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Der Nachtzirkus

Der Nachtzirkus

Titel: Der Nachtzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Morgenstern
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Täuschung noch ein Zaubertrick«, sagt Marco.
    Baileys Stirn legt sich in Falten, doch dann nickt er. Laut Poppet ist nichts unmöglich, und so langsam muss er ihr recht geben.
    »Ich trete nicht so unmittelbar mit meiner Umgebung in Verbindung«, fährt Marco fort. »Aus meiner Perspektive erscheinen mir du und alles hier gleichermaßen unwirklich. Vielleicht können wir das ein andermal ausführlicher besprechen. Komm mit mir.« Er dreht sich um und geht langsam ans andere Ende des Zelts.
    Bailey folgt ihm auf einem gewundenen Pfad um die Tiere herum. Er muss aufpassen, wohin er tritt, Marco dagegen gleitet sehr viel müheloser vor ihm her.
    Als Bailey einem liegenden Eisbären aus dem Weg gehen will, verliert er das Gleichgewicht und stößt mit der Schulter an einen in der Luft hängenden Raben. Der Vogel fällt zu Boden, seine Flügel sind verbogen und gebrochen.
    Bevor Bailey etwas sagen kann, hebt Marco den Raben auf. Er schiebt die gebrochenen Flügel beiseite und greift ins Innere, dreht an etwas. Es klickt, der Rabe bewegt den Kopf und stößt ein scharfes, metallisches Krächzen aus.
    »Wie schaffen Sie das?«, fragt Bailey.
    »Ich bin noch dabei herauszufinden, wie man mit realen Dingen umgeht«, sagt Marco, streicht die Flügel des Raben glatt und lässt ihn auf seinem Arm entlanghumpeln. Der Vogel schlägt mit seinen Papierfedern, kann aber nicht fliegen. »Vermutlich hat es damit zu tun, dass ich sie gemacht habe. Offenbar sind die Elemente des Zirkus, an deren Schaffung ich beteiligt war, greifbarer.«
    Bei einem gewaltigen Haufen Papierschuppen mit einem geringelten Schwanz, der einmal ein Drache gewesen sein könnte, hüpft der Rabe von Marcos Arm.
    »Die Tiere sind unglaublich«, sagt Bailey.
    »Sie bestehen aus Papier und einem Uhrwerk, umhüllt von ziemlich simplen Zaubertricks. Mit etwas Übung könntest du das auch.«
    Bailey ist noch nie in den Sinn gekommen, dass auch er so etwas vollbringen könnte, aber nachdem ihm das jetzt so schlicht und direkt gesagt wurde, scheint es ihm seltsamerweise machbar.
    »Wohin gehen wir?«, fragt Bailey, als sie das Zelt umrunden.
    »Jemand würde gern mit dir reden«, sagt Marco. »Sie wartet am Wunschbaum, der wirkte noch am stabilsten.«
    »Ich glaube nicht, dass ich den Wunschbaum schon gesehen habe«, sagt Bailey und achtet auf jeden seiner Schritte.
    »Es ist kein Zelt, auf das man zufällig stößt«, sagt Marco. »Man findet es, wenn man es braucht. Es ist eins meiner liebsten Zelte. Du nimmst dir eine Kerze aus der Schachtel am Eingang und zündest sie an einer an, die am Baum schon brennt. Dein Wunsch wird am Wunsch eines anderen entfacht.« Sie sind bei der Zeltwand angelangt, und Marco zeigt auf eine Öffnung im Stoff, eine kaum sichtbare Reihe von Bändern, die Bailey an den Eingang zu Widgets Zelt mit den merkwürdigen Flaschen erinnert.
    »Wenn du hier hinausgehst, siehst du gegenüber den Eingang zum Akrobatenzelt. Ich bin dicht hinter dir, auch wenn du mich vielleicht nicht siehst, bis wir wieder im Inneren sind. Sei … sei vorsichtig.«
    Bailey öffnet die Schleifen, schlüpft mühelos hinaus und findet sich auf einem gewundenen Durchgang zwischen den Zelten wieder. Der Himmel ist grau, aber hell – trotz des beginnenden leichten Regens.
    Das Akrobatenzelt ist das höchste in der Umgebung, und das Schild mit der Aufschrift DER SCHWERKRAFT TROTZEN schaukelt nur wenige Schritte entfernt über dem Eingang.
    Bailey ist schon mehrmals in diesem Zelt gewesen, er kennt die freie Fläche, über der die Akrobaten hoch oben hängen.
    Doch hinter der Tür erwartet ihn nicht der vertraute freie Raum.
    Er platzt in eine Party. Eine Feier, die mitten in der Bewegung erstarrt ist, in der Schwebe wie die Papiervögel in der Luft.
    Überall im Zelt sind Artisten in strahlendes Licht von runden Lampen getaucht, die hoch oben zwischen den Seilen und Stühlen und runden Käfigen hängen. Manche stehen in Gruppen oder paarweise, andere sitzen auf Kissen und Kisten und Stühlen, die der vorwiegend schwarzweißen Menge bunte Farbtupfer hinzufügen.
    Und alle Gestalten sind vollkommen still. So reglos, dass sie nicht einmal zu atmen scheinen. Wie Statuen.
    Eine in der Nähe von Bailey hat eine Flöte an den Lippen, das Instrument in den Fingern ist stumm.
    Eine andere schenkt aus einer Flasche Wein ein, die Flüssigkeit schwebt über dem Glas.
    »Wir hätten außen herumgehen sollen«, sagt Marco, der wie ein Schatten an seiner Seite erscheint. »Ich habe sie

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