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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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hinaus.
    Hardenberg sprang als erster aufs Pflaster hinunter und winkte dann den beiden anderen, als er sah, wie die letzten Mitglieder der wütenden Massen am Ende der Gasse verschwanden, ohne von ihnen Notiz zu nehmen. Dann standen die drei keuchend zwischen den Hauswänden, während grelle Flammen aus der Kutsche schlugen und der Schnee des Gassenrandes zischend verdampfte.
    „Wo sind wir hier?“, fragte Hardenberg, der sich verwirrt umschaute.
    Herder spähte die Gasse hinauf und hinab und nickte dann. „Nicht weit vom Frauenplan. Ich möchte bezweifeln, dass nun die Zeit für einen Umtrunk mit Herrn Goethe ist, aber dennoch halte ich es für das Beste, wenn wir uns dorthin begeben.“
    Lewis nickte, während er wie gebannt auf das flackernde Wrack der Kutsche sah. „Wenn wir nur von den Straßen verschwinden. Wer weiß, wohin es den Pöbel als nächstes treibt, möglichenfalls direkt auf uns zu.“
    Herder schlug den beiden auffordernd gegen die Arme. „Folgt mir, ich kenne den Weg!“ Dann lief er los, ohne noch einen Blick auf den brennenden Wagen zu werfen.
    Lewis hingegen starrte mit Schaudern auf die Trümmer, die im unglücklichsten Fall ihr feuriges Grab hätten werden können.
    Nach ein paar Ecken und dem Durchschreiten einiger Gassen hielt Herder an einer Ecke an und bedeutete den Folgenden, sich langsam zu nähern.
    Vor ihnen lag ein kleiner Platz, auf dem, von Fackeln beleuchtet, eine rasende Menschenmenge wogte. Wieder wehten Stofffetzen, alte Kleider und Fahnen. Ein Mann stand auf einigen aufeinandergestapelten Kisten und brüllte flammende Worte über die Köpfe und gereckten Arme hinweg. Aus den wenigen Worten, die über das Rufen der Volksmassen hinweg zu Lewis, Herder und Hardenberg drangen, konnten diese sich allerdings keinen Reim machen.
    „Dieser Mensch redet völlig wirr!“, meinte Lewis. „Oder klingt es nur für mich so? Schließlich bin ich kein Deutscher.“
    Hardenberg schüttelte den Kopf. „Nein, das was er sagt, ist unsinnig. Als sei er dem Irrenhaus entsprungen.“
    Herder drehte sich zu den beiden um, nachdem er den Hals gereckt hatte, um mehr zu sehen. „Der Mann, der da Unfug ruft, ist der Buchbinder Unruh, wie mir scheint. Ich weiß nicht, was in ihn gefahren ist, er war stets ein besonnener Mann.“ Er blickte wieder auf den Platz hinaus.
    „Da!“, rief er, und Hardenberg und Lewis drängten sich neben ihn, um ebenfalls gute Sicht zu haben. „Jetzt steigt ein anderer Mann neben ihn auf das Podium. Es scheint Pläster zu sein, ein Sattler. Jetzt schreien sie einander an ... oh je!“
    Die beiden Männer begannen, sich gegenseitig mit den Fingern in die Haare zu fahren, und rissen daran, dabei schrien sie unartikuliert, und die Zuschauer tobten.
    Da fiel ein Schuss, und die Menge spritzte angsterfüllt auseinander. Auf dem freien Platz, der nun vor dem Podest entstanden war, ließ ein junger Mann die Hand mit der Pistole sinken und hob die zweite, die er in der anderen Hand hielt, hoch über den Kopf. Er war in Gelb und Blau gekleidet und schaute träumerisch.
    Hardenberg schluckte. „Werthertracht. Mit schwant nichts Gutes, das kann nur eines bedeuten ...“
    Tatsächlich, der junge Mann sah noch einmal in die Runde, senkte dann die Pistole in affektierter Geste an die Schläfe und drückte ab. Die Masse schrie auf und übertönte fast das Krachen der Pulverentladung. Der junge Mann fiel, von eigener Hand gerichtet, und die Menge schloss sich wieder um ihn wie ein Schwarm Aasvögel.
    Lewis wurde blass. „Jetzt ist es soweit. Jetzt fängt das Morden an.“
    Herder atmete schwer. „Solange es nur das Selbstmorden ist ...“ Er sah auf den tosenden Platz hinaus. „Wir sollten verschwinden, wer weiß, was nun geschehen mag.“
    Tatsächlich stürmte die Volksansammlung nun das Podium, auf dem sich der Buchbinder und der Sattler weiter gestritten hatten, und zerrten sie beide hinab, in das Gewirr aus Händen und Armen hinein. Am Rande der Menge drosch ein kräftiger Mann, der die Uniform eines Ratswachtmeisters trug, mit einem rostigen Säbel auf einen alten Pensionär ein, der sich mit seinem Stock zu wehren versuchte. Umstehende feuerten die ungleichen Kämpfenden an, die Namen Hartmann und Hüttenrauch waren zu hören und schreckliche Befehle und Vorschläge, was sie einander antun sollten. Auch an anderen Stellen im Getümmel flammten Schlägereien auf.
    „Weg! Zum Frauenplan!“, rief Hardenberg, und die drei liefen los, einen anderen Weg zu suchen, damit sie

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