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Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman

Titel: Der Minister und das Mädchen - Kriminalroman
Autoren: Grafit
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sie alle zu den Sparten Politik und Geschäftswelt. Einzig ein langhaariger Discobesitzer, der sich mit seiner tigerfellbekleideten Begleiterin auf einem Sofa lümmelte, schien die große Welt der Kunst zu repräsentieren.
    Wasserstoffblonde Kellnerinnen in gestreiften Westen, so gleichaussehend, dass sie für einen frühen Erfolg des Klonens gelten konnten, bewegten sich unermüdlich zwischen den Gästen. Auf großen Tabletts transportierten sie den Inhalt einer kleinen Hausbar, ergänzt durch Nichtalkoholisches.
    Ich schaffte es, mir einen Apfelsaft zu angeln, doch bevor ich mich dem warmen Buffet widmen konnte, entdeckte mich Till Geskamp.
    »Schön, dass du gekommen bist.«
    »Die Einladung klang wie ein Befehl.«
    Geskamp lachte. »Du wirst deinen Spaß haben, Wolfgang hat nicht gespart. Weißt du, wer die Musik macht?«
    »Die Rolling Stones?«
    »Nicht ganz, aber knapp darunter. Soll ich dir ein paar Leute zeigen?«
    »Wenn’s sein muss.«
    »Da drüben steht die Oberbürgermeisterin, die kennst du ja. Sie unterhält sich gerade mit dem Präsidenten der Industrie- und Handelskammer und dem Präsidenten von Preußen Münster. In der Gruppe links daneben stehen der Präsident der Handwerkskammer und der Präsident des Bauernverbandes. Die arme Frau, auf die sie einreden, ist die Landesministerin für Arbeit, Soziales, Stadtentwicklung, Kultur und Sport.«
    »Mehr Präsidenten als auf dem G-7-Treffen«, wunderte ich mich. »Alles Freunde von Wolfgang Schwarz?«
    »Nein. Wir haben bewusst auch politische Gegner eingeladen. Inklusive des Fallschirmspringers von der FDP.« Geskamp kicherte. »Aber der ist ja nach allen Seiten offen. Im Ernst. Einen Wahlsieg feiern – das ist billig. Eine Woche vor dem Wahlentscheid feiern – das hat Stil. Außerdem«, er senkte die Stimme, »schien es uns wichtig, nach dem Missgeschick, das Christian passiert ist, Selbstbewusstsein zu demonstrieren. Wir wollten zeigen, dass wir nicht den Schwanz einkneifen.«
    »Besser, Christian hätte den Schwanz eingekniffen, als es darauf ankam«, sagte ich.
    Geskamp öffnete den Mund zu einer Antwort, als neben mir ein wütender Bariton dröhnte: »Dass ich ausgerechnet Sie hier sehe!«
    Ich drehte mich um. »Herr Schmidt! Ich freue mich auch.«
    »Du kennst Peter Schmidt?«, fragte Geskamp verwundert. »Er ist einer der Sponsoren von Wolfgangs Wahlkampf.«
    »Und einer meiner Klienten«, ergänzte ich.
    »Wissen Sie, was er macht?«, wandte sich Schmidt an Geskamp. »Statt sich selber um meinen Scheißauftrag zu kümmern, schickt er mir eine gottverdammte Punkerin, fast noch ein halbes Kind. Ich bin ja scheißliberal, ich mache meinen Angestellten weiß Gott keine Kleidungsvorschriften. Aber das hätten Sie sehen müssen: ein Loch in der Hose, Ringe überall im Gesicht und Haare, als wäre sie einem Spraykünstler in die Hände gefallen.«
    »Ich glaube, ich kenne das Mädchen«, sagte Geskamp.
    »Aber Herr Schmidt«, lächelte ich, »das ist Verkleidung. Auf diese Weise getarnt, kann Franka Ihrem Sohn unbemerkt folgen. Niemand wird in ihr eine Detektivin vermuten.«
    »Da ist ja Wolfgang!«, rief Geskamp begeistert. »Komm, ich stell dich ihm vor.« Dabei zog er heftig an meiner Jacke.
    Wie jeder wichtige Gastgeber, hatte sich Wolfgang Schwarz mit seinem Auftritt Zeit gelassen, bis alle Gäste versammelt waren. Jetzt sonnte er sich in der Beachtung, lächelte mal hierhin, mal dorthin und schüttelte unentwegt Hände. An der Länge des Schüttelns, zwischen einer und fünf Sekunden, konnte man die Bedeutung des Gastes ablesen.
    Geskamp zappelte neben mir wie ein aufgeregtes Kind, das auf den Nikolaus wartet. Als wir endlich an der Reihe waren, sagte er stolz: »Wolfgang! Das ist Georg Wilsberg.«
    Schwarz knipste sein Lächeln an. Er sah etwas älter und faltiger aus als auf den Plakaten. Ich zählte die Sekunden, die er meine Hand schüttelte. Fünf. Große Bedeutung.
    »Ich muss mit Ihnen sprechen. Kommen Sie in zehn Minuten in mein Arbeitszimmer! Die Tür da vorne.«
    Ich nickte. Till Geskamp strahlte mich an.
     
    »Möchten Sie eine Zigarre?«
    »Gern.« Wie ich Schwarz einschätzte, würde er mir keine Bahndamm-Auslese anbieten.
    »Ich habe ein paar Köstlichkeiten da.« Er ging zur Bücherwand und öffnete einen darin integrierten Wandschrank. »In meinem Humidor.«
    Er kam mit ein paar Kisten zurück. »Wenn Havannazigarren nicht bei exakt 21 Grad Celsius und einer relativen Luftfeuchtigkeit von 72 Prozent aufbewahrt werden, kann
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