Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
zu alt für diesen Beruf wurde, sollte an ihrem nächsten Ziel das erste feste Kontor der Catjary in einer fremden Stadt eröffnen. Mit seinem Flachschiff und einigem Startkapital ausgestattet, sollte er dort, wie in V´Llionias einen Dschungelhandel aufziehen. Das Warenangebot der Catjary konnte, so die Spekulation dahinter, durch die zusätzliche Nutzung eines etwas anderen Waldtyps wesentlich erweitert werden.
Zunächst zeichnete sich aber ein Problem ab: Ein gewaltiger Sturm zog auf und näherte sich rasch von See her. „Wir müssen geschütztere Gewässer aufsuchen!“, urteilte Alf, und der Kapitän der ´Balazuma´ stimmte ihm zu. „Ja! Was auf uns zu kommt, sieht schrecklich übel aus! Wenn wir die Küste erreichen, gibt es dort einige hervorragend geschützte Buchten, also kein Grund, ein Risiko einzugehen. Eure Befehle wären also, Calfred?“
„Gebt den anderen Schiffen Signal, dass wir in die nächste von Euch als geeignet angesehene Bucht einlaufen. Zwei Flachschiffe voraus, dann die großen Transporter, gefolgt von uns selbst. Im Anschluss kommt die Geschützplattform und zum Abschluss kommen die übrigen zwei Flachschiffe. Ist das so Eurer Ansicht nach vernünftig, Kapitän?“
„Wie aus dem Lehrbuch. Ich würde aber nur ein Flachschiff an Anfang und Ende des Zuges setzen und die frei werdenden die Flanken decken lassen. Es gibt in dieser Richtung mögliche Hinterhalte. Es wäre besser, nicht überrascht zu werden.“
„Gut, verfahrt so!“, entschied Alfred.
Lena hatte keine Einwände, denn in Sicherheitsfragen hatte Alf jetzt das Kommando. Aber der Sturm gab sich alle Mühe, die eitlen Bemühungen der Sterblichen, ihm zu entkommen, zu vereiteln. Er brauste mit so jähen aber unsteten Böen heran, dass die Flottille die Segelfläche bis auf kleine, speziell für solche Gelegenheiten konzipierte Streifen Tuch reduzieren musste, um nicht bald nur noch Fetzen an den Masten zu führen. Die Flachschiffe waren unter diesen Bedingungen kaum noch manövrierbar. So waren sie gezwungen, um Kollisionen zu vermeiden, doch die schweren Lastsegler und das Flaggschiff zusammen mit dem Verladeschiff voraus zu schicken. Dahinter mussten die verbliebenen vier Kapitäne all ihr Können aufwenden, um ihre Gefährte noch in den eigentlich gar nicht so schmalen Zugang der Bucht hinein zu manövrieren. Da der Sturm inzwischen genügend Zeit hatte, neue Kräfte zu sammeln, war dies ein wahrhaft gewagtes Unterfangen. Das erste der Schiffe erreichte den Durchgang im richtigen Augenblick und mit guter Geschwindigkeit in einem geeigneten Winkel. Wenige Augenblicke später fuhr es in Gewässern, die durch eine hohe Felswand vom offenen Ozean und dem Zugriff der stärksten Winde geschützt waren. Sofort endeten die Navigationsschwierigkeiten. Der nachfolgende Zweimaster manövrierte nicht weniger geschickt und auch beim Dritten sah für Lena zunächst alles prima aus. Da fuhr eine tückische Fallbö von der Seite in das wenige noch stehende Gut und trug das Boot seitwärts auf die eben noch Schutz verheißende Felswand zu. Es wäre wohl für alle Beobachter einfacher gewesen, wenn das, was sie hier zu sehen bekamen, schnell vorbei gewesen wäre. Später erinnerte sich Lena daran, wie quälend langsam die Reling des Gefährtes scheinbar auf die Klippen geschoben wurde und wie panisch die Seeleute an Deck versuchten, noch irgendetwas gegen ihr unausweichliches Schicksal zu unternehmen, wie vergeblich all dieses Herumgerenne und an den Leinen Gezerre blieb. Natürlich war die Langsamkeit, mit der sich das Verhängnis näherte, eine Sinnestäuschung, hervorgerufen durch die immer noch tosenden Wogen und die spritzende Gischt in unmittelbarer Nähe. Als schließlich Holz auf Fels prallte, wurde die ungeheure Wucht, mit der sich das Gefährt bewegt hatte, offenbar. Es schlug nicht einfach nur Leck, sondern wurde regelrecht von einem Augenblick auf den anderen in Splitter geschlagen.
Diejenigen, die mitten auf dem Schiff gewesen waren, hatten keine Chance. Einer Gruppe unter der Führung des ersten Maates gelang es tatsächlich, ein Rettungsboot zu Wasser zu lassen. Einen Moment lang hatte es den Anschein als könnten sie davonkommen. Gerade da baute sich eine neue Woge hinter dem Kahn auf und verschluckte ihn mit Mann und Maus.
Nur einer der Matrosen hatte überlebt. Ihm war das unmöglich Erscheinende gelungen. Er hatte sich im Augenblick des Aufpralls in die Felswand gekrallt und stieg, was ihn für alle anderen zum wahren
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