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Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)

Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition)

Titel: Der Mond ist nicht genug: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. Lee Martinez
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im wirbelnden grünen Strudel des Himmels verschwand. Die Ziegelwände schimmerten und verlagerten sich, als sie näher kam, wie eines dieser billigen 3D-Bilder, die nie ganz so funktionierten, wie es sich der Erfinder erhofft hatte.
    Der Wirbel grollte, und das Gebäude bebte, dehnte sich aus und zog sich wieder zusammen. Sie stieg die kurze Treppe zur Eingangstür hinauf. Die knarrenden alten Türen öffneten sich, ohne dass sie die Klinke berührte, und ein heißer Wind wehte über sie hinweg. Sie erkannte in dem Portal ein riesiges Maul. Eines von Tausenden, die überall im Kosmos verstreut waren – alle waren Teil einer einzigen, unfassbar riesigen Kreatur, die über mehrere Realitäten ausgedehnt hauste. Und all diese Menschen, Tiere und sogar Monster wie Vorm waren lediglich Atome, die zwischen ihren Zehen herumhuschten. Obwohl die Kreatur wahrscheinlich keine Zehen hatte. Oder wenn doch, dann konnte jeder dieser Zehen ein Universum zerquetschen. Bis auf den großen Zeh. Der konnte vermutlich mehrere gleichzeitig zerquetschen.
    Vorm ging hinein, und sie erwartete, dass das kleinere, alles verschlingende Monster von dem größeren verschlungen wurde. Aber das passierte nicht.
    »Kommst du?«, fragte er sie.
    Sie verdrängte die unmenschlichen Gedanken, biss die Zähne zusammen und folgte ihm. Die Andersartigkeit außerhalb des Gebäudes verschwand, sobald sie über die Schwelle schritt. Die Hitze kühlte sich zu einer leicht unangenehmen Wärme ab. Die Luft war ein bisschen feucht, aber damit konnte sie umgehen.
    Eine der Wohnungstüren öffnete sich, und West streckte den Kopf heraus. Er trug ein zusätzliches Paar Augen über den normalen. Und sein buschiger Bart wand sich ein bisschen. Nicht der Bart selbst, sondern das, was darunter war, was auch immer es sein mochte, das Wests Kinn darstellen sollte. Darüber wollte sie lieber nicht genauer nachdenken.
    »Noch am Leben, Nummer Fünf?«, fragte er, obwohl die Antwort offensichtlich hätte sein müssen.
    Sie nickte.
    »Du hast nicht zufällig Monopolygeld bei dir, oder, Nummer Fünf?«
    Sie schüttelte den Kopf.
    »Mist. Die Maulwurfsherren werden darüber nicht glücklich sein.«
    Er zog sich in seine Wohnung zurück und schloss ohne ein weiteres Wort die Tür.
    »Er ist ein komischer alter Kauz«, sagte Vorm, »aber er ist harmlos.«
    Angesichts der Quelle dieser Versicherung fand Diana das nicht sehr beruhigend.
    Zum ersten Mal bemerkte sie, dass alle Türen im Gebäude verschieden waren. Verschiedene Größen. Verschiedene Farben. Verschiedene Stile. Nichts in dem Gebäude passte zusammen. Die Auslegware schien aus tausend weggeworfenen Fetzen zusammenmontiert worden zu sein. Die Wände waren Ziegel, dann Holzverkleidung, dann Stuck, dann Pünktchentapete. Nichts war auf die konventionelle Art angeordnet. Der Flur wirkte schief. Die Treppenstufen waren abwärts gebogen; wenn man nach oben ging, hatte man den Eindruck, man ginge abwärts. Die Türen hingen in den merkwürdigsten Winkeln, allerdings nie in denselben. Und die Nummern der Apartments waren alle in verschiedenen Schriften. Das ganze Gebäude erschien wie ein hastig gebautes Modell, zusammengesetzt aus Stücken anderer Modelle. Und es stammte von einem Erbauer, der mit den traditionellen Designkonventionen nur vage vertraut zu sein schien.
    Nichts davon hatte sie vorher bemerkt. Oder sie hatte vorher nicht auf dieselbe Art hingesehen. Vielleicht war das alles ein Nebenprodukt ihrer neuen Wahrnehmung. So oder so – es machte sie fertig.
    Sie kamen an der grausigen Welpen-Bestie vor Apartment zwei vorbei. Die Tür ging einen Spalt auf, dabei erhaschte sie einen Blick auf eine schattenhafte Gestalt.
    »Hallo«, flüsterte die Gestalt.
    Der Welpe knurrte, und die Tür wurde zugeknallt.
    Das Apartment sah genauso aus, wie sie es verlassen hatte. Sie hatte erwartet, dass es so verzerrt sein würde wie der Rest ihres neuen Universums, aber alles war in Ordnung. Nur aus dem Couchtisch hatte jemand ein großes Stück herausgebissen.
    »Tut mir leid«, sagte Vorm. »Bin irgendwie schwer zu bremsen, wenn ich mal in Fahrt komme.«
    Er half ihr, den Kühlschrank wieder an die Wand zu schieben.
    Es klopfte.
    Er ging an die Tür, bevor sie ihn aufhalten konnte.
    Eine kleine blonde Frau in den Vierzigern und eine schwerfällige fledermausartige Kreatur im Pullunder betraten die Wohnung.
    »Glückwunsch.« Höflich umarmte sie Vorm. »Wir haben gerade von deiner vorzeitigen Entlassung gehört.«
    »Stacey,

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