Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
gelogen ist. Egal.
„Ich hoffe, diese Menschen werden gut zu dir sein. Bis wir diese Stadt ganz eingenommen haben, wirst du die Freiheit bekommen, die du dir gewünscht hast. Leb wohl“, wandte er sich an die verdutzte Mira, wobei seine Stimme ein halbes Flüstern war. Dann brüllte er seine Unteroffiziere an: „Sofortiger Rückzug! Wir lassen alles stehen und liegen!“
*
Vilana war einen Moment fassungslos. Dieser rasche Rückzug des Schlächters Xernd war taktisch nichtmehr nötig gewesen. In dem Moment, in dem Constantin, der Anführer gestürzt war, verließ die Truppe schlagartig jeder Angriffswille.
Vilana erkannte sofort, dass Constantin bereits tot sein musste. Aus den sauber durchtrennten Schlagadern wurde kein Blut mehr gepumpt. Das Ende war schnell gekommen. Bleibt uns nur noch, seinem letzten Befehl zu gehorchen, dachte sie benommen. „Rolf! Nimm Constantins Leichnam mit. Ich gehorche seinem letzten Willen und schiebe diese H´Mira eigenhändig bis in die Altstadt. Die liegt am nächsten. Rasch! Rückzug in die Altstadt! Na los! Wollt ihr hier rumstehen, bis die Infanterie anrückt!“
Hilfe
„Ich habe euch alles erzählt, was ich von der Seite der Invasoren weiß! Wenn mich noch einer danach fragt, werfe ich ihm diese Tasse an den Kopf!“, schimpfte Mira ungehalten. „Ich habe Kopfschmerzen ….“
Kaum war das ausgesprochen sah Vilana Mira in Krämpfe ausbrechen. Zum Glück war C´Rolf ebenfalls zur Stelle. Rasch griff er zu und verhinderte, dass Miras Rollstuhl durch ihre heftigen Bewegungen wieder einmal umkippen konnte.
„Aus der Stadt, aus der Stadt!“, kreischte Mira wie von Sinnen. In ihrer Stimme schwang großer Schmerz mit.
„C´Rolf, bitte halt sie fest, bis ihr Anfall vorbei ist!“, wies Vilana ihren Verehrer an.
Ich sollte mich schämen, seine Zuneigung immer wieder auszunutzen. Aber würde es etwas bringen, ihn wegzustoßen?, dachte sie.
Dann verließ sie eilends den Pavillon. Den Anblick von Miras Anfällen kann ich nicht mehr ertragen!
Vilana war nicht unbedingt empfindlich. Aber bei Miras letztem Aussetzer hatte sie beobachten müssen, wie die junge Frau in ihrem Rollstuhl auf die steile Klippe zum Neustadttal zurollte. In ihrem zwanghaften Drang, den Dschungel zu erreichen, war sie unfähig, auf die Gefahr, die sie nach ihren späteren Berichten durchaus wahrgenommen hatte, angemessen zu reagieren.
Vilana wartete eine Achtelphase und kehrte zurück, um Mira, deren Anfall erwartungsgemäß vorbei war, zu trösten. Tatsächlich war die Frau immer noch außer sich, weinte hilflos an C´Rolfs Schulter und wurde erst allmählich wieder ansprechbar. C´Rolf hatte sie auf eine Bank gebettet und saß neben ihr.
„Ach Mira, ich wünschte, ich könnte etwas für dich tun. Uns ist jeder Weg in den Dschungel versperrt. Wir sind hier gefangen“, sagte Vilana resigniert und setzte sich dazu.
„Diesmal war es anders. Es war gar nicht mehr der Dschungel, in den es mich gezogen hat. Nur um jeden Preis auf dem kürzesten Weg aus der Stadt raus. Es gibt doch eine Treppe auf den Tafelberg, oder?“, schluchzte Mira.
„Die gibt es schon. Aber da oben ist fast nichts“, wandte Vilana ein. „Ich meine außer drei Kastellen an der Kante und dem Stichkanal, der die Neustadt mit Wasser versorgt. Die Landschaft ist karg und es gibt auch keinen anderen Weg zurück in die Ebenen auf dem man fliehen könnte.“
Mira rang die Hände, was für Vilana wegen der fehlenden Finger besonders erbarmungswürdig wirkte. „Bitte bringt mich dort hin! Ich weiß, dass mein Drang keinen Sinn ergibt. Vielleicht kann ich das Gefühl, gefangen zu sein nicht länger ertragen. Vielleicht hilft es mir auch über meine Besessenheitsanfälle weg, wenn ich direkt sehe, dass da überhaupt nichts ist, zu dem es sich lohnt, ohne Rücksicht auf Verluste vorzudringen. Bitte! Ich ertrage das nicht mehr!“
Vilana sah keinen Sinn darin, zu widersprechen. Schaden kann es nicht.
*
Miras Geist begann, sich zu klären. Auch Vilana und Rolf scheinen ruhiger geworden zu sein. Bestimmt hat schon seit einer halben Stunde niemand mehr einen Ton gesagt. Kein Wunder. Diese endlos weite, fast perfekt glatte und leblose Hochebene, diese Kühle, das hat was von Unendlichkeit …. Ob ich von meiner Besessenheit geheilt bin? Der krankhafte Drang ist jedenfalls im Moment weg.
Rolf schob Miras schweren Rollstuhl ohne auch nur leichte Anzeichen von Ermüdung zu zeigen weiter und weiter, obwohl das Felsplateau
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