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Der Nachbar

Titel: Der Nachbar Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Minette Walters
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bewenden. »Sie waren der ‘Em’ oder ‘Ed’, den sie von der Zelle aus anrief?«
    »Ja.«
    »Warum musste sie per R-Gespräch anrufen, wenn sie ein Handy hatte?«
    »Damals hatte sie es noch nicht.«
    »Hatte sie vorher schon mal bei Ihnen angerufen?«
    Er nickte. »Jeden Tag auf dem Heimweg von der Schule.«
    »Und als sie mit ihrer Mutter im Hotel lebte?«
    »Da war eine Zelle um die Ecke. Sie hat sich immer rausgeschlichen, wenn Laura schlief.«
    »Was änderte sich plötzlich?«
    »Es waren die Ferien. Sie weinte immerzu... sie hasste die Logans – die Art wie sie von ihnen tyrannisiert wurde... Sie hasste ihre Mutter, weil sie eine Verliererin war. Und sie hasste ihren Vater. Ich traf mich sooft wie möglich mit ihr, aber es wurde nur immer schlimmer.«
    »Es ist ein interessantes Zusammentreffen, finden Sie nicht auch?«
    »Was denn?«
    »Dass Sie genau zu der Zeit, wo der Vater Ihnen mitteilt, dass er vorhat, sein Geld zurückzuziehen, plötzlich ständig mit der Tochter zusammen sind. Wollen Sie behaupten, dass diese beiden Fakten nichts miteinander zu tun haben?«
    »Jedenfalls nicht von meiner Seite.« Er zuckte die Achseln. »Sie wollte nie von mir weg, Inspector. Sie braucht Liebe. Kinder sind nicht dumm. Sie wissen, was sie glücklich macht.«
    »Was haben Sie denn jeden Tag mit ihr unternommen?«
    »Wir sind aufs Land gefahren. Ans Meer. Was Väter eben mit ihren Töchtern unternehmen. Aber nicht jeden Tag. Drei oder vier Mal – nein, öfter.«
    »Wo hat sie die anderen Tage zugebracht?«
    Er lachte kurz. »Nirgends, soviel ich weiß. Ich meine, zu Hause. Sie hat mich mehrmals von ihrem Zimmer aus angerufen – sagte, die Logan-Kinder wären so dumm, dass sie sie ohne Mühe an der Nase herumführen könne. Soviel ich weiß, hat sie sich immer unter ihrem Bett versteckt und gelesen. Es machte ihr diebischen Spaß, sie glauben zu lassen, sie hätte eine Freundin, von der sie nichts wussten. Sie brauchte sich nur nach unten zu schleichen, während sie vor dem Fernseher saßen, und die Haustür zuzuschlagen... sie glaubten immer, sie wäre weg gewesen – besonders wenn sie so tat, als wäre sie sauer oder verschnupft.«
    Tyler erinnerte sich an Kimberleys Worte. ‘Ich wette, sie hat sich irgendwo in einem Loch verkrochen, um so zu tun, als ob sie Freunde hätte...’»Wann haben Sie ihr das Handy gekauft?«
    »Nach den Anrufen, die die Logan-Kinder mitbekommen hatten. Ich wollte nicht, dass sie Laura verrieten, was Amy tat. Und Amy sagte, sie würde sich umbringen, wenn sie mich nicht...« Seine Stimme wurde brüchig, und er schwieg.
    Tyler fand die Gefühle so falsch wie die Sonnenbräune. »Ich hoffe, Sie haben nicht vor, sich bei Gericht als der heilige Eddy aufzuspielen, der ein Kind vor dem Selbstmord errettete«, schnauzte er bissig. »Kindesentführung ist ein schweres Verbrechen, Mr Townsend.«
    »Ich weiß– aber was hätte ich denn tun sollen?«
    Tyler schnaubte verächtlich. »Ich kann mir nicht vorstellen, dass die Geschworenen sehr beeindruckt sein werden, wenn sie hören, dass Sie plötzlich nach Mallorca verschwunden sind, um sich mit einem Amy-Verschnitt zu vergnügen, obwohl das Kind sie um Hilfe anflehte.«
    »Ich hatte ja gar keine andere Wahl. Mir saßen die Gläubiger im Nacken. Ich wollte das John Finch während meiner Abwesenheit regeln lassen.«
    »Aber warum haben Sie Franny mitgenommen?«
    »Ich fand, sie wäre eine gute Alternative.«
    »Zu Amy?«
    »Ja – bis sie sich betrunken hat.« Er starrte zu seinen Händen hinunter. »Ich bin auf das alles weiß Gott nicht stolz, Inspector.«
    Tyler drehte den Kopf zum Fenster, um Townsend sein Gesicht nicht sehen zu lassen. »Warum haben Sie Laura nicht gesagt, dass ihre Tochter selbstmordgefährdet war?«
    »Sie hat Amy wegschafft, weil sie auf die enge Beziehung zwischen uns eifersüchtig war. Was glauben Sie wohl hätte sie getan, wenn ich sie angerufen und ihr gesagt hätte, Amy will sich das Leben nehmen, weil sie es ohne mich nicht aushält? Sie hätte alle Anrufe unterbunden und hätte den großen Nervenzusammenbruch bekommen, wenn sie beim Nachhausekommmen ihre Tochter vom Treppengeländer hätte baumeln sehen.« Butler sah, wie er eine Hand hob wie zur Beteuerung seiner Worte, und sie wieder senkte. »Sie sagte, sie würde es morgens tun, wenn Miss Piggy und Jabba noch schliefen, und sie hoffe, alle würden weinen, wenn sie tot wäre, weil bis jetzt immer nur sie allein um sich geweint hätte.«
    »Kinder erzählen oft

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