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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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flackerten die ersten Schatten über die Wände.
    „Rasch!“, wisperte Herder. „Zurück in den Stollen!“
    „Nein“, flüsterte Hardenberg. „Was, wenn sie dort hineinwollen? Ins Nebenzimmer!“
    „Die Lichter aus!“, erinnerte Lewis, und dann eilten sie in einen Nebenraum, pressten sich dort neben dem Durchgang an die Wand und wagten kaum zu atmen.
    Die Stimmen und Schritte kamen heran und sammelten sich in dem Raum, den die drei jungen Männer gerade noch im rechten Augenblick verlassen hatten. Gesprächsfetzen drangen zu ihnen, und es klang, als erteile ein Offizier seinen Soldaten Befehle.
    Lewis wagte es, die Nase dicht über dem Boden um die Ecke des Durchgangs zu stecken.
    Tatsächlich sah er so etwas wie einen militärischen Stoßtrupp. Von Fackeln beleuchtet, standen dort an die dreißig Männer, allesamt in Schwarz gekleidet und die Gesichter von Halbmasken verhüllt. Alle hielten Musketen in den Händen, von ihren Gürteln hingen Degen und Säbel. Ein hochgewachsener Mann schritt vor ihnen her und teilte sie mit Gesten und in scharfem Tonfall in Gruppen ein.
    „Ihr geht zum Wittumspalais und holt sie dort heraus“, vernahm Lewis und stutzte, doch nicht allein wegen dem, was er hörte. Etwas an dieser Stimme schien ihm entsetzlich vertraut.
    „Geht anständig mit den Frauen um, sag ich euch! Ihr, ihr macht euch auf zum Fürstenhaus. Treibt das Pack hierher und seht zu, dass euch niemand auskommt!“
    Vielstimmiges, erzürntes Raunen ließ sich vernehmen. Darin ging Lewis bestürztes Einatmen unter. Diese Stimme kannte er ebenfalls von der Burgruine, dieser Mann war einer der Verschwörer, die dem Militär hatten entkommen können!
    Der Hüne legte die Hand an den Säbelknauf. „Ich gehe unserem ehrenwerten Geheimrat meine Aufwartung machen!“ Er lachte raspelnd, und die anderen Männer fielen in das gehässige Gelächter ein, und all dies warfen die kahlen Wände zurück, die an manchen Stellen so schwarz waren wie die Masken der Verschwörer, die Schatten um sie her und die Abgründe ihrer Seelen und Herzen, wie es Lewis durch den Sinn schoss.
    Dann entließ der Befehlsgebende seine Schergen. Die erste Gruppe verschwand eiligen Schrittes die Rampe hinunter und in den Stollen hinein, die zweite folgte nach wenigen Atemzügen. Zurück blieb der hochgewachsene Mann, der rau in sich hineinlachte. Er begann, leise summend in dem einsamen Raum umherzuspazieren, eine einzelne Lampe auf dem Boden spendete Licht und warf seine Silhouette verzerrt und ins Riesenhafte vergrößert ans Mauerwerk.
    Den drei Männern stockte der Atem. Was, wenn er sie bei seinem Umherstreifen entdeckte? Lewis umklammerte seine Waffe mit krampfhaftem Griff und überlegte.
    Die Häscher der Schwarzen Brüder sollten also die Mitglieder der herzoglichen Familie entführen. Ohne Zweifel planten die Revolutionäre den Staatsstreich, gedeckt von dem Tumult in der Bevölkerung, dem Aufruhr in den Straßen und Gassen, welcher das Militär ablenkte, und dieser hier würde sich jeden Moment an den Ort begeben, an dem Goethe gefangen gehalten wurde. Was sie zu tun hatten, lag auf der Hand: Einerseits mussten sie dem Mann zu Goethe folgen, und andererseits lag es an einem von ihnen, den Garnisonskommandeur zu unterrichten, damit dieser, wenn es ihm nicht gelänge, die Entführung zu vereiteln, doch wüsste, wo die Verschleppten zu finden wären.
    Lewis sah, wie der Mann mit der schnarrenden Stimme in aller Seelenruhe eine Pfeife entzündete und Rauchkringel in die Luft blies. Er spürte, wie in seinem Rücken auch Herder und Hardenberg unruhig wurden. Sie wollten endlich handeln, doch waren sie zu quälendem Warten und der Angst vor Entdeckung verdammt, solange dieser Mensch sein Pfeifchen schmauchte. Lange Minuten verstrichen, in denen der Mann dann und wann vor sich hin summte. Nun begann er gar, in Zimmerlautstärke ein Liedchen zu singen. Lewis erschauerte ob der bizarren Situation.
    Endlich ergriff der Mann die Laterne, klopfte seine Pfeife aus und wandte sich zum Gehen. Gespannt verfolgte Lewis jeden Schritt. Der Hochgewachsene verschwand wie seine Häscher in der Tiefe des Tunnels, immer noch sein Liedchen trällernd.
    Lewis sprang auf. „Rasch! Wir müssen ihm folgen, er wird uns zu Goethe führen – und wir müssen Kommandeur von Germar über die Pläne der Verschwörer unterrichten!“
    Herder entzündete indessen wieder ihre Laternen. „Ich kenne den Weg zur Garnison“, sagte er. „Ich werde mich schon durchschlagen

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