Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)
„Was würden eure Mütter tun, wenn sie wüssten, dass ihr euch hier herumtreibt? Des Nachts und in fremder Leute Räumen?“
Mit einer ungemein raschen, gewandten Bewegung entledigte der Mann sich seines weiten Mantels, ohne auch nur einen Halbschritt in seinem Gang zu zögern. Wie das Rad eines schwarzen Pfaus blähte sich das Kleidungsstück für einen Lidschlag hinter und um ihn auf, dann lag der Mantel über Arm und linker Schulter, zeigte die dunkelgekleidete Figur, die sich mit furchteinflößender Stärke und Beherrschtheit bewegte. An der Seite blitzte der Griff eines Degens.
„Ich denke, eure Mütter würden euch arg schelten.“
In fließender Bewegung zog der Mann seine Klinge, die dabei durch die Luft schwirrte, und machte einige weitgreifende Schritte, mit denen er die letzten, trennenden Ellen zwischen sich und den beiden jungen Männern zurücklegte.
„Das werde ich nun übernehmen.“
Dann war er heran. Hardenberg ließ die Laterne fallen und hob den Säbel. Mit dem Ellbogen stieß er nach Lewis, um diesen aus dem Angriffsbereich des gegnerischen Degens zu bringen. Lewis wich zurück und stolperte.
Der Schwarzgekleidete drehte sich einmal um sich selbst, und in dieser Bewegung warf er den Mantel von sich, direkt auf Lewis zu. Im selben Augenblick, da Degen und Säbel klirrend aufeinandertrafen, traf die Masse des schweren dunklen Stoffes auf Lewis, hüllte ihn in Finsternis, wirbelte ihn herum, riss ihn nach hinten und von den Füßen. Hart stürzte er zu Boden, schrie vor Schmerz und Verwirrung. Neben ihm zerbarst die Laterne an den Ziegelsteinen, die Waffe schlug mit metallischem Laut auf den Grund. Während Lewis panisch Arme und Beine bewegte, um sich von dem Mantel zu befreien und wieder auf die Füße zu kommen, hörte er mit hilflosem Schrecken das Scharren der Stiefel und Klingen der Waffen und Hardenbergs heftiges Atmen.
Der Gegner focht schweigend, ohne Anstrengung und in stiller Überlegenheit. Lewis riss an dem Mantel, in dem er sich verstrickt hatte, und endlich konnte er wieder etwas sehen. Hardenberg hielt sich tapfer, wenn auch der Schwarzgekleidete heftig auf ihn eindrang. Funken schienen von den Klingen zu sprühen, das Licht der Fackeln brach sich immer wieder auf dem blanken, tanzenden Metall, und die Reflektionen zuckten über die Wände. Lewis konnte erkennen, wie sich das siegesgewisse Lächeln von den Lippen des Schwarzgekleideten stahl. Aber er schien seinen Gegner unterschätzt zu haben, denn Hardenberg konnte in diesem Kampf von den Duellen zehren, die er gefochten und bestanden hatte. Er glich den Vorteil, den der größere Mann durch die höhere Reichweite seiner Arme und des Degens besaß, dadurch aus, dass er sich rasch, fast hastig bewegte und die Angriffe des Gegners immer wieder unterlief. Mit einem von unten geführten Hieb gegen den Kopf des Gegners riss er diesem den Hut vom Schädel, und nur durch rasches Zurückzucken konnte der Großgewachsene Schlimmeres verhindern. Wie im Zorn drosch er nun auf den kleineren Hardenberg ein, sein Degen blitzte, und nur um Haaresbreite konnte Hardenberg immer mit dem Säbel dazwischenfahren.
Als Lewis sich endlich des Mantels entledigt hatte und seine vom Sturz schmerzenden Glieder zum Aufstehen zwang, stieß Hardenbergs Säbelspitze vor und schnitt die Maske vom Gesicht des Gegners. Der sprang zurück, die Larve flatterte zu Boden, und auf der Stirn des Mannes tat sich ein blutiger Schnitt auf, aus dem sogleich ein karminrotes Rinnsal über die verzerrten Züge floss.
Bislang war der Kampf in völliger Stille abgelaufen, doch nun drang ein Wutschrei über die Lippen des Schwarzgekleideten. Lewis war wieder auf die Füße gekommen und tastete nach seiner Waffe. Hardenberg hatte sich ein triumphierendes Lächeln erlaubt, das aber gefror, als er den Mann nun auf sich zustürmen sah. Unter den prasselnden Hieben wich er zurück, in die Defensive gedrängt. Schon war zu erkennen, dass der schwere Säbel seinen Arm ermüdet hatte und der andere mit der leichteren Waffe über die Dauer des Kampfes einen Vorteil gewann. Endlich hatte Lewis die Flinte ergriffen, wollte sie mit zitternden Händen in Anschlag bringen, als er sich der stummen Warnung Hardenbergs erinnerte.
Noch bevor er jedoch einen weiteren Gedanken fassen konnte, sah er, wie Hardenbergs Gegenwehr erlahmte und der Schwarzgekleidete seine Chance sah. Lewis schrie zugleich mit Hardenberg auf, als die Degenklinge in dessen Fechtarm fuhr. Der Säbel flog davon
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