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Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition)

Titel: Der Mönch in Weimar: Ein Schauerroman nach alter Mode (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Röder
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die Wand streifte, was, wenn er mit dem Bein die tief gehaltene Laterne anstieß? Was, wenn ...
    Vor sich erkannte er plötzlich ein schwaches Leuchten. Nichts war zu hören, und im Näherkommen sah Lewis, dass der Stollen hier in einen gemauerten Keller mündete. Nach nochmaligem Verhalten und Horchen traten er und Hardenberg in einen niedrigen Raum, der zweifellos zum Keller eines Hauses gehörte und der von einer einzelnen Lampe an einem Haken matt erhellt wurde. Nichts befand sich darin; sie registrierten nur eine Anzahl schmutziger Fußabdrücke, die den Boden bedeckten und zu einer grobgezimmerten Tür führten. Lichtschein fiel durch die Ritzen.
    Hardenberg trat schnell und geräuschlos heran und spähte durch einen Spalt zwischen den Brettern. „Ein weiterer Keller. Kein Mensch zu sehen“, wisperte er, und ehe Lewis etwas erwidern konnte, etwa um zu fragen, was sie nun zu tun gedächten, öffnete Hardenberg die Tür.
    Lewis wollte einen Laut der Entrüstung und des Erschreckens ausstoßen, doch was er sah, verschlug ihm Sprache und Atem. Dass Hardenberg diesen Raum als Keller bezeichnet hatte, war in Lewis’ Augen eine gelinde Untertreibung.
    Ein weiter Raum, niedrig zwar, doch ausgreifend, erstreckte sich über eine Fläche, die für einen Ballsaal gereicht hätte. Das Gewölbe trugen zahlreiche Pfeiler aus rotem Mauerstein, die sich zu weiten Bögen spannten und an denen brennende Fackeln in eisernen Haltern staken. Wände und Boden bestanden ebenfalls aus jenen Ziegeln, so dass es in dem feurigen Licht schien, als sei alles aus Blöcken geronnenen Blutes gefügt. Hier und da hingen Teppiche und Banner, die für Lewis fremdartige Symbole und Allegorien zeigten. Weit hinten stand ein großer, tafelartiger Tisch aus dunklem Holz, wuchtig und schwer und mit Schnitzereien verziert wie auch die Lehnstühle, die ihn umstanden. In dessen Nähe reihten sich große Truhen an den Wänden, auch standen Pulte dort und niedrige Regale, die mit allerlei Dingen und Gerätschaften angefüllt waren, die schimmerten und glänzten und die Lewis kaum auseinanderzuhalten vermochte, so seltsam, obskur und zauberisch erschienen sie ihm.
    Hardenberg keuchte und sagte dann mit belegter Stimme. „Mir scheint, als sei dies der rechte Ort, um Aufstände zu planen und geheime Rituale zu zelebrieren.“
    „Ja“, antwortete Lewis, und auch seine Kehle fühlte sich rau und trocken an. „Wir sind zweifellos im Allerheiligsten, im Herzen des Verschwörernests. Hier herrschen die Schwarzen Brüder oder Schlimmeres ...“
    Lewis sah sich erneut um. „Wo mag nur dieser Mensch geblieben sein? Sein Vorsprung war nicht groß ...“
    Da hallte plötzlich eine raue Stimme durch das Gewölbe, die ein munteres Lied sang. Doch die Mauern warfen die Weise so verzerrt zurück, dass sie wie ein Grabgesang erschien. Lewis und Hardenberg zuckten zusammen, sahen sich bestürzt um und konnten doch niemanden ausmachen. Die Stimme schien von überall her zu schallen.
    Plötzlich trat eine dunkelgekleidete Gestalt hinter einer der weiter entfernten Säulen hervor, und an ihrer Haltung erkannte Lewis, dass es der Großgewachsene war, den sie verfolgt hatten. Unter Hut und Maske bewegte sich ein spöttisch verzogener Mund, und aus ihm drang die grässliche Weise. Dann beschloss der Mann sein Lied und lachte. Er trat ein paar Schritte auf die beiden jungen Männer zu, die wie erstarrt dastanden, und nun schnitt seine Stimme wie eine Klinge durch die von den Fackeln erhitzte Luft: „Ei, ei! Was haben wir denn da für zwei neugierige Jünglinge.“ Wieder verzog er spöttisch den Mund. „Müsstet ihr nicht längst in den Betten liegen, als so spät in der Nacht noch auf und unterwegs zu sein?“ Sein Mantel bauschte sich mit jedem bedrohlichen Schritt, den er weiter auf Lewis und Hardenberg zutrat.
    Lewis bewegte den Lauf der Flinte ein wenig, doch dann sah er aus den Augenwinkeln, wie Hardenberg leicht die Hand hob. Lewis begriff. Ein Schuss mochte andere Ve r schwörer alarmieren, die sich vielleicht in ungeahnter Zahl in der Nähe befanden. Dann waren sie verloren. So mochte es noch eine Chance geben. Lewis spürte, wie sich Hardenbergs Körper anspannte, als dieser den Säbel fester packte.
    Der Große kam näher. Lewis erkannte, dass seine Kopfbedeckung nur zwei Handbreit von der Decke des Gewölbes entfernt war. Doch dann wurde seine Aufmerksamkeit wieder auf des Mannes Gesicht gelenkt, als dieser unverändert scharf und spöttisch weitersprach:

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