Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
Kämpfern zu ringen. Jedoch hatte der Unterführer dieses vermaledeiten Xernd ein wenig mehr Verstand und Überlebenswillen als sein Vorgesetzter und rief bald laut aus, er wolle verhandeln“, fuhr sie fort. „Genauso ist es auch gekommen. So hat man mir jedenfalls erzählt. Zu diesem Zeitpunkt hatte ich schon zu viel Blut verloren und mein Bewusstsein meinte irrtümlich, dem Strom von Lebenssaft folgen zu müssen. Offenbar hat man sich auf Abzug beider Seiten ohne weitere Feindseligkeiten geeinigt. Die Soldaten haben das Meiste wieder rausgerückt, was sie gestohlen hatten und alle durften ihre Toten und Verletzten bergen. Der Vize-Anführer aus Lianta Xintall soll ein richtiger Ehrenmann gewesen sein. Er hat keine krummen Touren mehr versucht und sogar die Sanitäter beider Seiten zusammenarbeiten lassen, um noch möglichst viel zu retten. Er soll gesagt haben: ´Wenn ich meinen vorgesetzten Offizier lebendig nach Hause bringe, habe ich wohl eine Chance, dass man mir meine Milde später vergibt.´“
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Verena zog mit Barwarin fortan ein weiteres Jahr durch die Wälder. Von Konflikten hielten sie sich fern. Verena freute sich ihres beschaulichen und doch stets abenteuerlichen Lebens mehr als jemals zuvor oder, soweit wir wissen, in späteren Tagen.
Die Küsten des Salzwassermeeres hatten sie weit hinter sich gelassen und waren so weit landeinwärts gewandert, dass ein kontinentales Klima vorherrschte. Jetzt, im tiefsten Winter, bedeutete das, dass die Lufttemperaturen bis auf rund 20°C abfallen konnten. Das milde Wetter war dazu angetan, es sich wohlergehen zu lassen und sich zu lieben. Nichts Weiteres taten sie. [57] Hier gab es weit und breit keine Zivilisation und auch keine nicht zivilisierten Völker.
Vielleicht scheint Ihnen ein solches Leben einsam und trostlos. Kein Fernseher, keine Freunde, keine anderen Menschen, ein Leben nur aus einer überreichen Natur, in einem ständig lebensgefährlichen Paradies. Doch Sie sind ja auch keine Waldläufer, für die von alledem nur das letzte Wort des vorangegangenen Satzes wirkliche Bedeutung hat und alles andere in den Hintergrund tritt.
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Sie lagerten auf einer der seltenen kleinen natürlichen Lichtungen. Hier und da sah Verena einen weiter vorragenden Ast, der angenehmen Halbschatten spendete. Ein kleiner Bach sprudelte fröhlich über nackten Fels. Barwarin und Verena saßen am Ufer, badeten ihre müden Füße in dem glasklaren, sauberen Wasser und genossen die Sonne und den kühlen Abendwind. Der Platz hatte so einen Zauber, dass sie auf die Hängematten verzichteten und sich ein gesichertes Lager auf dem Boden eingerichtet hatten.
Etwas Handtellergroßes fiel in diesem magischen Moment aus einem der weit überhängenden Äste herab, genau auf Barwarins Schulter. Schnell wie ein Lichtstrahl schlug Verena das Wesen zur Seite. Erst als das Ding auf dem Boden aufkam, sich aufrappelte und davon krabbelte, erkannte sie, worum es sich handelte: Einen Skorpion mit einer auffälligen roten Ringzeichnung, eines der giftigsten Tiere, die den Waldläufergilden in Jahrtausenden bekannt geworden waren. Verenas Blick fiel auf Barwarins Hals. Da! Ein winziger roter Punkt! Ein Blutstropfen!
Verena küsste Barwarin, ohne auch nur einen Ton zu sagen. Es war ein langer leidenschaftlicher Kuss. Doch schließlich hielten sie inne und standen sich stumm gegenüber, sahen sich nur in die Augen.
„Ich bin froh, dass es so endet“, sagte H´Barwarin mit einem Lächeln auf den Lippen. Dann starb er.
Große Expedition
Ich hoffe nur, Lena, Alf und Rolf geht es gut, dachte Katja. Die vergangenen Tage hatte sie sich wieder vermehrt Sorgen um ihre Freunde gemacht und sie fühlte sich auch einfach etwas einsam. Doktor Benthan war mit auf die neuerliche und bisher größte Fahrt der Cathjary-Flotte aufgebrochen. Helmut Pilcher wurde zunehmend alt und senil und seine Frau Emily lag mit einem Fieber im Bett. Katjas Gefährte Sven hatte zusätzlich zu seinen gewöhnlichen Obliegenheiten noch Teile der Aufgaben der Pilchers mit übernommen, und Katja bekam ihn selten zu sehen. Im Gegensatz zu ihren irdischen Freunden hatte sie zwar sehr viele Bekannte, Mitarbeiter und Geschäftspartner unter den Einheimischen aber (außer Benthan) keine persönlichen Vertrauten. Sie war geachtet und fast wie auf der Erde in Buchclubs und Vereinen engagiert, doch zu all den Leuten, die sie dabei traf, hatte sie eine klare Position in einiger Distanz eingenommen. Wenigstens habe ich
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