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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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sanft.
    Der Mann schaute die drei ängstlich und misstrauisch an, schien dann aber zu erkennen, dass sie ihm wohlgesonnen waren. Er hustete kurz. „Christoph Erhard Suter, treuer Diener des Herrn Geheimrat.“
    „Ein wachsamer noch dazu“, nickte Hardenberg.
    „Was ist geschehen?“, fragte Lewis nun.
    Suter wand sich in Entsetzen, als er sich an die Ereignisse erinnerte. „Sie kamen“, stammelte er, „und holten den Herrn. Auf einmal waren sie da, wie aus der Erde ausgestoßen ...“
    Herder hielt die zitternde Hand des Dienstboten fest. „Wer kam? Der Pöbel? Das wütende Volk?“
    „Um Himmels Willen! Sie haben den Geheimrat entführt?“, rief Lewis dazwischen.
    Hardenberg blickte zur Tür. „Gewaltsam eingedrungen scheint mir niemand.“
    All die Stimmen verwirrten Suter, und er klagte nur noch. „Nein, sie kamen und holten den Herrn.“ Dann sank er auf den Boden. Herder musste seinen Kopf stützen, damit dieser nicht auf dem harten Grund zu liegen kam.
    Herder blickte auf. „So bekommen wir nie heraus, was sich zugetragen hat. Wir sollten selbst nach dem Rechten sehen.“ Dann blickte er zu Suter. „Diesem armen Mann müssen wir eine weichere Unterlage verschaffen.“
    Hardenberg ging langsam weiter ins Haus hinein. „Zuerst brauchen wir Licht.“ Die Flinte hielt er locker in den Händen.
    Lewis sah von Herder zu dem keuchenden Suter, der die Augen geschlossen hatte. „Was ist mit ihm? Ist er nur erschrocken oder ist auch er dem Wahnsinn anheimgefallen?“
    Herder hatte sich seines Mantels entledigt und ihn dem Dienstboten unter den Kopf geschoben. „Das wird die Zeit zeigen, und ohne Licht kann ich überhaupt nichts sagen.“ Herder rief : „Friedrich! Siehst du eine Lampe oder Kerze?“
    „Ja“, klang es aus der Tiefe des Hauses, und die Stimme klang furchtbar hohl und hallend. Dazwischen vernahmen sie das Kratzen von Stein auf Stahl. „Ich habe eine, ich muss nur noch ...“
    Herder wandte sich an Lewis: „Schließe bitte die Haustür, wir werden gleich Licht haben, und es muss nicht jeder sogleich sehen, dass wir hier zugegen sind.“
    Lewis ging zum Eingang und warf einen wachsamen Blick hinaus. Der Platz war noch immer verlassen. Die Fetzen und Überbleibsel, die im zertrampelten Schnee lagen, gaben dem Ganzen das gespenstische Aussehen eines nächtlichen Schlachtfeldes. Gottlob waren keine erschlagenen Körper zu sehen. Lewis schloss die Tür behutsam und wandte sich in der plötzlichen Finsternis um. Noch ehe sich seine Augen an die Dunkelheit gewöhnt hatten, schimmerte aus Hardenbergs Richtung ein schwacher Schein auf. Lewis ging wieder zu Herder hinüber und wartete.
    Da scholl ein Aufschrei durch das Haus.
    „Um Gottes Willen! Kommt und schaut euch das an!“ Hardenberg klang sehr erregt, so dass Lewis gleich aufsprang, während Herder den besinnungslosen Suter nur mit besorgtem Blick zurückließ. Sie eilten dem Lichtschein nach und fanden Hardenberg regungslos in einem Raum stehen, ihnen den Rücken zugekehrt und eine Lampe hoch erhoben in der Hand.
    „Was ist ...“, begann Lewis und folgte dann dem Fingerzeig Hardenbergs, der zu Boden zeigte. Herder ächzte, und Lewis wurde mit einem Mal bewusst, dass der Diener Suter keineswegs verrückt geworden war.
    In der Mitte des Raumes war das Parkett aufgerissen, als habe ein Titan aus dem Inneren der Erde sich mit seiner gewaltigen Faust einen Weg in die Menschenwelt bahnen wollen. In einem wüst verstreuten Kranz aus zerbrochenen Dielen und Latten, Steinen und aufgeworfenem Erdreich klaffte ein gewaltiges Loch im Boden, das düster wie ein Höllenschlund gähnte.
    „Mein Gott!“, hauchte Lewis. „Die Erde hat sich wirklich aufgetan.“ Fassungslos schaute er auf die schwarze Leere, die inmitten der Trümmer herrschte und die das Licht der Lampe zu verschlucken schien, als wolle sie nicht preisgeben, was sich hinter ihr verbergen mochte. Im Raum selbst waren Stühle umgeworfen, auf einem Tisch lagen umgestürzte Gläser, einige waren heruntergerollt und zersplittert. Auch ein naher Wandschrank, mit verglasten Türen und mit aufgestellten Tellern darin, hatte offenkundig einen heftigen Stoß erhalten: Die Scherben funkelten, als Hardenberg darüberleuchtete.
    „Irgendjemand kam dort heraus und entführte Goethe“, fügte Hardenberg mit Grabesstimme hinzu.
    Herder hingegen hatte sich wieder gefangen. Er blickte sich im Raum um, griff eine weitere Lampe und einen Kerzenleuchter und entzündete die Dochte. „Mehr Licht!“,

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