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Der Nachtwandler

Der Nachtwandler

Titel: Der Nachtwandler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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entlang zum Arbeitszimmer, wo er die angelehnte Tür mit dem Fuß aufstieß.
    »Wie ich schon sagte, gefällt mir das alles sehr gut. Aber wir müssen das noch im Detail durchsprechen. Du begleitest mich doch auf die Party, oder?«
    »Ja, klar«, antwortete Leon tonlos, ohne richtig zugehört zu haben. Sein Hochgefühl über Svens Zustimmung hatte sich mit der Sekunde verflüchtigt, da er sein Arbeitszimmer betreten hatte.
    Den Blick starr auf den leeren Schreibtisch gerichtet, sagte er leise: »Aber gib mir bitte noch ein wenig Zeit.«
    Was zum Teufel geht hier vor?
    Das maßstabgetreue Modell, an dem er die letzten Wochen Tag und Nacht gearbeitet hatte, stand nicht mehr an seinem Platz.

7.
    N atalie? Bitte ruf mich endlich zurück. Ich bin krank vor Sorge.«
    Mit dem Telefon am Ohr riss Leon eine Tür nach der anderen auf: Schlafzimmer, Diele, Küche, Ess- und Wohnzimmer. Ein flüchtiger Blick genügte. Für ein Objekt mit dem Volumen eines Reisekoffers gab es selbst in einer großen Altbauwohnung nur wenige Verstecke, und in keinem wurde Leon fündig. Das Modell blieb verschwunden.
    Leon konnte sich keinen Reim darauf machen. Die Pappstudie hatte auf dem Schreibtisch gestanden, dort und nirgendwo anders. Außerdem war sie viel zu unhandlich. Ihm hatte schon davor gegraut, das sperrige Ding alleine ins Büro tragen zu müssen. Wäre er damit im Schlaf gewandelt, hätte er keine Hand frei gehabt, um die Zimmertür hinter sich zu schließen.
    Aber sie war ja nur angelehnt, dachte er und beendete das einseitige Gespräch mit Natalies Mailbox. Wie bei den Versuchen zuvor war ihr Anrufbeantworter nach zehnmaligem Läuten angesprungen.
    Er ging ins Badezimmer und schob den Duschvorhang beiseite, doch natürlich konnte er das Modell des Krankenhauses hier ebenso wenig entdecken wie auf dem Balkon zum Hof oder auf der Ablage über der Garderobe. Er hatte sogar vor der Haustür nachgesehen. Mittlerweile zweifelte er so sehr an seinem Verstand, dass er alle Zimmer ein zweites Mal kontrollierte, angefangen mit Natalies Allerheiligstem: ihrer Dunkelkammer.
    Der fensterlose, geflieste Raum befand sich am äußersten Ende des T-förmigen Flurs und war ursprünglich als Gästetoilette gedacht gewesen; heute beherbergte er einen kleinen Labortisch samt Lüftungsanlage, mehrere Fixierwannen und einen verschließbaren Chemikalienschrank neben dem Waschbecken. Hinter der Tür hatte sich Natalie mit einem lichtundurchlässigen Theatervorhang eine Schleuse gebastelt, die Leon seit ihrem Einzug höchstens dreimal geöffnet hatte. Die Dunkelkammer war Natalies Reich, ein fremdes Land, für das er kein Einreisevisum hatte.
    Wie schon bei seinem ersten Kontrollgang fühlte er sich wie ein Eindringling und betrat die Kammer mit dem Gefühl, etwas Unrechtes zu tun.
    Er drückte auf den Schalter neben der Schleuse, und der Raum wurde von der Rotlampe in ein diffuses Licht getaucht.
    Irgendwo versteckt, damit man ihn nicht versehentlich benutzte, befand sich auch der Schalter für das herkömmliche Deckenlicht, aber Leon hatte weder die Lust, nach ihm zu suchen, noch bestand dafür eine Notwendigkeit.
    Hier gab es nichts Auffälliges zu sehen, außer einer verstörenden Schwarzweißfotografie, die Natalie an einer Wäscheleine befestigt hatte.
    Das Bild zeigte ihr eigenes Gesicht auf einem fremden Oberkörper; dem einer nackten, schwangeren Frau. Es war ganz offensichtlich eine Montage, allerdings eine sehr gute, denn man konnte keine Fehler im Übergang zwischen Hals und Brustbereich erkennen.
    Natalie musste diese Aufnahme für die Ausstellung angefertigt haben, die Anouka jetzt alleine vorbereitete.
    Sternenkinder.
    Leon sah sich etwas intensiver um als beim ersten Mal und entdeckte weitere Abzüge anderer, leicht veränderter Motive der Schwangeren, die in den Fixierbädern schwammen.
    Er trat einen Schritt näher.
    Da er nicht wusste, wie die Lüftung aktiviert werden konnte, war der Geruch des Entwicklers aus der Nähe nur schwer zu ertragen. Leons Augen tränten, und das morbide Bild, das unter dem Rotlicht wie in einem Blutbad schwebte, wurde mit jedem Blinzeln unschärfer.
    Das ist unmöglich.
    Leon wollte sich abwenden, aber die pornographische Grausamkeit der Aufnahme war von einer nahezu magnetischen Anziehungskraft. Er beugte sich nach vorne und spürte ein Gefühl im Magen wie in der Achterbahn, kurz bevor sich der Wagen zum ersten Mal in die Tiefe stürzt.
    Das darf nicht wahr sein.
    Dabei war es weniger das Bild, das ihn

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