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Der Nachtzirkus

Der Nachtzirkus

Titel: Der Nachtzirkus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erin Morgenstern
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schon seit Stunden im Auge, und sie sind immer noch genauso verstörend wie am Anfang.«
    »Was fehlt ihnen denn?«, fragt Bailey.
    »Nichts, soweit ich weiß«, antwortet Marco. »Der gesamte Zirkus ist in der Schwebe, damit uns mehr Zeit bleibt, deshalb …« Er hebt eine Hand und schwenkt sie über die Gäste.
    »Tsukiko gehört auch zum Zirkus, und sie ist nicht so«, sagt Bailey verwirrt.
    »Ich glaube, sie spielt nach ihren eigenen Regeln«, sagt Marco. »Hier entlang«, fügt er hinzu und mischt sich unter die Menge.
    Den Partygästen auszuweichen ist schwieriger als das Umgehen der Papiertiere. Bei jedem Schritt lässt Bailey äußerste Vorsicht walten, aus Angst vor den möglichen Folgen, wenn er versehentlich gegen jemanden stößt wie vorhin, als der Rabe herunterfiel.
    »Wir sind fast da«, sagt Marco, als sie sich um eine lose Gruppe von Menschen in einem offenen Kreis schlängeln.
    Aber Bailey bleibt stehen und starrt die Gestalt gegenüber der Gruppe an.
    Widget trägt sein Vorstellungskostüm, nur die Flickenjacke ist beiseitegelegt, und die Weste hängt offen über dem schwarzen Hemd. Seine Hände vollführen in der Luft eine vertraute Geste, aus der Bailey schließt, dass er mitten in einer Geschichte unterbrochen wurde.
    Poppet steht neben ihm, den Blick zum Platz gerichtet, als hätte sie in dem Moment, da die Feier zum Stillstand kam, etwas von ihrem Bruder abgelenkt. Ihr Haar schwebt in roten Wellen hinter ihr her – als würde sie im Wasser treiben.
    Bailey geht um sie herum, mustert sie und greift vorsichtig nach ihrem Haar. Es kräuselt sich unter seinen Fingern und wogt ein wenig, dann verfällt es wieder in seinen starren Zustand.
    »Kann sie mich sehen?«, fragt Bailey. Poppets Augen sind zwar reglos, aber hell. Es kommt ihm vor, als müsste sie jeden Moment blinzeln, doch das tut sie nicht.
    »Ich weiß nicht«, antwortet Marco. »Vielleicht, aber –«
    Bevor er den Gedanken zu Ende führen kann, reißen die Bänder eines über ihnen hängenden Stuhls, der nach unten saust und beinahe auf Widget landet, bevor er auf den Boden knallt und in Stücke zersplittert.
    »Verdammte Scheiße«, sagt Marco, als Bailey zurückspringt und fast mit Poppet zusammenstößt, deren Haar erneut Wellen schlägt. »Dort durch«, sagt Marco und zeigt auf die ein Stück entfernte Zeltseite. Dann verschwindet er.
    Bailey dreht sich zu Poppet und Widget um. Poppets Haar ist wieder starr. Auf Widgets Stiefeln liegen Bruchstücke des herabgestürzten Stuhls.
    Bailey geht vorsichtig um die unbeweglichen Figuren herum zum Zeltrand. Unterwegs schaut er nervös nach oben zu den anderen Stühlen und runden Eisenkäfigen, die an ausgefransten Bändern hängen.
    Mit zitternden Fingern öffnet er die Bänder in der Zeltplane. Sobald er hindurchtritt, fühlt er sich wie in einem Traum.
    Im Inneren des benachbarten Zelts steht ein gewaltiger Baum, so groß wie seine alte Eiche. Die kahlen schwarzen Äste sind mit tropfenden weißen Kerzen bedeckt, durchscheinende Wachsschichten bedecken die Rinde.
    Obwohl nur ein Bruchteil der Kerzen brennt, ist der Anblick prachtvoll, denn sie erhellen die dunklen knorrigen Äste und werfen tanzende Schatten auf die gestreiften Wände.
    Unter dem Baum steht Marco. Er hat die Arme um eine Frau geschlungen, in der Bailey sofort die Zauberkünstlerin erkennt.
    Sie wirkt genauso durchscheinend wie Marco, und ihr Kleid sieht im Kerzenlicht wie Nebel aus.
    »Hallo Bailey«, sagt sie, als er näher tritt. Ihre Stimme hallt leise wider, so nah, als stünde sie neben ihm und flüsterte ihm ins Ohr. »Dein Schal gefällt mir«, fügt sie hinzu, als er nicht sofort antwortet. Ihre Worte klingen warm und irgendwie tröstlich. »Ich bin Celia. Ich glaube, wir sind einander noch nie richtig vorgestellt worden.«
    »Freut mich«, sagt Bailey.
    Celia lächelt, und Bailey staunt, wie anders sie jetzt wirkt als während ihrer Vorstellung, ganz abgesehen von der Tatsache, dass er durch sie hindurch die dunklen Äste sieht.
    »Woher wussten Sie, dass ich hierherkomme?«, fragt er.
    »Poppet hat dich im Zusammenhang mit den vorherigen Ereignissen erwähnt, deshalb hatte ich gehofft, dass du irgendwann kommst.«
    Bei der Erwähnung von Poppets Namen blickt Bailey über die Schulter zur Zeltwand. Die in der Schwebe gehaltene Gesellschaft kommt ihm plötzlich viel weiter entfernt vor.
    »Wir brauchen deine Hilfe«, fährt Celia fort, als er sich wieder zu ihr dreht. »Du musst den Zirkus

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