Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
Konzentration vernachlässigen. Es war Konstantin unmöglich, mit der vergleichsweise klobigen Axt vernünftige Gegenangriffe vorzubringen. Er war und blieb in der Defensive, hatte keine Wahl, als Schritt für Schritt auf dem Pfad zur Straße zurückzuweichen. Dabei war er immer wieder ein kleinwenig zu langsam. Schon hatte er oberflächliche Schnitte und Stiche an Oberarm, Stirn und rechtem Handrücken. Die Soldatin hatte bei alldem sogar noch Zeit und Gelegenheit, Konstantin ins Gesicht zu spucken und ihn mit Schimpfwörtern zu belegen. Das ist vollkommen aussichtslos, musste sich Konstantin eingestehen. Selbst wenn ich die Straße lebend erreiche, wird sich dort niemand in einen Kampf zwischen Sucher und Soldatin einmischen. Wahrscheinlich.
„Hilfe! Sucher in Bedrängnis!“, rief er dennoch.
Zumindest sollte das allen gleich deutlich machen, dass ich nicht einfach irgendein Schurke bin. Bei solchen Gelegenheiten wünschte man sich, dass die Gilde auffällige Uniformen anschaffen würde. Nicht, dass ich schon einmal in dieser Situation gewesen wäre. Ich werde auch keine Gelegenheit erhalten, erneut in solche Schwierigkeiten zu kommen, weil diese Furie mich nämlich vorher umbringt!
Ohne sich dieses Entschlusses zuvor überhaupt bewusst gewesen zu sein, schleuderte Konstantin seiner Gegnerin die Axt entgegen, drehte sich um und rannte um sein Leben. Er kam drei Schritte weit, bevor ihn ein heftiger Hieb in den Rücken traf. Das war es dann mit Kommissar Konstantin, dachte er aufgeräumt, schlug der Länge nach hin und rutschte noch ein Stück weit über den freiliegenden Felsboden.
Nein, liebe Leserin und lieber Leser, wir müssen uns nicht von Konstantin verabschieden. Vielleicht ist Ihnen ja noch bewusst, dass zu Konstantins Ausstattung als Sucher eine Lederrüstung mit eingenähten Stahlplatten gehörte. Wie es der Zufall wollte, trug er das schwere Stück an diesem Tage tatsächlich. Zu Konstantins gewaltigem Glück traf die Soldatin direkt auf eine Stahlplatte. Abgesehen von einem äußerst unangenehmen Bluterguss und den Schürfwunden, die Konstantin sich bei dem Sturz an Gesicht und Armen zugezogen hatte, blieb dieser Sturz für ihn folgenlos. Das wurde nun auch Konstantin klar. Zunächst war er darüber paradoxerweise nicht einmal erleichtert. Im Gegenteil: Nun, da der nahe Tod keine Gewissheit mehr war, geriet er erst in Panik. Seine Gegnerin konnte jederzeit nachsetzen und ihm den Rest geben. Er strampelte planlos herum, und rollte sich in dem Bestreben, seine Gegnerin wenigstens kommen zu sehen, auf den Rücken.
Doch sie kam nicht, sondern schlug sich vielmehr seitlich in die Büsche. Da erst nahm auch Konstantin die sich nähernden Fußschritte mehrerer Menschen wahr. Natürlich! Treffpunkt! Meine eigenen Leute! Scheiße, war das knapp, ging es ihm durch den Sinn.
Bevor alles vorbei war, gelang ihm nicht mehr, als sich aufzusetzen. Einige seiner Leute verbanden seine Wunden und führten ihn zu dem Pavillon, wobei ihm immer noch die Knie zitterten. Erst jetzt begann er, sich zu fragen, was hier überhaupt geschehen war und wie die Sache denn nun ausgegangen war. Gut, so scheint es. Caingu ist nicht einmal verletzt. Seine beiden Gegner haben sich wohl ergeben, als meine Verstärkung eintraf. Meine Güte! Es sieht aus als ….
„Gut gemacht, Kollegen! Es scheint so, als hätten die noch operierenden Verschwörer endlich einen Fehler gemacht und ihren Schergen einen direkten Angriff auf uns befohlen! Bringt mir die beiden gut verschnürt in die Suchergilde. Verhörraum drei und vier, wenn sie frei sind.“
*
„Es ist zum Ausrasten“, erklärte Konstantin Vaíl später.
Ausnahmsweise war er einmal früher nach Hause gekommen. „Ich war mir so sicher, mit diesen Angreifern die entscheidende Spur in die Hände gelegt bekommen zu haben. Und was stellt sich raus? Caingu hat einen ihrer Kumpane verhaftet, weil er seine Freundin zusammengeschlagen hat. Diese Idioten dachten der Kerl sei unschuldig und sie müssten ihn rächen!“
Vaíl nahm Konstantin liebevoll in den Arm und wiegte ihn, wie ein kleines Kind. Mein armer Schatz. Erst solche Angst in dem Kampf, dem er nicht gewachsen war, und dann noch so eine Enttäuschung. Ich könnte natürlich seinen eigentlichen Fall ohne weiteres Aufklären. Es ist eine Ironie des Schicksals, dass mich das den Kopf kosten würde und Konstantin nur noch mehr darunter zu leiden hätte.
„Na, na. Früher oder später bekommst du deine Antworten,
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