Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)
aus, „denn nur der Rat der neun höchsten Adepten erwählt den Mahaguru…“
„Ich bin sicher, dass der höchste Rat seine Wahl bereits getroffen hat, denn es befinden sich zu allen Zeiten einige verdiente Atmas im geheimen Training
für die Nachfolge des Mahaguru. Ebenso sicher bin ich, dass Avatar Yortam das bevorstehende spirituelle Neujahr zum Zeitpunkt für den Wechsel des Mahaguru
bestimmt hat, denn ein weiteres Jahr unter Gordon würde der Liga irreparablen Schaden zufügen.“
Panetta nickte und leckte seine Lippen. Ted schweifte vom Thema ab. Er führte ausgedehnte philosophische Gründe für die Fehlbarkeit des unfehlbaren
Mahaguru Gordon an, erklärte, dass er Gordon nach wie vor von Herzen liebe und als großen spirituellen Meister achte, dass seine Ablösung nichts zu tun
habe mit mangelnden spirituellen Fähigkeiten. Er sei nur ausgezehrt von dieser gigantischen Aufgabe, das Karma der ganzen Welt zu tragen und in diesem
schwachen fleischlichen Körper als Repräsentant höchsten erleuchteten Bewusstseins zu dienen. Die Macht des Hju brenne ihre Instrumente schonungslos aus.
Ted improvisierte bereits die offiziellen Erklärungen, mit denen man später den überraschenden Wechsel des Mahaguru den Atmas begreiflich machte.
Panetta stimmte allem zu. Nach langwierigen Exkursionen in die wirren Spekulationen höherer Liga-Philosophie kam Ted auf den Kern der Sache zurück.
„Ich bin sicher, dass die uralten Adepten ihre Entscheidung getroffen haben und sie in Träumen und Meditationserfahrungen den Atmas der oberen Kreise
übermitteln. Natürlich weiß auch Gordon Bescheid.“
Jetzt wurde Panetta klar, dass er das Fell des Bären verkaufen wollte, bevor der Bär erlegt war. Niemand wusste besser als er, wie sehr Gordon an seiner
Macht als Mahaguru hing, wie sehr er es genoss, von unzähligen Menschen auf der ganzen Welt als Inkarnation des Hju verehrt zu werden.
„Du hast es treffend ausgedrückt,“ sagte Panetta nach einer Weile. „Gordon ist ausgebrannt von seiner übermenschlichen Aufgabe. Es ist ein gnadenloser Job.
Niemand sollte den Mahaguru beneiden.“
„Weißt du, was die spirituelle Erfahrung war, die mich am meisten erleichtert hat?“, fragte Ted. Panetta schüttelte neugierig den Kopf. „Als mir Avatar
Yortam in einem Traum sagte, dass es in diesem Leben nicht meine Aufgabe sei, als Mahaguru zu dienen.“
Wieder zuckte Panetta. Diesmal schien hinter seiner Maske etwas wie Genugtuung aufzuleuchten. Mit Sicherheit hatte er in Ted einen Konkurrenten vermutet,
der nach der höchsten Macht in der Liga strebte. Als auch ich auf ähnlich diplomatische Weise meinen Verzicht auf das Amt des Mahaguru kundtat, wuchs
Panettas Respekt vor uns zu Liebe. Wir stellten auf dem Weg zu seinem ehrgeizigen Ziel kein unüberwindbares Hindernis mehr dar.
„Der höchste Rat wird den richtigen bestimmen,“ murmelte er, um sich vor einer persönlichen Festlegung zu drücken.
Ted überhörte es. „Nein, niemand sollte den Mann beneiden, den die uralten Adepten für diesen Knochenjob auswählen. Man sieht, wie rasch ein Mahaguru
ausbrennt.“
„Nun, es hat Mahagurus gegeben, die ihr Amt für Jahrzehnte und sogar Jahrhunderte ausübten,“ sagte Panetta. Es klang, als wolle er schon jetzt, bevor er
überhaupt Mahaguru war, einer möglichen Ablösung vorbeugen.
„Das stimmt, doch je größer die Liga wird, desto schwieriger wird die Aufgabe des Mahaguru. Dafür aber gibt es mehr potenzielle Nachfolger.“
Panetta wagte nicht zu erwidern. Nachdem wir uns selbst aus dem Rennen um den Titel des Mahaguru genommen hatten, sah Panetta in uns die Königsmacher, von
denen sein Schicksal abhing.
„Ich hatte eine höchst seltsame Vision,“ begann Ted geheimnisvoll, „und es ist mir noch immer nicht klar, ob ich sie offen aussprechen darf. Ich muss
sicher sein, dass das Gesetz des Schweigens streng eingehalten wird.“
„Bei meiner Ehre als Eingeweihter des vierten Kreises,“ versicherte Panetta feierlich.
„Ich habe bisher nur mit meinem engsten Freund und spirituellen Weggefährten Walt darüber gesprochen. Er war perplex, weil er am gleichen Tag in einem
Brief an mich einen eigenen Traum niedergeschrieben hatte, der sich mit meiner Erfahrung deckt. Wir haben lange überlegt, wie wir mit dieser gemeinsamen
Vision umgehen sollen und schließlich haben wir uns entschlossen, sie mit dir zu besprechen, um deinen Rat einzuholen.“
Panetta nickte ernst, doch es war zu spüren, wie er
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