu dieser Frau hingezogen gefühlt. Scheu, unschuldig und ohne jegliches Selbstbewusstsein. Ein verlorenes junges Mädchen auf der Suche nach einer großen Familie, die sie aufnahm und beschützte.
Ganz langsam hob er die Hand und strich ein paar blonde Strähnen aus Mayas Gesicht. Sie stieß im Schlaf einen leisen Seufzer aus, und ihre Lippen bebten dabei ein wenig. Erst jetzt bemerkte er, dass ihre zweite Hand schützend auf ihrem Bauch ruhte. Es war ein zutiefst rührender Anblick, der Giorgio direkt unter die Haut ging. Sachte legte er seine Hand auf ihre und schwor sich, dieses kleine Wesen in ihrem Innern zu behüten. Er betete für das Kind, das sie in einer Nacht voller wütender Leidenschaft empfangen hatten.
Er hoffte inständig, es würde nicht für seine, Giorgios, Sünden büßen müssen.
Mitten in der Nacht wachte Maya auf und ertappte Giorgio dabei, wie er sie auf einen Ellenbogen gestützt musterte. Silbriges Mondlicht fiel durchs Fenster in den Raum, und sie sah, dass sich tiefe Sorgenfalten auf Giorgios Stirn gebildet hatten. Etwas schien ihm schwer auf der Seele zu liegen.
„Hoffentlich hindere ich dich nicht am Schlafen“, sagte sie leise und befeuchtete ihre trockenen Lippen.
„Du störst mich nie“, wehrte er schnell ab. „Ich liege häufig nachts wach.“ Seufzend kämmte er mit den Fingern durch ihre hellen Haare.
„Du arbeitest zu viel“, mutmaßte Maya und räusperte sich. „Ständig stehst du unter Strom. Wann hast du dir eigentlich zum letzten Mal einen Tag frei genommen?“
Während er mit ihren Haaren spielte, verzog er das Gesicht zu einer ironischen Maske. „Ich habe ein Großunternehmen zu führen, Maya. Besonders jetzt, nachdem mein Großvater so rasant abbaut.“
„Das beantwortet aber meine Frage nicht“, sagte sie beharrlich. „Wann hattest du zum letzten Mal einen Tag frei?“
Giorgio blickte ihr direkt in die Augen. „Ich kann mir etwas Urlaub gönnen, nachdem Salvatore von uns gegangen ist“, antwortete er schließlich mit belegter Stimme. „Vielleicht fahren wir mal weg, wenn der Arzt dir das Okay zum Verreisen gibt. Es könnte so etwas wie eine zweite Hochzeitsreise werden.“
Maya zeichnete verträumt seinen schön geformten Mund nach. „Wenn wir dieses Baby verlieren …“
Er küsste ihre Fingerspitze. „Noch haben wir es nicht verloren, cara “, unterbrach er sie. „Halte an diesem Hoffnungsschimmer fest. Wir haben es schon bis hierher geschafft. Vielleicht bekommen wir ja dieses Mal, was wir uns beide so sehr wünschen.“
Sie küssten sich zärtlich, und Maya betete im Stillen, Giorgio möge recht behalten. Auch wenn sie persönlich sich viel mehr wünschte, als er zu geben in der Lage war.
Während der folgenden Wochen sah Maya weniger und weniger von ihrem Mann. Salvatores Krankheit hatte ein Stadium erreicht, in dem er vierundzwanzig Stunden am Tag intensive Fürsorge brauchte. Giorgio teilte seine Zeit zwischen einer ganzen Reihe wichtiger Aufgaben ein. Er hielt die aufdringlichen Pressevertreter auf Abstand, erledigte die Arbeit als Vorstand des Familienunternehmens und kümmerte sich obendrein noch um die privaten Wünsche seines Großvaters.
Zum ersten Mal seit ihrer Heirat nahm Maya wahr, dass der rasante Kurs in Giorgios Leben nicht unbedingt seiner eigenen Wahl entsprach. Giorgio folgte ihm, weil sich so viele Menschen auf ihn verließen.
Maya nahm sich vor, ihn mehr denn je im Hintergrund zu unterstützen und ihr gemeinsames Zuhause zu einem erholsamen, bequemen Refugium zu machen. Der arme Giorgio kam oft so spät nach Hause, dass
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