Der Naechste bitte!
Kommentare und alles andere, was als ein Zeichen für Individualität gewertet werden könnte, trieben sie uns ebenfalls aus. Als unsere Persönlichkeiten gebrochen schienen und wir paranoiden Arbeitsmaschinen ähnelten, entließen sie uns mit der Ermahnung, stets ein Lächeln auf den Lippen zu tragen, in die große, weite Welt der Fluggastbeförderung.
»Herzlichen Glückwunsch, Süße«, begrüßte Clay mich mit seinem vorgetäuschten Südstaatenakzent und tat, als wäre er eine betagte Dame aus Staten Island, womit er mich immer zum Lachen brachte, auch wenn seine Darbietung nicht sonderlich gelungen war. »Du siehst großartig aus«, sagte er, hielt mir die Tür auf und schlüpfte in sein dunkelblaues Jackett.
»Vier Uhr morgens und keine Tränensäcke«, antwortete ich und deutete voller Stolz auf mein Gesicht. »Wie du siehst, hat es sich ausgezahlt, dass ich gestern Abend das brave Mädchen gemimt habe und nicht mit euch um die Häuser gezogen bin.«
»Dafür hast du echt was verpasst.« Er schüttelte seine perfekt zerzausten Haare samt blonden Strähnchen und zog die Tür hinter sich ins Schloss. »Wir waren in der Hotelbar. Als es ans Bezahlen ging, hat der Erste Offizier doch allen Ernstes nachgerechnet, wie viele Chickenwings jeder gegessen hat und ausgerechnet, was jeder zahlen muss.«
»Du willst mich wohl auf den Arm nehmen.« Ich lief neben ihm her und musste lachen.
»Nein, das stimmt. Seine Armbanduhr hat einen eingebauten Taschenrechner. Ich musste insgesamt acht Dollar und achtzehn Cent zahlen, das Glas Wein inklusive.«
»Mit oder ohne Trinkgeld?«
»Du glaubst doch nicht wirklich, dass der Typ Trinkgeld gibt?« Clay sah mich mit hochgezogener Augenbraue an. »Ich habe gewartet, bis er endlich weg war, und es dann nachgeholt. Fliegst du eigentlich auch nach Newark?«, wollte er wissen und trat hinter mir in den Aufzug.
»Nein«, sagte ich, drückte den Knopf, auf dem ein L für Lobby prangte, und sah zu, wie sich die Türen schlossen.
»Klingt gut, ich habe der Dispo nämlich gesagt, sie sollen mich auf denselben Flug wie dich buchen.«
»Die glauben bestimmt, wir können nicht ohne den anderen.« Dieses Mal hob ich eine Augenbraue.
»Es ist noch viel zu früh für wichtige Entscheidungen. Außerdem weiß ich, dass du für uns beide denken kannst. Sieh’s mal so, wir können uns nachher das Taxi in die Stadt teilen.« Er grinste.
»Einverstanden, aber dieses Mal keine Zwischenstopps.« Ich warf ihm einen strengen Blick zu. Clay war bekannt dafür, dass er gerne Besorgungen macht, wenn er vom Flughafen nach Hause fuhr, wobei sich Letzteres häufiger änderte. Mal schlief er hier, mal dort. »Kein Geldautomat, kein Starbucks, keine Weinhandlung, keine Videothek – und vor allem keine Schwulenbars«, sagte ich und gab meinen Schlüssel an der Rezeption ab. »Vor mir liegt ein ultrawichtiger Abend. Da ich früher als geplant zu Hause sein werde, möchte ich in aller Ruhe ein Schaumbad nehmen und mir die Nägel lackieren.«
»Heute Abend ist es also endlich so weit?«, fragte er, während er dem Busfahrer in der Lobby unsere Trolleys übergab.
»Definitiv«, antwortete ich und setzte trotz des nervösen Ziehens in meinem Magen mein überschwenglichstes Lächeln auf.
»Wirst du ja sagen?«, erkundigte er sich und sah mich mit prüfend an.
»Wahrscheinlich.« Ich nickte, mied seinen Blick und biss mir auf die Unterlippe.
»Wahrscheinlich?« Erneut zog Clay seine penibel gezupften Augenbrauen in die Höhe.
»Nun ja, das wäre doch die logische Konsequenz unserer Beziehung, meinst du nicht auch?«, antwortete ich. Mit einem Mal war ich mir nicht mehr ganz sicher, wen ich damit überzeugen wollte. »Wir wohnen zusammen, er behandelt mich gut – ein stinknormaler Mann eben …« Ich zuckte mit den Schultern, als mir die Argumente ausgingen. Es gab bestimmt noch mehr gute Gründe, Michael zu heiraten, oder?
»Perfekt. Wo liegt dann das Problem?«, erkundigte Clay sich und sah mir in die Augen.
»Ich glaube … ich weiß nicht. Ich glaube, ich habe mir das alles irgendwie aufregender vorgestellt.« Ich zuckte die Achseln.
»Hailey, er ist Pilot, da darfst du nicht viel Hokuspokus erwarten.«
»Er ist nicht wie seine Kollegen!«, hob ich hervor. »Er lebt in Manhattan und nicht im Steuerparadies Florida. Er trägt keine gestärkten Jeans und keine weißen Sneakers. Außerdem lädt er mich heute Abend ins Babbo ein, weil ich Geburtstag habe, und wird ein sehr großzügiges Trinkgeld
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