Der Naechste bitte!
springen lassen, dafür lege ich meine Hand ins Feuer. Vielen Dank auch.« Ich drehte mich um und kletterte schnell in den Kleinbus.
»Einverstanden, er ist ein metrosexueller Pilot.« Clay zuckte lässig mit den Schultern. »Aber vergiss nicht, dass du dir wesentlich sicherer wärst, wenn du einen Blick in die Tiffany-Schatulle geworfen hättest, als du die Chance dazu hattest.«
2
Den gesamten Rückflug verbrachte ich damit, im Geiste eine Liste mit Argumenten zusammenzustellen, die für eine Heirat mit Michael sprachen. Ich hatte sie nur deshalb nicht zu Papier gebracht, weil ich fünfeinhalb Stunden lang so tat, als schliefe ich, damit ich mich nicht mit den beiden stinkenden Widerlingen unterhalten musste, zwischen denen ich eingekeilt war.
In der Tu’s-einfach-Spalte tummelten sich jene bodenständigen und rationalen Gründe, die ich Clay bereits aufgezählt hatte, während in der Mach-dass-du-wegkommst-Spalte vor allem Adjektive standen. Wieder und wieder ging ich die Liste durch, spulte sie vor meinem inneren Auge ab, und kam schließlich zu der Überzeugung, dass es absurd war, eine so grundlegende Entscheidung auf der Basis von Eigenschaftswörtern zu treffen.
Nachdem ich die erste Hälfte meines Erwachsenenlebens damit verbracht hatte, ziellos umherzuirren und durch die Weltgeschichte zu reisen, war es nicht weiter verwunderlich, dass ich von Zweifeln zerfressen war, hatte ich doch einen ganzen Berg nie zu Ende gebrachter Projekte zurückgelassen. Da wären das College, meine vielen Beziehungen und der Roman, mit dem ich vor sieben Jahren begonnen hatte, um nur einige zu nennen. Verdammt, es gelang mir ja nicht einmal, ein und dieselbe Haarfarbe länger als sechs Monate zu behalten, bevor mich der Wunsch nach etwas Neuem packte. Das Einzige, das ich je bis zum bitteren Ende durchgestanden hatte, war die Ausbildung zur Flugbegleiterin, wenngleich ich das vor allem Clays Beharrlichkeit zu verdanken hatte.
Das war auch die Erklärung für das seltsame Gefühl, das von meiner Magengrube Besitz ergriff. Es hatte nichts, aber auch rein gar nichts mit Michael zu tun. Sondern nur mit … mir.
Jetzt arbeitete ich also schon seit sechs geschlagenen Jahren (meine persönliche Bestzeit) für Atlas Airlines, ganz zu schweigen davon, dass ich seit vier Jahren mit Michael zusammen war (ein riesiger Durchbruch!). Zugegeben, wir beide waren so viel unterwegs, dass wir – wenn man die gemeinsamen Tage addierte – vermutlich kaum mehr als ein halbes Jahr miteinander verbracht hatten. Aber selbst das wäre ein bahnbrechender Rekord für mich, ganz zu schweigen von meinem anstrengenden Nebenjob als Brautjungfer. Wie viele Male hatte ich in einem abscheulichen pastellfarbenen Kleid am Ufer gestanden, während eine Freundin nach der anderen in den Hafen der Ehe eingelaufen war (übrigens ohne vorherige Panikattacken). Die Ringe, die ihre jeweiligen Liebsten ihnen angesteckt hatten, schienen sie zu beflügeln, mir unaufgefordert gutgemeinte Ratschläge zu erteilen. Die Tatsache, dass ich der dreißig gefährlich nahe kam und noch immer nicht unter der Haube war, legten sie offenbar als Zeichen dafür aus, dass ich dringend auf ihr Wissen und ihre Erfahrungen als Ehefrauen angewiesen war.
Endlich war auch ich an der Reihe.
Hatten sie mir in den letzten sechs Jahren nicht oft genug gesagt, dass die Maschine nicht ewig wartete? Dass ich bei etwaiger Unpünktlichkeit einfach ersetzt würde? Allmählich kam es mir so vor, dass sich dies auch auf das echte Leben übertragen ließ. Zugegeben, Michael mochte nicht der spannendste oder originellste Mensch sein und brachte mich eher selten zum Lachen. Nichtsdestotrotz war er eine gute Partie. Er war zuverlässig, verdiente nicht schlecht und behandelte mich anständig. Es dämmerte mir, dass ich durchaus Gefahr lief, mutterseelenallein auf der Startbahn zu stehen, wenn ich auf einen Besseren wartete.
Beim Landeanflug beschloss ich, ein überraschtes und verzücktes Gesicht aufzusetzen, wenn er mir die blaue Schatulle hinhielt, und mit einem »Ja, ich will« zu antworten, in dem so viel Begeisterung mitschwang, wie ich nur aufzubringen vermochte.
Sobald die Maschine aufgesetzt hatte, wühlte ich in meinem Handgepäck nach meinem Handy und hinterließ eine Nachricht auf Michaels Mailbox. »Hi, Schatz«, flüsterte ich, weil ich es hasste, wenn andere mir beim Telefonieren zuhörten. »Gute Neuigkeiten! Meine Flüge sind gestrichen worden. Ich komme also früher nach
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