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Der Musentempel

Der Musentempel

Titel: Der Musentempel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
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Asien stammt«, wagte ich zu bemerken, »wird er vermutlich in einer der orientalischen Sprachen sprechen?«
    »Mein Herr und Gott ist jetzt in Alexandria zu Hause und wird deshalb meiner Überzeugung nach griechisch sprechen.«
    »Und was wird er verkünden?« fragte ich.
    Er zuckte die Schulter. »Wer kennt schon den Willen eines Gottes, bis dieser sich manifestiert? Ich bin nur sein Priester und Prophet. Zweifelsohne wird er verkünden, was ihm für seine menschlichen Zuhörer angemessen dünkt.« Typisch priesterliche Ausflüchte.
    »Ich sehe seiner Ankunft unter uns Menschen schon erwartungsvoll entgegen«, versicherte ich dem Scharlatan.
    »Ich werde die Botschaft benachrichtigen, wenn mein Herr und Gott mich wissen läßt, daß er bereit ist zu sprechen.«
    »Das wäre wirklich überaus zuvorkommend.«
    »Nun, Senator, sei so gut und folge mir. Ich bin sicher, daß du noch nicht viel von dem neuen Tempel gesehen hast.«
    Er ergriff meinen Arm und führte mich durch das gesamte Gebäude, wobei er mir erklärte, daß die Papyrus-Kapitelle der Säulen das Untere Ägypten und die Lotus-Kapitelle das Obere Ägypten versinnbildlichten. Da ich die Niltour bereits hinter mir hatte, war mir dies wohl bekannt, aber ich wollte den Mann in eine mitteilsame Stimmung bringen.
    Wir gingen durch den hinteren Teil des Tempels zu einem rückwärtigen Hof, wo ein veritables Gelage im Gange war.
    Riesige Kadaver drehten sich auf Spießen über glühenden Kohlen. Wie so viele andere fürsorgliche Götter verlangte BaalAhriman nur das Blut der Opfertiere, so daß das Fleisch für seine Anhänger übrigblieb.
    »Ich bitte dich herzlich, an unserem Fest teilzunehmen«, sagte Ataxas gastfreundlich. »Meine Berufung verbietet mir den Genuß von Fleisch, aber mein Herr und Gott wünscht, daß es seinen Gästen gutgeht.«
    Schwitzende Sklaven standen neben den Spießen und schwangen gebogene, schwertartige Messer. Während die Spieße sich langsam drehten, säbelten sie hauchdünne Scheiben des Fleisches ab und schichteten sie auf ein ägyptisches Fladenbrot. Hermes warf mir einen sehnsuchtsvollen Blick zu, und ich nickte. Er eilte davon, um eines der Brote zu holen, das er mir um seine tropfende Füllung gerollt reichte. Dann verschwand er erneut, um sich selbst eins zu holen. Ein Sklavenmädchen brachte ein Tablett mit Weinpokalen, von denen ich mir einen nahm. Sie war knapp im heiratsfähigen Alter und trug eine dieser anmutigen ägyptischen Sklavenausstattungen, die lediglich aus einem tief um die Hüfte geschlungenen Riemen bestand, von dem eine winzige Schürze aus Perlenschnüren herabhing. Dazu trug sie jede Menge Schmuck. Das war eine Mode, die in Rom einzuführen mir garantiert nie gelingen würde.
    »Hervorragender Wein«, bemerkte ich.
    »Ein Geschenk Ihrer Hoheit«, erklärte Ataxas.
    Das Frühstück lag lange zurück, und ich hatte es schon seit geraumer Zeit bedauert, Ptolemaios' freundliche Einladung abgelehnt zu haben, so daß das Brot mit dem Opferfleisch doppelt willkommen war.
    »Ich nehme an, du hast von dem Mord an Iphikrates von Chios gehört?«
    Er zögerte. »Ja, in der Tat. Eine äußerst beunruhigende Nachricht. Wer sollte ihn töten wollen?«
    »Tja, wer? Beim Empfang von Prinzessin Berenike neulich habe ich bemerkt, daß ihr beide euch unterhalten habt.
    Worüber?«
    Er fixierte mich mit einem scharfen Blick. »Warum fragst du?« »Der König hat mich beauftragt, den Mord zu untersuchen.
    Ich habe mich lediglich gefragt, ob Iphikrates vielleicht etwas gesagt hat, das auf einen möglichen Feind hindeutete.«
    Er entspannte sich wieder. »Ach so. Nein, wir hatten uns schon auf einer Reihe königlicher Empfänge getroffen, auf denen wir die relativen Verdienste unserer jeweiligen Berufung diskutiert haben. Er hatte als griechischer Philosoph und Mathematiker aus der archimedischen Schule wenig Achtung für alles Übernatürliche und Göttliche. Er war auch dafür bekannt, diese Ansicht laut zu äußern. Unser Gespräch war lediglich die Fortsetzung eines schon länger andauernden Disputs, den wir mit einander über dieses Thema führten. Ich fürchte, er hat nichts gesagt, was einen Rückschluß darauf zuließe, wer möglicherweise Grund gehabt haben könnte, ihn umzubringen.« Er senkte den Kopf und schien eine Weile angestrengt nachzudenken. »Er hat allerdings eine seltsame Bemerkung gemacht. Er sagte:>Manche glauben an die Macht der Götter, andere an Magie, doch wenn die orientalischen Könige Rom trotzen

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