Der Mond ist nicht allein (H´Veredy Chroniken) (German Edition)
mindergiftige Spinnen und einen tödlich giftigen Skorpion. Binnen Kurzem fielen sie auf den Pritschen in Schlaf, da der bisherige Tag anstrengend genug gewesen war.
„Wir sollten uns eilen, Venigaras Haus zu finden“, erklärte Konstantin, kaum dass sie erwacht waren. Das Gewitter war lange vorbei. „Ich habe ihr versprochen, dass wir heute Nachmittag vorbeikommen. Es wäre nicht besonders höflich, wenn wir sofort wieder fort müssten, um zu dem Treffen mit Selljin zu kommen.“
Die Straßen dampften regelrecht, da die Sonne den Niederschlag des letzten Gewitters gleich wieder verdunsten ließ. Konstantin und Cenimnir waren nicht richtig ausgeschlafen. So beschränkten sich Cenimnirs Erklärungen darauf, der Unterstadtpark, in dessen Nähe Senigaras Wohnsitz läge, gehöre der Stadt und sei vornehmlich ein Wirtschaftswald. „Die städtischen Einrichtungen brauchen brennbare Hölzer, Bauholz und spezielle Rohmaterialien. Die Grundversorgung an diesen Dingen stammt aus dem Unterstadtpark. Die Bewirtschaftung wird durch die Bürger gewährleistet, die damit einen Teil ihrer Steuern zahlen.“
„Caman - Gemeinsamkeit, Venigara!“, grüßten Konstantin und Cenimnir fröhlich ihre gemeinsame Bekannte. Sie waren durchnässt vom Gewitter, das sich, kaum dass sie wieder losgelaufen waren, zurückgemeldet hatte und verschwitzt von der Eile.
„Caman. Kommt herein, am besten erst mal hier links in den Empfangspavillon. Wartet einen Augenblick, ich werde euch rasch einen Begrüßungstrunk bereiten, meine Freunde!“, wurden sie von der Druckerin Venigara herzlich in Empfang genommen.
Der Begrüßungspavillion war viel größer als Konstantins. Es war deutlich zu sehen, dass er auch Teil eines erheblich weitläufigeren Grundstückes war. Eine ebenso geräumige Küche schloss sich ohne trennende Wände an den Pavillon an und in ihrer Rückwand stand die Tür zu einer großen Speisekammer offen. So konnten Konstantin und Cenimnir sich mit Venigara unterhalten, während sie einen Tee zubereitete. „Dieses Grundstück gehört seit vielen Generationen meiner Familie und diese Teemischung ist fast ebenso alt. Auch wenn die Familie derzeit nur aus mir besteht, halte ich daran fest. Meine Eltern würden sich im Grabe herumdrehen, wenn ich es nicht täte“, erklärte Venigara. Da sie schon ein Feuer in Gang hatte, brauchte sie nicht lange, um den Tee zu bereiten. Sie servierte die in allen Regenbogenfarben schimmernde Brühe in winzigen Tässchen. Der Grund war kein Geheimnis: „Besser rasch runter mit dem Zeug“, riet ihnen Venigara und ging mit gutem Beispiel voran, indem sie ihre Portion in einem Schluck leerte. Anschließend verzog sie fürchterlich das Gesicht.
Konstantin und Cenimnir machten die Erfahrung, dass das Gebräu nicht gerade eine kulinarische Kostbarkeit darstellte. Im ersten Moment schien es ungeheuer sauer und heiß. Dann setzten sich die Gerbstoffe durch und man hatte das Gefühl einen Wein zu trinken, der ausschließlich aus Ranken und Blättern gekeltert war. Wenn dieser Effekt abgeklungen war und man sich schon glücklich wähnte, die Sache hinter sich gebracht zu haben, überfiel einen eine höllische Schärfe. In dem Moment, in dem man meinte, sie nicht länger ertragen zu können, verschwand sie ebenso plötzlich wieder, wie sie aufgetaucht war. Schnaufend kam Cenimnir wieder zu Atem. „Unglaublich belebend!“, kommentierte er, während Konstantin noch mit seiner Beherrschung zu kämpfen hatte.
„Als ich noch ein junges Mädchen war, haben wir einmal ein richtig großes Fest gefeiert und ich war für die Begrüßung der Gäste zuständig. Die Leute sind nicht gleichzeitig, sondern im Abstand von etwa einem Achtel eingetroffen, sodass ich mit jedem einzeln den Begrüßungstrunk nehmen musste. Es war so viel los, dass meine Eltern nicht mitbekommen haben, wie ich damit in Probleme geriet. Nach der vierundzwanzigsten Tasse bin ich davongelaufen und hab´ mich den ganzen restlichen Tag heulend im Unterstadtpark versteckt. Aber ein einzelnes Tässchen ist wirklich keine schlechte Sache“, erzählte Venigara lachend, während sie Konstantins wechselndes Mienenspiel beobachtete.
Venigaras Räumlichkeiten waren nicht nur größer als Konstantins, auch in anderer Hinsicht ließen sie sich kaum mit seinen spartanisch ausgestatteten Zimmern vergleichen. Die breiten Massivholzsessel schienen im Ganzen aus riesigen Baumstämmen herausgeschnitten worden zu sein. Sie wiesen so filigranes
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