Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)
verschlingt. Wir
müssen Panetta plausibel machen, dass auch wir es am besten fänden, wenn er die Geschicke der Liga in die Hände nimmt, aber dass die Zeit dafür noch nicht
reif ist.“
„Du willst ihn zum Mahaguru machen?“
„Zum übernächsten, den es dann aber gar nicht mehr geben wird. Wir werden ihm klarmachen, dass es im Augenblick wichtiger und für ihn günstiger ist, das
Chaos der Liga von einem sicheren Platz hinter der Bühne zu glätten, um dann als neuer, überragender Mahaguru die Liga endgültig zur Weltreligion zu
führen. Außerdem ist Panetta vonnöten, um das nächstliegende Problem zu lösen: Gordon muss freiwillig zugunsten eines anderen auf die Macht verzichten.
Panetta ist der einzige, der Gordon das schmackhaft machen kann. Etwas wie eine Palastrevolution darf es offiziell in der Liga niemals geben. Und dann sind
da noch diese Ethik-Hüter. Sie gehorchen Panetta blind. Er hat Gordon eingeredet, dass sie für die Sicherheit des Mahaguru und der Liga unentbehrlich sind,
seit der Ermordung Freds.“
Ich nickte abwesend. Ich hatte sofort nach meiner Rückkehr in die Staaten Edith angerufen, ihr mein Beileid ausgesprochen, aber sie hatte irritiert
reagiert, als rede sie mit einem Fremden, der die einfachsten Grundsätze der Liga nicht verstand. Der Tod sei nichts Trauriges für einen Atma, hatte sie
gesagt, mit seltsam leerer, harscher Stimme, Fred sei emporgestiegen in die höheren Welten. Wozu also Beileid? Ich hatte mit Ben sprechen wollen, nach all
diesen Jahren des Schweigens, aber Edith hatte meinen Wunsch mit einer offensichtlichen Lüge abgeblockt.
„Er baut diese EHs zu seiner Privat-Gestapo auf,“ fuhr Ted fort. „Weißt du, wo sie ausgebildet werden?“
Ich zuckte mit den Achseln.
„In Blackwater.“
Ich konnte mit dem Namen zuerst nichts anfangen, dann erinnerte ich mich: ein reicher Atma hatte der Liga ein riesiges Stück Land in der menschenleeren
Wüste Arizonas vermacht, irgendwo an der Grenze zu Kalifornien. Ted und ich waren zusammen mit Gordon dort gewesen, um es in Augenschein zu nehmen. Wir
waren von Las Vegas mit dem Hubschrauber geflogen und hatten ein paar Stunden in dem Farmhaus verbracht, das sich der schrullige Alte, der zu Jasons frühen
Schülern zählte, in dieser glühenden Öde zwischen Felsen, Sand und Kakteen hatte bauen lassen.
„Mir wird heute noch heiß, wenn ich daran denke.“
„Du kannst dich erinnern, dass Gordon ein spirituelles Zentrum plante, exklusiv für die höchsten Eingeweihten.“
„Ja, er war ganz begeistert von der konzentrierten Schwingung des Hju an diesem gottverlassenen Ort. Aber er hat den Plan nie weiterverfolgt.“
„Panetta hat es für ihn getan. Er hat einfache Unterkünfte bauen lassen und nutzt das Farmhaus als Ausbildungszentrum für seine EHs.“
„Wird aus der Liga nun auch eine Landkommune?“
„Oh nein, eher ein militärisches Trainingscamp. Die Einladung nach Blackwater gilt in den Kreisen der Atmas als höchste Auszeichnung. Nur die Besten,
sprich die Fanatischsten, erhalten die Chance, zum EH ausgebildet zu werden. Viermal zwei Wochen dauert die Grundausbildung und sie ist die große
Gelegenheit für alle, die es nicht auf die Akademie geschafft haben oder für Führungsaufgaben zu doof sind. Ein EH muss nur fanatisch sein. Das ist seine
einzige Qualifikation.“
„Was lernen diese Übermenschen in Blackwater?“
„Schießen, ein bisschen Kampfsport und dazu allerlei Techniken, wie man andere ausspioniert. Es gibt verschiedene Sparten von EHs. Die jungen, sportlichen
werden zu Killern ausgebildet, die anderen zu Spitzeln. Alles natürlich zum Wohl der Liga, für die innere und äußere Sicherheit, wie es so schön heißt.
Gordon hat neulich gesagt, die EHs sichern das Überleben des Hju in einer feindlichen Welt. Es kommen sogar schon Atmas aus dem Ausland. Deutschland ist in
alter Tradition bereits mit einer eigenen Sturmtruppe ausgestattet. Bald werden die EHs weltweit vertreten sein. Ein schlagkräftiger Exportartikel der
Liga-Weltkultur. Übrigens ist Panettas Sohn Richard der Oberausbilder und Leiter von Blackwater. Panetta traut offenbar nur mehr seinem eigenen Blut. Der
Junge gilt als noch härter als sein Vater. Er lebt als einziger fest in Blackwater. Ein Ex-Offizier der Marines übrigens.“
Ich schüttelte fassungslos den Kopf.
„Gordon lässt Panetta freie Hand. Die Sache mit Fred hat ihn sehr getroffen. Er hielt große Stücke auf seinen deutschen Lirep. Es
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