Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)
rauschendem Beifall begrüßt. Liga-Pioniere, die tags zuvor dem neuen Mahaguru
vorgestellt worden waren, berichteten nun ihrerseits von Visionen und inneren Erfahrungen, in denen sie Gordon im Licht des Hju gesehen hatten, umgeben von
den uralten Adepten, das strahlende Szepter des Hju in Händen. Solche Geschichten überzeugten die meisten Atmas restlos, zumindest für diesen Abend, der
durch lange Hju-Gesänge und emotional aufgeladene Vorträge eingeleitet worden war. Einige aber blieben skeptisch, darunter eine Reihe von Liga-Pionieren,
die Jason näher gekannt hatten und die am Vorabend nicht eingeladen gewesen waren. Sie konfrontierten Gordon in einem Treffen der höheren Eingeweihten, das
unmittelbar nach dem Hauptvortrag in einem Nebensaal stattfand, mit unangenehmen Fragen über die subtileren Aspekte der Liga-Philosophie, die den neuen
Mahaguru in Verlegenheit brachten. Jane musste auf offener Bühne einspringen, um Gordon aus der Patsche zu helfen. Im Saal kam es zu hitzigen
Wortgefechten. Jerry Grant, der Lirep von Südkalifornien, durch seine suggestiven Vorträge und Schulungen bei den Atmas überall im Land bekannt und
beliebt, war verärgert, dass er am Abend vorher nicht zum Kreis der Auserwählten gehört hatte. Mit dröhnender Stimme verschaffte er sich Gehör. Er
behauptete, die Wahl Gordons sei Betrug und abgekartetes Spiel machtbesessener Liga-Funktionäre. Die Liga sei endgültig ins Fahrwasser weltlicher
Gewinnsucht geraten. Ich hatte von Strömungen in den Reihen der Atmas gehört, die eine „Spiritualisierung“ der Liga forderten, eine Abkehr von den
wachstumsorientierten Geschäftspraktiken der letzten Jahre, eine Besinnung auf die Wurzeln einer wahrhaft religiösen Gemeinschaft, doch ich hatte diesen
Gedanken, die sich auf höchst vorsichtige, umschreibende Weise in Briefen wohlmeinender Atmas und Liga-Pioniere niederschlugen, nie Bedeutung beigemessen.
Jerry bekam spontanen Beifall von einigen Liga-Pionieren, wurde zugleich aber von anderen empört niedergeschrien. Es kam zu einem Tumult, den weder Jane
noch Gordon beenden konnten. Wir brachen die Sitzung ab und verließen fluchtartig den Saal.
Der Vorfall führte zur ersten ernsten Krise in der Liga. Jerry verkündete anderntags, er selbst habe die Macht des Mahaguru übertragen bekommen. Howard
Jason sei ihm im Kreis der uralten Adepten erschienen, habe ihn zu seinem Nachfolger bestimmt und Maßnahmen für eine radikale Spiritualisierung der Liga
angeordnet. Nicht wenige Atmas und Liga-Pioniere, die mit gewissen Tendenzen in der Organisation nicht einverstanden waren, schlugen sich auf seine Seite.
Im Lauf der folgenden Woche traten drei weitere Liga-Pioniere hervor, die sich als legitime, von den uralten Adepten in geheimen Zeremonien ernannte
Nachfolger Jasons bezeichneten und vielleicht gab es sogar noch mehr, deren Bemühungen, die Liga an sich zu reißen, aber nicht einmal bis zum Hauptquartier
vordrangen. Die Liga drohte in mehrere rivalisierende Gruppierungen auseinanderzubrechen. Die drei lokalen Mahagurus, die nur wenige Sympathisanten im
eigenen Freundeskreis fanden, stellten keine ernst zu nehmende Gefahr dar. Sie riefen sich zu Mahagurus aus und gründeten unbedeutende Organisationen, die
sich bald wieder auflösten. Solche Abspaltungen unzufriedener Atmas waren auch zu Jasons Zeiten ab und zu vorgekommen. Jerry Grant hingegen war eine echte
Bedrohung. Er war von Jason zu Vorträgen, Schulungen und Seminaren überall in den USA und nach Europa gesandt worden, wo er als Repräsentant des Meisters
aufgetreten war. Lange schon war spekuliert worden, Jerry befinde sich in Ausbildung für das Amt des Mahaguru. Jerry war ein brillanter Sprecher und
Schulungsleiter, der Tausende von Atmas auf mitreißende Weise durch Musterbrecher-Trainings und Weisheitskurse geführt hatte. Er versprach seinen
Anhängern, er werde der Liga ihre wahre spirituelle Bestimmung zurückgeben, er werde das Werk Jasons, das von profitgierigen Managern verdreht worden sei,
im Sinne der uralten Adepten weiterführen. Er gewann rasch Gefolgsleute. Selbst Atmas, die Gordon Blake beim Seminar zugejubelt hatten, überlegten es sich
und liefen zu Jerry über, der kurz nach dem Hauptseminar der Liga ein eigenes, bestens besuchtes Seminar in Los Angeles abhielt. Seine Beziehungen reichten
bis ins Hauptquartier. Wir mussten mehrere Leute entlassen, die interne Akten und Adresslisten an Jerry weitergegeben hatten. Zugleich schöpften
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