Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
noch im Wesentlichen selbst, und zusätzlich besaß sie Teile der Catjary, wodurch erhebliche Investitionen in die Infrastruktur möglich wurden. Die allgemeine Lebensqualität hatte sich enorm verbessert. Die Tage, da Katja die Schneelieferungen vom Tafelberg künstlich verknappen ließ, waren endgültig vorbei. Eisgekühlte Getränke gehörten regelmäßig auf den Esstisch von Jedermann. Auch zur Kühlung von Lebensmitteln reichte die Fördermenge dank der stetigen Erweiterung der Aufzuganlage. Die Metallpreise waren so niedrig wie nie, und die Leute waren mit mehr Werkzeug ausgestattet als sie bis vor wenigen Jahren zu träumen gewagt hätten. Verfallene Stadtviertel gab es nicht mehr. Im Gegenteil. Wo noch im letzten Jahr Schutt lag, errichteten sich die neureichen Arbeiter der Catjary fleißig luxuriöse Eigenheime, direkt neben den Unterkünften der Flüchtlinge aus Lianta Xintall, die immer zahlreicher wurden. Diesen Reichtum hatten die Arbeiter sich redlich dadurch verdient, dass sie viel längere, - für irdische Verhältnisse immer noch paradiesische, Gesamtarbeitszeiten in Kauf nahmen, als das in ihrer Stadt, beziehungsweise auf H´Veredy im Allgemeinen, üblich war.
Es gab sogar Pläne, öffentliche Transporteinrichtungen zu errichten, wie sie sonst nur in Großstädten realisiert werden konnten. In der Salzstadt hatte bisher allein die Catjary einen geschützten Hafenbereich mit festen Anlegern für ihre eigene Flottille errichten lassen. Doch die Bauarbeiten an einer größeren Anlage, die auch Fernhändler anderer Städte anlocken würde, war über die reine Planungsphase hinaus, auch wenn die paar Steinhaufen im Wasser noch nicht erahnen ließen, was hier entstehen sollte.
Natürlich gab es Händler, die von der drückenden Übermacht der Catjary kaputtkonkurriert wurden und solche Menschen, die trotz allem zu arm blieben, um an dem neuen Wohlstand teilhaben zu können. Doch die Bilanz dessen, was die Catjary für V´Llionias erreicht hatte, sprach für sich.
*
Alf ließ sich den heißen Wind durch die Haare fahren. Er blickte abwechselnd auf das in offenen Gewässern, wie gewöhnlich, tosende Salzwassermeer hinaus und dann auf Lena, die neben ihm an der Reling lehnte und im Grunde das Gleiche wie er tat.
Ich hätte mir nicht erträumen lassen, jemals solche Abenteuer zu erleben! Nur gut, dass Lena und ich seefest sind. Das hätte auch anders sein können. Einfach ist das Leben hier aber keinesfalls.
Die Handelsflotte der Catjary umfasste, wenn man von vier kleinen Küstenschiffen absah, die nur lokal operieren konnten und nicht in Lenas und Alfs Zuständigkeitsbereich fielen, ansehnliche zehn Schiffe. Das Flaggschiff, ´Stolz der Balazuma´, war weder das größte noch das teuerste davon. Die ´Balazuma´ wie das Schiff meist verkürzt bezeichnet wurde, war für einen Dreimaster sogar klein geraten. Ihr Rumpf hatte eine klassische, gekielte Form, sodass sie bei mäßigem Wellengang ruhig im Wasser lag. Seit Alf und Lena zur Flotte übergewechselt waren, war sie, wie geplant, zur Wohnung und mobilem Kontor der Beiden umgebaut worden. Sie diente aber auch als Schulschiff der Catjary, ein Auftrag, der sich von Anfang an nicht auf die Ausbildung Lenas und Alfs beschränkte.
Hier hielt Carrf seinen Fechtunterricht ab, Benthan, der zugesagt hatte, wenigstens auf einigen Fahrten dabei zu sein, führte medizinische Schulungen durch. Eigens neu eingestellte Lehrer unterrichteten Strategie und Taktik zur See. Sie veranstalteten Seminare zu Handel und Wandel, sowie regelmäßige Maßnahmen zur Verbesserung der Führungsqualitäten, sowohl Lenas, als auch der ihr jetzt in Handelsfragen unterstellten Kapitäne. Es gab eigene Klassen zur Aus- und Weiterbildung der unteren Dienstgrade, von den Offizieren über die Maate bis hin zu den Matrosen und Schiffsjungen (und Schiffsmädchen). V´Llionias war nicht unbedingt eine Seefahrerstadt. Obgleich auch besser qualifizierte aus anderen Küstenstädten angeworben werden konnten, war die Weiterbildung der breiten Massen doch eine wesentliche Erfordernis. Späterhin gab es in der Stadt, das möchte ich ihnen liebe Leserinnen und Leser an dieser Stelle verraten, einige Bürger, die meinten, sie könnten den großen Einstieg der Catjary in den Hochseehandel mit eigenen Mitteln nachvollziehen. Sie scheiterten an zu schlecht ausgebildeten Seefahrern.
Alfred und Lena mussten von allen hier am intensivsten geschult werden. So waren die wenigen Ruhezeiten,
Weitere Kostenlose Bücher