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Der Nachtwandler

Der Nachtwandler

Titel: Der Nachtwandler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sebastian Fitzek
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abgeholt hatte. Seitdem hatte er nichts mehr von ihm gehört.
    »Ja. Zurück in dein Arbeitszimmer«, beharrte Sven. »Ich hab es auf deinem Schreibtisch plaziert.«
    »Wenn das ein Witz sein soll, ist er nicht lustig.«
    Leon stellte die Milch zurück, und dabei entdeckte er, dass die Innenfläche seiner rechten Hand mit Tinte verschmiert war.
    Laptop?
    Er glotzte seine Hand an, als wäre sie ein nicht zu seinem Körper gehörender Fremdkörper.
    Wann hab ich mir das Wort »Laptop« auf die Haut gekritzelt? Und weshalb?
    Seine Verwirrung wuchs, als er bemerkte, dass er auch seine linke Hand als Notizblock missbraucht hatte.
    07.05.
    Er konnte sich keinen Grund der Welt vorstellen, weshalb er sich diese Zahlen notiert haben sollte, denn für dieses Datum benötigte er weiß Gott keine Gedächtnisstütze. Es war der Tag des Autounfalls, an dem er seine leiblichen Eltern verloren hatte.
    »Sieh doch nach, wenn du mir nicht glaubst«, forderte Sven.
    »Wonach?«, fragte Leon, immer noch geistesabwesend.
    »Nach dem Modell.«
    Leon nickte gedankenverloren. »Ja, mach ich.«
    Er verließ die Küche, und eine dunkle Vorahnung stieg in ihm auf, die zur schrecklichen Gewissheit wurde, als er sein Arbeitszimmer betrat.
    Es hat wieder angefangen.
    Der Beweis stand vor ihm. Mitten auf dem Schreibtisch. Das Modell, an dem er die letzten Tage gearbeitet hatte, war wieder da, versehen mit einigen Post-its, auf denen Sven Änderungswünsche notiert hatte.
    »Alles in Ordnung?«, hörte er seinen Partner fragen, was er bejahte, obwohl nichts mehr in Ordnung war.
    »Und du hast es mir gestern gebracht?«, fragte er matt.
    »Ja.«
    Leon trat an den Schreibtisch und berührte mit dem Zeigefinger das Dach von der Notaufnahme der Klinik.
    »Und ich war da? Du hast mit mir gesprochen?«
    »Mehr oder weniger. Du warst wie weggetreten und hast wirr dahergeredet.«
    Svens Stottern wurde immer auffälliger. Er hatte mehr als doppelt so lange wie normal gebraucht, um diesen Satz zu artikulieren, was Leon nur recht war. Sein Gehirn arbeitete auch nur noch mit angezogener Handbremse, und je langsamer Sven sprach, desto mehr Zeit hatte er, um zu begreifen, was hier vor sich ging.
    Leon schloss die Augen. »Tut mir echt leid, ich kann gerade nicht bis drei zählen, fürchte ich.«
    »Gestern kamst du nicht mal bis zwei. Du warst ein völlig anderer Mensch, Leon.«
    Ich weiß. Das bin ich immer, wenn ich im Schlaf wandele.
    »Nimm es mir nicht übel, aber als dein bester Freund muss ich dich das fragen.«
    »Was?«
    »Nimmst du Drogen?«
    Leon schüttelte den Kopf. »Nein, das ist es nicht.«
    Es ist viel schlimmer.
    Sven schien ihm nicht zu glauben und hakte nach. »Mein Bruder war mal auf LSD. Immer wenn er high war, hatte er auch so einen abwesenden, leeren Gesichtsausdruck und hat genauso paranoid dahergeredet wie du gestern.«
    »Das mag sein, aber ich schwöre dir, ich fasse so etwas nicht an.«
    Meine dunkle Seite ist eine andere.
    »Dann ist es wirklich nur, weil Natalie verschwunden ist?«
    »Moment mal. Wer sagt, dass sie verschwunden ist.«
    »Du«, rief Sven überraschend laut in den Hörer.
    Leon schnaubte. »So ein Quatsch. Sie hat sich nur eine Auszeit genommen, ich hab dir doch von ihrer Karte erzählt.«
    … ich brauche etwas Abstand … um mir klarzuwerden, wie es mit uns weitergehen soll …
    »Deswegen rufe ich doch an, Leon. Weil ich nicht mehr weiß, was ich glauben soll. Erst erzählst du mir, Natalie hätte dich im Streit verlassen. Du wärest morgens aufgewacht, und sie sei nicht mehr da gewesen.«
    »Genau. Du hast mir doch vorgeschlagen, abzuwarten und mich mit Arbeit abzulenken.«
    »Und ich dachte, das tust du. Dann rufst du mich auf der Party an und erzählst mir von den Verletzungen, die du ihr zugefügt haben willst. Und gestern flippst du völlig aus, erzählst mir, du hättest sie in ein Labyrinth hinter deinem Schrank gesperrt.«
    »Waaas?« Leon lachte ungläubig. »Jetzt sollte ich besser dich fragen, ob du Drogen nimmst.«
    Er verließ das Arbeitszimmer, um sich noch etwas zum Anziehen zu holen. Die Wohnung war über Nacht ausgekühlt, und er fröstelte.
    »Das ist nicht lustig, Leon, und ehrlich gesagt, weiß ich nicht, was ich besorgniserregender finde. Wie du dich gestern aufgeführt hast oder die Tatsache, dass du dich daran nicht mehr erinnern willst.«
    »Es geht nicht ums Wollen … «, korrigierte er Sven auf seinem Weg ins Schlafzimmer und kam nicht mehr dazu, den Satz zu beenden, weil ihm ein

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