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Der Mond im See

Titel: Der Mond im See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Danella Utta
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Laut, ich schrie noch einmal: »René!« Und jetzt hörte ich es deutlich – »Ja. Hier bin ich. Hier.«
    Ein Schluchzen saß mir in der Kehle, ich hörte Amigo einen unbeschreiblichen Laut ausstoßen, halb ein Jaulen, halb ein Schrei war es.
    Ich kam in eine Art Küche, ein gar nicht kleiner, aber düsterer Raum, mit einem offenen Herd. Wo? Aber ich brauchte nicht lange zu suchen, rechts war eine Tür- und vor dieser Tür gebärdete sich Amigo wie ein Wahnsinniger. Ich riß sie auf. In dem halbdunklen Raum lag René auf einem alten Bett, er hatte sich aufgerichtet, blickte mir mit weit aufgerissenen Augen entgegen, er schrie auf: »Amigo!« Und da war der Hund schon bei ihm, sprang mit den Vorderpfoten auf das Bett, leckte das Gesicht des Kindes und quietschte und jaulte in den höchsten Tönen.
    Ich blieb stehen. Mir war, als müßte ich umfallen. Ganz schwach in den Beinen.
    »René!« sagte ich. »Da bist du ja. Geht es dir gut? Bist du heil und gesund?«
    »Kommst du mich holen?« fragte er mit zitternder Stimme. »Kann ich hier weg?«
    Ich ging die paar Schritte zu seinem Bett. Ich wußte nicht, wie ich es noch schaffte. Ich beugte mich zu ihm hinab, legte ihm die Hand auf den Kopf. »Ja. Ich komme dich holen. Amigo hat dich gefunden. Wie geht es dir denn?«
    »Nicht gut«, sagte er. »Wo ist denn der böse Onkel? Wo ist Dorette?«
    Ja. Darum mußte ich mich als erstes kümmern. Ich mußte den da unten in Gewahrsam nehmen, ehe er wieder zu sich kam. Aber es war zu spät. Als ich mich vom Bett abwandte, erschien er unter der Tür. Er grinst höhnisch, in der Hand hielt er eine Pistole.
    »Eine schöne Falle, in die Sie sich hier begeben haben«, sagte er. »Sie denken doch nicht im Ernst, daß Sie das Kind lebend bekommen.« Er sprach Deutsch mit einem kleinen Akzent.
    Und jetzt sah ich seine Augen. Sie waren hell. Hellgrau in dem dunkelgebräunten Gesicht.
    Und nun wußte ich, an wen mich dieses Gesicht erinnert hatte. Es traf mich wie ein Schlag. Es raubte mir den Atem.
    Ich starrte ihn an. »Sie – Sie sind Ilonas Bruder!«
    Er nickte. »Ganz recht, Tibor Huszár, zu dienen. Wo ist Dorette?«
    »Verhaftet in Locarno. Und tun Sie dem Kind nichts mehr. Es hilft Ihnen doch nichts.«
    »So? Meinen Sie?« Noch während er sprach, sah ich die rasche Bewegung, sah wie er die Waffe blitzschnell hob, ich sprang vor, verdeckte das Bett, spürte den Schlag auf der Brust. Meine Faust traf sein Handgelenk, gerade als er auf das Bett zielte, der Schuß fuhr in die Luft, die Waffe polterte auf den Boden, ich holte aus, aber ich schlug ins Leere. Er duckte sich weg – dann sah ich ihn durch die Küche laufen, er stieß die alte Frau beiseite, die eben heraufgekommen war, und dann war er verschwunden.
    Ich war in die Knie gesunken, mir schwindelte, vor meinen Augen wurde es dunkel. Ich war getroffen, meine Hand fuhr über meine linke Brust, ich spürte nichts. Jetzt nicht schwach werden, er durfte nicht entkommen.
    Ich sah mich nach dem Kind um, das schreckerstarrt im Bett saß.
    »Amigo. Bleib hier. Paß auf René auf.«
    Und dann lief ich die Treppe hinunter. Giuseppe saß unten auf dem Boden und rieb sich den Kopf.
    »Hast du etwas abbekommen?« fragte ich.
    »Er hat mich niedergeschlagen. Ist nicht so schlimm.«
    »Wo ist er hin?«
    »Raus.«
    »Ich muß ihm nach. Kümmere dich um das Kind. Verständige die Polizei. Bring den Jungen zu deiner Mama.«
    Und dann lief ich, rutschend und stolpernd, die engen Pfade hinab, verlief mich einmal, und kam gerade unten an die Straße, um ihn wegfahren zu sehen. Er fuhr einen großen amerikanischen Wagen, nicht den blauen Buick, ein neueres Modell. Er fuhr nach Westen. In Richtung Grenze.
    Ich hatte ein paar Schritte zu laufen, bis ich zu meinem Wagen kam, sprang hinein, riß ihn herum und raste, was er hergab, dem Verbrecher nach.
    Die Grenze kam schon bald, er war nicht mehr zu sehen. Ich mußte halten, meinen Paß herausholen. Ich fragte, ob der Amerikaner durchgekommen sei. Ja, gewiß. Die Grenzer blickten mich verständnislos an. Es blieb mir keine Zeit für lange Erklärungen.
    »Ein Verbrecher. Verständigen Sie die Polizei.«
    Sie sahen mich an, als hätte die Sonne mir das Hirn verbrannt.
    Einmal, als die Straße zwischen zwei Kurven gerade verlief, sah ich ihn, weit vor mir. Ich trat das Gas noch mehr durch. Aber was half das hier. Jede Kurve nötigte mich zum Langsamfahren. Es war die mörderischste Fahrt meines Lebens. Vor meinen Augen tanzten rote Nebel, mein Hals

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