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Der Nachtwandler

Der Nachtwandler

Titel: Der Nachtwandler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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doch einfach ab und hauen der Nutte schön in die Fresse, wenn sie sich wieder blicken lässt.«
    »Nein!«, wollte Leon aufschreien, brachte aber keinen Laut hervor.
    Er versuchte, sich von Natalie zu lösen, doch je mehr er sich bemühte, desto schwächer wurde er. Natalie griff seine Hand, drückte die Finger zu einer Faust zusammen. Er wollte sie herauswinden, schaffte es aber nicht, als wären seine Gelenke in einer unverrückbaren Parkposition eingerastet. Leon spürte, wie ihn Natalie, begleitet von den Anfeuerungsrufen seiner Mutter, am Handgelenk packte. Dann lächelte sie und öffnete den Mund, in dem sich etwas Lebendiges bewegte.
    Morphet!
    Die Fühler der Kakerlake zuckten zwischen ihren Lippen hervor wie die Zunge einer Schlange. Und in dem Moment rammte sich Natalie seine Faust ins Gesicht.
    Es knirschte, als träte Leon eine morsche Tür ein. Gleichzeitig hörte er einen dumpfen Widerhall.
    »Treffer«, lachte Natalie und spuckte einen Teil ihres Schneidezahns aus. Dabei kroch Morphet aus ihrer Mundhöhle und lief über die Wange direkt auf ihr Auge zu.
    »Um Gottes willen«, schrie Leon stumm und konnte nicht verhindern, dass es erneut passierte. Wieder musste er es machtlos geschehen lassen, dass Natalie seine Faust missbrauchte, um sich selbst zu schlagen. Diesmal auf ihr geöffnetes Auge, auf dem die Kakerlake Platz genommen hatte und kurz davorstand, ihre Kieferzangen in die Pupille zu bohren.
    »Schlag mich. Ich hab’s verdient.«
    Natalie verstärkte die Wucht des Schlages, indem sie kurz vor dem Aufprall mit dem Kopf nach vorne schnellte. Es knallte wie ein zerplatzender Luftballon, als Leons Faust ihr den Augapfel zerquetschte.
    Und mit dem Geräusch einer Explosion im Kopf, die einen hellen, klingelnden Nachhall besaß, schreckte Leon hoch.

    Blind tastete er nach dem schnurlosen Telefon auf seinem Nachttisch und wunderte sich, weshalb es nicht in der Ladestation im Flur stand, wo er es üblicherweise vor dem Zubettgehen plazierte, damit der alte Knochen über Nacht aufladen konnte. Ein Teil seines Bewusstseins war noch im Traum verfangen, der andere Teil registrierte die bekannte Nummer auf dem vibrierenden Display.
    »Wo zum Teufel steckst du?«, keifte Sven. »Wir wollten doch noch mal die Präsentation durchgehen!«
    Sein bester Freund war unsagbar wütend, das war an den winzigen Pausen zu erkennen, die er zwischen die Worte streute.
    In seiner Jugend hatte Sven sehr viel stärker gestottert, und Leon war so ziemlich der Einzige in seiner Klasse gewesen, der ihn deswegen nicht gehänselt hatte. Ihre tiefe, freundschaftliche Verbundenheit, die weit über ein reines Arbeitsverhältnis hinausging, ruhte vor allem auf einem Fundament an Respekt, der selbst im zarten Alter von vierzehn Jahren schon sehr ausgeprägt gewesen war. Leon akzeptierte Svens Sprachfehler, und Sven sah in ihm nicht das exotische Waisenkind wie viele andere seiner Klassenkameraden. Bis heute glaubte Sven, es Leons Freundschaft und seinem dadurch gestärkten Selbstbewusstsein zu verdanken, endlich das Stottern überwunden zu haben, so dass sein Sprachfehler nur noch Eingeweihten auffiel, und das auch nur, wenn er sehr aufgeregt war. Leon war sich allerdings sicher, dass es vielmehr an dem ausgezeichneten Logopäden lag, dessen Übungen Sven auch heute noch beherzigte.
    »Ich, ich … oh Mist.« Leon sah auf seinen Wecker auf dem Nachttisch, doch das alte Ding musste stehengeblieben sein, denn es zeigte vier Uhr, und Sven würde ihn niemals mitten in der Nacht anrufen.
    »Verdammt.«
    »Ja, verdammt noch mal. Ich warte seit einer Stunde im Büro auf dich. Wo bleibst du?«
    »Sorry, ich hab verschlafen.«
    »Verschlafen?«, fragte Sven perplex. »Wir wollten die Änderungsvorschläge durchgehen. Jetzt ist es kurz nach sechzehn Uhr!«
    »Waaas?«
    Das war unmöglich. Leon war gestern wegen drückender Kopfschmerzen, die ihm das Weiterarbeiten unmöglich gemacht hatten, sehr früh ins Bett gegangen, allerdings ohne die von Volwarth verordneten Schlaftabletten genommen zu haben. Er hatte noch nicht einmal das Haus verlassen, um das Rezept einzulösen, und konnte unmöglich so lange geschlafen haben. Die Schmerzen waren nun abgeklungen, aber er fühlte sich noch immer dumpf und benommen.
    »Ich glaube, ich hab mir was eingefangen«, murmelte er in den Hörer.
    »Werd mir bloß nicht krank, Leon. Mach jetzt nicht auf der Zielgeraden schlapp.«
    »Nein, keine Sorge. Das Modell wird fertig.«
    »Mann, die Sache mit Natalie

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