Der Mondmann
abbiegen, der hin zum Haus führte, das zur Straße hin durch Laubbäume gedeckt war.
Es hätte ihm jetzt eigentlich gut gehen müssen. Marwood wunderte sich, dass dies nicht der Fall war, und das musste einfach mit seiner Frau Zusammenhängen.
War es eine Vorahnung?
Der Gedanke trieb ihm schon den Schweiß aus den Poren. Auch rann etwas Kaltes seinen Rücken hinab, und im Mund spürte er den pelzigen Geschmack. Schneller als gewöhnlich fuhr er. Das Licht der beiden hellen Augen streifte die Stämme der Bäume. Sie kamen ihm vor wie die Beine von Riesen, die sich nicht mehr bewegten.
Dann erfasste das Licht auch die vordere Front des kleinen Hauses.
Endlich!
Marwood atmete auf. Er fuhr nicht bis zur angebauten Garage, sondern bremste den Volvo vor dem Haus ab.
Als er ausstieg, sah er, dass im Haus Licht brannte. Zum einen in Melody’s Krankenzimmer, das nach vorn hin lag, und zum anderen im Flur, da fiel das Licht durch ein kleines Fenster neben der Haustür.
Dass es im Haus hell war, bereitete ihm keine Gedanken. Er wäre bei diesen Anfällen auch nicht im Dunkeln liegen geblieben. Das Licht im Zimmer hatte schon gebrannt, als er Melody verlassen hatte.
Abgeschlossen war die Haustür nicht. Er öffnete sie und stieß sie nach innen.
Den Fuß hatte er kaum über die Schwelle gesetzt, als er schon den Namen seiner Frau rief und sehr besorgt war, weil er keine Antwort erhielt.
Er drückte die Tür wieder zu und rief: »Melody?«
Wieder blieb es still.
Nein!, dachte er. Nein, nur das nicht. Sein Herz klopfte plötzlich wahnsinnig schnell. Jetzt fühlte er sich wie von einem Fieberschauer geschüttelt und traute sich kaum, auf das Zimmer zuzugehen, in dem seine Frau lag.
Er tat es doch.
Zwei Rufe brachte er noch fertig, obwohl beide mehr ein Krächzen waren. Die Tür zu Melody’s Raum war nicht geschlossen. Er stoppte noch mal kurz ab und wagte auch nicht, in das Zimmer zu schauen. Die wildesten Bilder und Vorstellungen schossen durch seinen Kopf. Er stellte sich vor, eine blasse Person starr im Bett liegen zu sehen, die nicht nur starr war, sondern auch nicht mehr atmete.
Nein, das nicht...
Casey öffnete die Tür.
Der freie Blick – und das leere Bett!
***
Im ersten Moment fühlte er sich erleichtert. Er schaute von der Türschwelle aus noch mal hin, um sich zu überzeugen, dass er keiner Täuschung erlegen war.
Das Bett war und blieb leer!
Mit den unsicheren Schritten eines Kleinkinds betrat er das nicht sehr große Zimmer.
Wo steckte Melody?
Im Zimmer drehte sich Casey Marwood um die eigene Achse. Er schaute überall hin, und bei der zweiten Umdrehung fiel ihm auf, dass etwas fehlte. Neben der Tür hatte der Bademantel seiner Frau gehangen. Jetzt hing er nicht mehr dort. Auch die Schuhe, die normalerweise vor dem Bett standen, waren verschwunden.
Für ihn war es zuerst ein Rätsel. Beim näheren Nachdenken erhielt er die Lösung.
Melody war aufgestanden, in ihre flachen Schuhe geschlüpft und hatte sich den Bademantel übergestreift, weil sie das Zimmer verlassen wollte.
Das war für ihn die einzige Lösung. Aber warum hatte sie sich dann auf sein Rufen hin nicht gemeldet?
Dieser Gedanke ließ böse Ahnungen in ihm hochsteigen. Die Furcht kehrte wieder zurück. In diesem Zimmer hatte Casey nichts mehr zu suchen. Er verließ es und ging mit leisen Schritten durch den Flur. Vor dem Spiegel stoppte er. Er war sich sicher, dass auch Melody hier angehalten hatte, um sich zu betrachten. Sie konnte nur schlecht an einem Spiegel Vorbeigehen.
Er schaute ebenfalls hinein.
Am nächsten Samstag wurde er 35. Wenn er sich jetzt so anschaute, wirkte er mindestens zehn Jahre älter. Die Angst stand ihm ins Gesicht geschrieben.
Im gesamten Haus war es still...
Die Stille wirkte bedrückend, und sie lag wie eine große Last über allem, was sich im Haus befand.
Nur Melody war nicht da.
Casey überlegte, was er tun sollte. Natürlich dachte er an die Polizei, die er alarmieren konnte, aber die Beamten würden sich kaum um den Fall kümmern. Eine Frau ist nicht zu Hause. Na und? So etwas kam unzählige Male vor, und er wusste jetzt, dass er damit nicht weiterkam.
An die erste und beste Möglichkeit dachte er erst jetzt. Das Haus besaß noch eine erste Etage. Dort lagen mehrere Räume. Sie schliefen da, das Bad hatten sie da oben ebenfalls ausgebaut und aus zwei Räumen einen gemacht. Es gab das Arbeitszimmer und einen Raum, in dem sie einen Teil der Ware lagerten, die erst später ins Geschäft
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