Der Mitternachtsdetektiv: Unter Wölfen (German Edition)
zugeschnürt meine Kehle war. Wahrscheinlich konnte sie es riechen .
»Keineswegs«, sagte sie, ohne sonderlich herzlich zu klingen. »Was haben Ihre Ermittlungen ergeben?«
»Nun, zuerst einmal habe ich herausgefunden, wer Vadim Zagan erpresst hatte.« Ich spähte kurz in den Privatwald. Keine Spur von anderen Wölfen. Aber das beruhigte mich kein Stück.
»Erpresst?«, fragte Elisa Prätorius. Dampf drang aus ihrer Schnauze, bei jedem Atemzug.
»Jemand hat gedroht, seine schmutzige Wäsche ans Licht zu bringen, wenn er nicht zahlt. Zagan hatte nämlich das Hobby, mit Sterblichen ins Bett zu hüpfen – schlecht für jemanden, der eine Einigung der Nach t völker propagiert und die Entdeckung seiner Leute durch die Mensc h heit verhindern will.«
Die Wölfin zuckte mit keiner Wimper.
»Zuerst dachte ich, einer seiner politischen Gegner steckt dahinter. Aber wie es sich zeigte, ging es dabei nur um Geld – Geld, dass Sie offensichtlich nicht bra u chen, wenn ich mir Ihre Lebensumstände so ansehe.«
»In der Tat«, sagte sie. Abwartend. Lauernd?
»Der Erpresser dagegen hatte es sehr nötig. Und jetzt wo Zagan tot ist, verliert er eine wichtige Einkommen s quelle.«
»Ich verstehe.« Sie bewegte sich keinen Zentimeter, aber ich bildete mir ein zu sehen, wie sie die Muske l berge unter dem Fellkleid anspannte.
Die Härchen in meinem Nacken standen alle aufrecht. Meine rechte Hand blieb ständig in der Nähe meiner Manteltasche und dem Dolch darin. » Sie wiederum profitieren eindeutig von seinem Tod: Ihr ärgster, pol i tischer Konkurrent ist aus dem Weg geräumt, und Sie können sein Machtvakuum füllen. Oder es zumindest vers u chen.«
Sie bleckte die Zähne; es kam mir vor wie ein hera b lassendes Lächeln. »Ich fürchte, Sie stellen sich das alles zu einfach vor, Herr Hellmann. Wir Wölfe sind Bürger dritter Klasse. Man macht es uns niemals leicht.«
»Ja, richtig, aber ...« Ich hielt inne, als sich etwas zw i schen den Bäumen bewegte. Aber was immer es war, nun war es außer Sicht. Ich versuchte, mich wieder zu sammeln. »Aber vergessen wir nicht: Es gibt immerhin zwei Rudel in dieser Stadt. Ihres ist so eine Art Wolfsi n ternat mit tadellosem Ruf. Und Sie hätten es viel leic h ter, allen zu zeigen, wie zivilisiert Ihre Schützlinge sind, wären da nicht Isenhart und seine Proll-Wölfe, die in freier Wildbahn jagen und auf die Etikette scheißen. Die geborenen Rebe l len eben.«
Ihre Augen verengten sich zu grünen Schlitzen. »Ich bin sicher, dass Sie auf etwas Bestimmtes hinaus wo l len, Herr Hellmann«, knurrte sie. »Mir ist nur vol l kommen schleie r haft, was das sein könnte.«
Mein Herz schlug im schnellen Vorlauf. Schweiß durchnässte meine Hemdsachseln. Irgendetwas lauerte zwischen den Bäumen. Ich konnte es nicht sehen, aber es war da; ich fühlte seine Blicke als Prickeln auf meiner Haut.
»Ganz einfach.« Ich schluckte mit staubtrockenem Hals. »Nehmen wir einmal an, ein Mitglied aus Ise n harts Rudel hätte Zagan gekillt, ohne jede Raffinesse, dafür aber mit jeder Menge sinnloser Gewalt. Isenhart und seine Leute würden gejagt werden, immerhin h a ben sie einen bedeutenden Mann umgebracht. Dieses Klima könnten andere, intelligentere Wölfe ausnutzen, indem sie sich auf die Seite von Zagans Anhängern stellen und ihnen helfen, das verhasste Rudel dingfest zu machen. Möglicherweise würden sie damit nicht gleich zu Busenfreunden der Vampire werden, aber zumindest stünden sie in etwas besserem Licht da.«
Sie sagte nichts. Nicht ein Wort. Ich war nahe dran; bewegte mich auf dünnem Eis.
»Sie sagten gestern zu mir, kein Werwolf würde sein Mordopfer brutal zerfleischen, wie in Zagans Fall. De n noch entsprechen die Spuren, die man bei seiner Leiche fand, genau dem Bild des blutgeilen, gemeingefährl i chen Klischee-Werwolfs.«
Noch immer kein Laut von ihr, nur der Blick aus gif t grünen Augen.
»Also – alles roch nach einem Mord aus politischen Motiven. Aber dann habe ich eine Aussage von Ihnen überprüft.«
» Welche Aussage?« Ich sah, wie ihre Krallen zuckten.
»›Kein Werwolf zerstückelt seine Opfer‹. Aber Sie h a ben mir nicht alles gesagt. Das tun die Leute übrigens nie.«
»So?« Dampf stob aus ihrer Nase. Sie hob die Lefzen. »Und was habe ich Ihnen verschwiegen, Herr Hel l mann?«
Ich erinnerte mich an Jennys Worte. »Ein Werwolf, der frisch gebissen wurde, ist von den Mondphasen abhängig: Er verwandelt sich anfangs nur um die Vollmond-Zeit, bis er
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