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Der müde Bulle

Der müde Bulle

Titel: Der müde Bulle Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Ehrenwort. Und ich bin auch nicht per Anhalter gefahren. Ich hab den Bus genommen. Sogar zurück nach Echo Park wollte ich wieder mit dem Bus fahren. Ich wollte nicht riskieren, daß mich die Bullen schnappen, während ich die Pillen mit mir rumschleppe.«
    »Wie lange nimmst du denn die Aufputschtabletten schon?«
    »Ungefähr drei Monate. Aber nur ein paarmal. Ein Freund von mir hat erzählt, man muß nur hier in die Stadt kommen. Hier könnte einem so ungefähr jeder zweite Typ, der hier rumhängt, was verkaufen. Ich weiß auch nicht, warum ich das eigentlich getan habe.«
    »Und wieviel schnüffelst du denn so im Schnitt?«
    »Ich bin kein Schnüffler. Davon wird man nur verrückt. Und Farbe habe ich schon gar nicht geschnüffelt – nie.«
    Und nun fing ich zum erstenmal an, mir diesen Jungen wirklich anzusehen. Normalerweise registriere ich immer nur das Notwendigste an den Leuten, die ich verhafte, aber nun überraschte ich mich selbst dabei, wie ich diesem Jungen meine ganze Aufmerksamkeit schenkte und genau aufpaßte, wann er mich möglicherweise anlog. Das ist auch etwas, das man keinem Richter erklären kann – daß man nämlich seinem Instinkt mehr trauen kann als jedem Lügendetektor. Und ich wußte, daß dieser Junge nicht log. Aber andrerseits hatte ich mich in letzter Zeit oft getäuscht.
    »Ich werde dich jetzt zwar verhaften, aber dann lasse ich dich von deiner Schwester abholen. Einverstanden?«
    »Sie wollen mich nicht vor Gericht bringen?«
    »Nein, oder hättest du das gern?«
    »Natürlich nicht. Ich hatte ganz schön Schiß, Sie würden mich einlochen. Danke. Vielen Dank. Ich halte das nicht aus, eingesperrt zu sein. Das wäre einfach zuviel für mich, mir ständig von jemandem sagen lassen zu müssen, was ich tun soll.«
    »Aber wenn ich dich je wieder erwischen sollte, wie du dir in der Stadt Pillen besorgst, dann weißt du ja, was dir blüht.«
    Der Junge holte tief Atem. »Ich werde das nie wieder tun – ich schwör's Ihnen. Höchstens, Sie tauchen mal in Echo Park auf.«
    »Dann paß mal lieber ein bißchen auf. Ich wohne nämlich in der Gegend.«
    »Tatsächlich? Ich habe überall in Echo Park und in Silver Lake Kunden. Wo wohnen Sie denn genau?«
    »In der Nähe von Bobby's Drive-in. Kennst du das? Da hängen alle die jungen Burschen immer rum.«
    »Und ob ich das kenne! Ich arbeite bei einem alten Mann, der einen Laster und die ganzen Geräte hat. Wieso lassen Sie uns nicht Ihren Garten machen? Wir machen alles – mähen, zusammenrechen, Unkraut jäten – für acht Dollar.«
    »Das klingt nicht schlecht. Und wieviel springt dabei für dich raus?«
    »Vier Dollar. Ich mache die ganze Arbeit. Der Alte hockt sich nur irgendwo in den Schatten und wartet, bis ich mit der Arbeit fertig bin. Ich brauche ihn allerdings, weil ihm der Laster und das ganze andere Zeug gehören.«
    Der Junge hatte meine Aufmerksamkeit völlig gefesselt, und so merkte ich erst jetzt, daß wir schon eine ganze Weile einfach nur so im Wagen saßen. Ich steckte mir die Zigarre zwischen die Zähne und drehte den Zündschlüssel herum. Der Motor sprang sofort an, und ich fuhr los. Aber ich mußte ständig über diesen Jungen nachdenken.
    »Was hast du denn für Hobbys? Spielst du Football oder irgendsoetwas?«
    »Nein, am liebsten schwimme ich. In meiner Klasse bin ich der beste Schwimmer, aber ich hab keine Lust, bei diesen Wettkämpfen mitzumachen.«
    »Wieso nicht?«
    »Ach, ich habe zu viel mit meinen Freundinnen zu tun. Sehen Sie mal.« Der Junge nahm seine Geldbörse heraus und zeigte mir ein paar Fotos. Ich warf einen kurzen Blick darauf, während ich in die Pico einbog. Drei kleine Gesichter auf Hochglanzpapier, die für mich alle gleich aussahen.
    »Recht hübsch«, meinte ich.
    »Verdammt hübsch«, korrigierte mich der Junge mit einem Zwinkern.
    »Du machst doch einen recht kräftigen Eindruck. Warum spielst du nicht Baseball? Das hat mir früher viel Spaß gemacht.«
    »Mir sind Sportarten lieber, bei denen ich auf niemanden sonst angewiesen bin.«
    »Hast du denn keine Freunde?«
    »Nein, ich hab's mehr mit den Mädchen.«
    »Aha, ich verstehe schon. Aber es ist nicht so einfach, sich ganz allein durchs Leben zu schlagen. Warum suchst du dir nicht ein paar gute Freunde?«
    »Ich brauche niemanden.«
    »In welche Klasse gehst du denn?«
    »In die achte. Ich bin vielleicht froh, wenn ich endlich aus dieser Scheißschule komme. Das ist ja wirklich das letzte.«
    »Aber wie willst du denn deinen

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