Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)
erfolgte schweigend, indem wir Jane zunickten, als sie mit ihren sorgsam zurechtgelegten Geschichten
zu Ende war und den Schreck über Johns Abgang überwunden hatte. Sie veränderte sich augenblicklich. Ihre Anspannung wich. Wahrscheinlich hätte sie mit
allen Mitteln um Gordons Anerkennung gekämpft. Es erleichterte sie ungeheuer, dass ein solcher Kampf, der vielleicht die Liga gespalten hätte, vermieden
wurde. Triumph blitzte in ihren Augen auf. Vermutlich fühlte sie wirklich etwas wie das Wirken einer höheren Macht in diesem Augenblick, in dem sie
glaubte, ihre Fantasien von geheimen Zeremonien an Orten der Kraft hätten uns von Gordon Blakes Berufung überzeugt.
Mit zynischem Grinsen brachte Ted sie auf den Boden der Wirklichkeit zurück: „Jane, jetzt müssen wir nur noch dafür sorgen, dass auch die Atmas deinen
neuen Mahaguru kaufen. Das Seminar ist in vier Wochen. Wir haben nicht viel Zeit.“
Jane schaute Ted entgeistert an und errötete, doch sie zog es vor, zu schweigen und knapp zu nicken. Auch Gordon Blake schwieg. Ihm schien die
Angelegenheit peinlich.
Wir sagten alle anstehenden Treffen mit Liga-Führern ab. Der Tod Jasons wurde in pathetischen Texten den erschütterten Atmas mitgeteilt. Eine Flut von
Briefen traf im Hauptquartier ein, darunter viele blumig ausgeschmückte Berichte von Visionen, in denen Jason im Kreis der uralten Adepten in die
Welten der Wahrheit
aufgestiegen war, sich persönlich in seinem Lichtkörper bei Atmas verabschiedet hatte und so manches mehr, was das Wuchern
entsprechender Legenden förderte und Jason mehr als bisher den Nimbus eines Messias verlieh. Natürlich trafen auch Briefe von Atmas ein, die sich in
solchen Visionen selbst als Nachfolger Jasons gesehen hatten und nun anfragten, wann sie im Hauptquartier erwartet würden. Die Frage der Nachfolge war das
am meisten diskutierte Thema in den Liga-Zentren der Welt. Wir hielten Gordon Blakes Ernennung bis zum Seminar geheim. Es schien uns sicherer, den neuen
Mahaguru in der emotional angeschürten Atmosphäre eines Hauptseminars zu präsentieren als durch Rundschreiben und Presseartikel. Die Atmas mussten im Sturm
genommen werden. Es durfte keine Diskussion, keine Zweifel, kein Hinterfragen geben. Es bereitete keine Schwierigkeit, die Masse der Atmas durch
ausgedehnte Hju-Gesänge, vorbereitende Reden und eine feierliche Zeremonie in eine Stimmung zu versetzen, in der sie jeden beliebigen als Mahaguru
angenommen hätten. Ungleich schwieriger war es, den Liga-Pionieren einen Meister zu verkaufen, dessen Namen nur wenige kannten und der nicht zu den Atmas
der ersten Stunde gehörte, unter denen nicht wenige selbst Ambitionen auf die Position des Mahaguru hegten. Niemand wusste, wie die Macht von einem
Mahaguru formell auf den nächsten überging. Jason war einfach da gewesen, hatte sich als Meister bezeichnet und Anhänger um sich geschart. Er hatte nie
darüber gesprochen, wie ein Wechsel in der Meisterschaft vor sich ging.
Die Neugier auf den neuen Mahaguru lockte mehr Atmas als jemals zuvor zum Hauptseminar. Die Spannung stieg mit jedem Augenblick. Einer handverlesenen Schar
von Liga-Pionieren wurde Gordon Blake bereits am Abend vor seiner öffentlichen Inthronisation präsentiert. Wir hatten Leute ausgewählt, die als besonders
ergeben galten und gewährten ihnen allein durch die Tatsache, dass sie zu dem Kreis der Erlauchten zugelassen waren, ein Privileg, das sie in Entzücken
versetzte. Jane sprach über Jasons Tod und verbreitete die offizielle Version des bewussten Transzendierens eines großen spirituellen Meisters im Kreis
seiner engsten Schüler. Schließlich berichtete Jane von ihrer Vision. Sie hatte die uralten Adepten in ihrer geheimen Einweihungskammer gesehen. Sie hätten
Howard willkommen geheißen und ihm gratuliert zu seiner vollendeten Aufgabe.
Jane sprach mit erhobener Stimme, wie von höherer Kraft beseelt. „Howard trug das Szepter des Hju, das Symbol des Mahaguru, und reichte es zurück an seinen
Lehrer Avatar Yortam, von dem er es vor Jahren empfangen hatte. Howard richtete seine Rede an die uralten Adepten: ‚Hat der Rat der Neun seine Wahl
getroffen? Hat er den geprüft, den ich als meinen Nachfolger ausbildete und der sich aus der Schar der Kandidaten als der Würdigste erwies?‘ Da nickte
Avatar Yortam und wies auf einen Mann, der nun vor die Adepten trat. Große Freude erfüllte Howards Gesicht, denn der Rat der neun Höchsten hatte seinen
Kandidaten für
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