Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
Streithahn am Bein aus einer Prügelei zerrte und ordentlich schüttelte, genoss er das noch ungleich mehr als den echten Kampf.
„Ach, ihr wisst doch, dass wir es eilig haben“, wiegelte Lena ab. „Unsere Flotte ist viel zu groß für so etwas. Selbst wenn wir am Ende Erfolg haben, kostet uns der Zeitverlust ein kleines Vermögen. Es ist viel wichtiger, dass wir jetzt reibungslos an Lianta Xintall vorbeigekommen sind und den nächsten sicheren Hafen ansteuern können. Das wird euch vielleicht weniger Vergnügen bereiten, aber dafür ist es profitabler!“
„Vielleicht hast du in diesem Fall recht, dass es klüger ist weiter zu fahren“, räumte Alf ein. „Aber der Kampf gegen diesen Stadtstaat ist auf jeden Fall alles andere als ein Privatvergnügen. Denk nur an all die Gräueltaten, die die Herrscher dort ihrer eigenen Bevölkerung antun! Die vielen Flüchtlinge sprechen da für sich. Kleine Küstenorte in der Umgebung müssen sich unerträgliche Schutzgelder abpressen lassen oder werden überfallen. Dass sich nicht alle dafür entscheiden, stattdessen unseren lückenhaften Schutz zu kaufen, können wir ihnen nicht verübeln. Die ganze Region wird von diesen Verbrechern mit runtergezogen. Die Meere wären sicher ohne die Ambitionen der Machthaber dort. Würden die endlich verschwinden, könnten wir sogar Hilfe leisten und den Niedergang aufhalten. Die Stadt wäre bald wieder als Lianta C intall in aller Munde, wenn sie auch noch etwas gesundgeschrumpft werden müsste. Und die Verbrechen zur See sind nichts im Vergleich zu dem, was dieser berüchtigte ´Xern´ bei seinen Strafexpeditionen auf dem Land anrichtet!“
Alf hatte sich gründlich in Rage geredet und fuhr noch eine Weile in diesem Stil fort, nur gelegentlich unterbrochen von Rolf, der ein „Jo, Mann!“, „Echt, Ey“, oder „die Sauhunde, die!“, beisteuerte.
Lena kannte diese Ansichten und teilte sie alles in allem. Dennoch ging ihr Interesse an dieser Angelegenheit in eine andere Richtung. Allgemein nahm man an, dass sich der Niedergang der streitbaren Metropole in nächster Zukunft stark beschleunigen würde. Alle Kundschafter berichteten einmütig, dass die ökologischen Schäden in dem Ort und in seiner Umgebung immer katastrophalere Ausmaße annahmen. Trotz aller dagegen gerichteten Repressionen leerte sich dort manches Stadtviertel. Die dadurch fehlenden Arbeitskräfte wurden immer mehr durch kriegsgefangene Sklaven ersetzt, was aber eine Konsolidierung der Lage noch aussichtsloser machte. Ob es dort nun zu Volks- und Sklavenaufständen käme oder nicht: Die große Konzentration auf das Militär und die Raubzüge wären voraussichtlich nichtmehr lange in dieser Intensität aufrecht zu erhalten, so jedenfalls die vorherrschende Einschätzung. Wenn der Bremsklotz Lianta Xintall einmal fiele oder ineffektiv würde, wäre die Catjary, vorausgesetzt die gegenwärtige Mission war ein Erfolg, die größte Gewinnerin dabei.
Wenn die Catjary gewann, so auch viele Andere, die von ihr abhingen. Davon war Lena überzeugt. Vor allem Alfred und Rolf hatten sich mit großer Vehemenz in den Gesellschafterversammlungen für eine betriebliche Kinderbetreuung, einen firmeneigenen Renten- und Sozialfonds, sowie für eine immer umfangreichere Gesundheitsfürsorge für alle Mitarbeiter und so einiges mehr in dieser Richtung eingesetzt und sogar durchgesetzt, dass die Firma ein eigenes Programm zur Bekämpfung von Armut in allen Stadtstaaten in denen sie ansässig war, ins Leben rief. Nur in wenigen irdischen Gesellschaften wäre solch ein umfangreicher freiwilliger Verzicht auf Profite zum Nutzen der Allgemeinheit in einem Großkonzern, nichts anderes war die Catjary de facto mittlerweile, durchzusetzen gewesen. Doch in den meisten Gesellschaftsformen H´Veredys wurde großer Reichtum, der vorwiegend eigennützig verwendet wurde, nicht geduldet. Vielerorts stand er sogar unter Strafe, wie Lena in ihrer Ausbildung gelernt hatte.
Die Catjary hatte auf dieser Fahrt noch eine weitere Aufgabe. Um ihrer neuen Stellung Geltung zu verschaffen, wollte man in dem einst so verschlafenen Provinznest V´Llionias nun mehr wahrgenommen werden in der Welt. Daher hatte man die Catjary verpflichtet, überall wo sie ein Kontor errichtete auch eine Botschaft oder wenigstens ein Konsulat der Stadt einzurichten und auszustatten.
*
„Es sind nicht weniger als siebzehn fremde Schiffe hinter uns, Calfred!“, meldete der Ausguck. „Genaueres kann ich noch nicht
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