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Der Nachtwandler

Der Nachtwandler

Titel: Der Nachtwandler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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wusste ich schon, bevor ich Ihnen die Schlafkamera auf den Kopf geschraubt habe.«
    »Ach ja, und wieso haben Sie es dann überhaupt getan?«
    »Weil ich damals nicht Ihre Somnambulie, sondern Ihre Psychose heilen wollte, Leon. Das ist es, was Ihren Fall so interessant machte: Sie hatten sich in die Vorstellung hineingesteigert, im Schlaf etwas Böses zu tun. Sie hatten solche Angst davor, dass Sie am Ende gar nicht mehr einschlafen wollten. Und diese Angst vor dem Einschlafen, auch Hypnophobie genannt, wollte ich Ihnen mit den Bändern nehmen. Aufnahmen, die letzten Endes ja bewiesen haben, dass Sie höchstens eine Gefahr für sich selbst darstellen, wenn Sie sich im Schlaf an einer Tischkante stoßen oder über eine Truhe stolpern. Wenn überhaupt, hätten Sie sich mit dem Messer selber verletzt.«
    Er musterte Leon, als suchte er in seinem Blick nach Anzeichen, zu ihm durchgedrungen zu sein. Dann seufzte er. »In meinen Ohren klingt das alles nach einer seelischen Belastungsprobe, die Sie gerade durchmachen. Und so wie damals, als alles wieder ins Lot kam, nachdem Sie von den richtigen Menschen aufgenommen wurden, wird es auch diesmal sein, sobald sich der Stress etwas gelegt hat.«
    Leon wollte etwas entgegnen, aber Volwarth duldete keine Widerrede.
    »Ich mache Ihnen einen Vorschlag: Vollenden Sie Ihre Arbeit für die Ausschreibung, geben Sie das Modell ab, gönnen Sie Ihrer Frau ein paar Tage Abstand, und wenn sich die Wogen etwas geglättet haben, kommen Sie in mein Labor, und wir verkabeln Sie wieder, um noch mal genauer nachzusehen, wenn Sie das beruhigt, okay?«
    Er zog einen Rezeptblock aus der Gesäßtasche seiner Lederhose und fragte, ob er einen Stift bekommen könnte. Leon wollte ihm seinen Füllfederhalter reichen, konnte ihn aber nicht finden, obwohl er sicher war, ihn zuletzt auf dem Telefontisch im Flur gesehen zu haben.
    »Kein Problem.« Volwarth zog einen Kuli aus seiner Jacke, kritzelte im Stehen ein paar unleserliche Worte, bevor er den obersten Zettel abriss und ihn Leon aushändigte.
    »Was ist das?«
    »Ein leichtes Barbiturat. Es wirkt auf pflanzlicher Basis und sorgt für einen traumlosen Schlaf. Die verschriebene Dosis sollte ausreichen, bis ich in zehn Tagen wieder im Lande bin.«
    »Nocturnalon?«, las Leon ab.
    Als der Psychiater gegangen war, fühlte Leon sich so müde, als hätte er die gesamte Packung auf einmal genommen.

6.
    T u es.«
    Der Sex war so wie immer. Wild, hemmungslos und von einer Intensität, die ihm peinlich sein würde, sobald er wieder klar denken konnte. Aber noch war der Orgasmus eine unbestimmte Vielzahl an Stößen, Bissen und Lustschreien entfernt. Noch machte es Leon Spaß, Natalie all die frivolen Beleidigungen ins Ohr zu flüstern, von denen er wusste, dass sie sie erregten.
    Miststück. Luder.
    Normalerweise beschränkte sie sich darauf, die Beschimpfungen zu wiederholen. Zustimmend, so als habe sie sie verdient.
    »Weil ich nicht brav gewesen bin.«
    Doch heute brachte sie ihn mit einer unerwarteten Forderung aus dem Takt.
    »Los, tu es endlich!«
    Leon packte nach ihrer Brust, drückte sie fester.
    »Nein, nicht so.«
    Er verlangsamte seine Bewegungen auf ihr.
    »Wie?«
    Sie griff nach seiner Hand, führte sie zu ihrem Gesicht.
    »Schlag mich«, keuchte sie unter ihm.
    Leon stützte sich mit beiden Händen neben ihrem Kopf ab und hielt verwirrt inne.
    »Tu es. Bitte.«
    Natalie packte seinen Hintern und zog ihn wieder tief in sich hinein.
    Schlagen?
    »Ich versteh nicht, wie …«
    »Was gibt’s denn da nicht zu verstehen?«, hörte er plötzlich eine Stimme. Er sah nach rechts und erschrak, als er seine Mutter auf dem Sessel neben dem Bett entdeckte. »Die geile Schlampe braucht es etwas härter.« Sie grinste lüstern. »Musst ja nicht gleich die Peitsche nehmen wie dein Vater. Eine Ohrfeige reicht fürs Erste.«
    Leon spürte, wie sein Penis in Natalie erschlaffte.
    Was geht hier vor?
    »Das wird sich klären. Das tut es in den meisten Fällen.«
    Die Worte kamen aus dem Mund seiner Frau, aber Natalie sprach auf einmal mit der knarzigen Stimme eines älteren Mannes. Es dauerte eine Weile, bis Leon den Polizisten wiedererkannte, den er gestern nach dem Abschied von Dr. Volwarth gesprochen hatte, als er auf der Wache anrief, um eine Vermisstenanzeige aufzugeben.
    »Bei Erwachsenen beginnen wir grundsätzlich erst nach vierzehn Tagen mit den Nachforschungen.«
    Auch Leons Mutter klang auf einmal wie der Kriminalbeamte, als sie sagte: »Warten Sie

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