Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)
ganz vorne bei der Bühne. Ich sah, dass er tot war, als die Schüsse ihn trafen. Das Band hat meine schrecklichen Ahnungen
bestätigt und noch übertroffen.“
„Von welcher Wahrheit sprichst du denn, Edith? Man hat dich betrogen mit gefälschtem Material. Willst du die Erleuchtung des Hju, der du dein Leben
gewidmet hast, für ein Tonband voll Lügen aufs Spiel setzen?“ Der Mahaguru sprach quälend langsam, doch die Macht, die im Raum vibrierte, zwang Edith, wie
hypnotisiert seinen Worten zu folgen und ihm zu antworten.
„Das Band ist keine Fälschung. Ich kenne Walt und ich kenne John. Jason selbst hat mir John vorgestellt. Er war ein guter Mensch, ein ehrlicher Mensch.
Aber auch ihn habt ihr ermordet.“
„Du solltest das alles noch einmal überdenken, Edith,“ sagte der Mahaguru. Seine Stimme wurde leiser, eindringlicher. „Du bist aufgeregt. Warum singen wir
nicht das Hju zusammen? Es wird dich beruhigen.“
Edith schüttelte krampfhaft den Kopf. Ihre Augen wanderten unaufhörlich durch den Raum. Die Kraft der Nokam in der Kammer schwoll ins Unerträgliche. Einer
der EHs stahl sich mit unmerklichen Schritten aus Ediths Gesichtskreis.
„Das Hju ist Liebe,“ flüsterte der Mahaguru. „Niemand würde töten im Namen des Hju. Aber das Hju hat mächtige Feinde. Sie tun alles, um die Liga zu
verleumden. Du weißt das, Edith. Du selbst hast die Liga wie eine Löwin gegen alle Attacken verteidigt. Fred hat für die Liga sogar sein Leben hingegeben.
Hast du das etwa vergessen?“
Edith schluckte und schüttelte den Kopf. Sie schien sich zu besinnen, schien sich einzulassen auf den Mahaguru, schien sich zu verlieren in der suggestiven
Ruhe seiner Worte.
„Ich wusste, du wirst zurückfinden in deine Hingabe an das Hju. Jetzt lege die Pistole weg. Es ist einer Atma nicht würdig, eine Waffe zu tragen.“
Was geschehen muss, wird geschehen, hatte Timur gesagt. Die Klarheit in Aron war ganz wiedergekehrt, während er Judith behutsam von ihren Fesseln befreite.
Der lähmende Bann war noch nicht von ihr genommen. Wie eine Tote lag sie, nur ihre Augen lebten, glühten vor hilfloser Angst, hefteten sich an Aron. Von
Arons Bewegungen angezogen, wandte der Mahaguru jäh den Blick und richtete ihn auf den Stein, der noch immer auf Judiths Brust lag. Aron erstarrte.
Die Macht der Nokam stand greifbar im Raum. Im Zucken der Schatten an den Wänden sah Aron die Herren der Finsternis, Quellen schwarzer Energie, die in
mächtigen Strömen aus ihnen hervorbrach. Der Blick des Mahaguru bewegte das steinerne Siegel des Be’el mit unsichtbarer Hand. Es löste sich von Judith, hob
sich langsam in die Luft.
Edith ließ die Pistole sinken, ungläubig staunend, in Bann geschlagen von dem schwerelos gewordenen Stein, der etwa eine Armeslänge über Judith schwebte.
Er begann zu glühen, durchsichtig zu werden. Wie in einem Brennglas fingen sich die Ströme dunkler Energie in ihm, die aus den Nokam quollen, bündelten
sich, wurden tausendfach verstärkt, wuchsen an, um sich jeden Augenblick in einer gewaltigen Eruption zu entladen. In einer beherzten Bewegung griff Aron
nach dem Stein, packte die düster glimmende Platte, fühlte die Energie, die sich seinem Griff verweigerte, spürte sie glühen in seiner Hand wie vor
undenklichen Zeiten in der geheimen Tempelkammer von Karnak, glaubte, sie würde seine Haut versengen wie ein Brandeisen, spürte rasenden Schmerz seinen
Körper durchzucken wie ein Stromstoß, schleuderte den Stein mit jäher Kraft von sich.
Er traf die Mauer der Pyramide, zersprang wie Glas in unzählige Stücke, die zu Boden regneten, niederprasselten, sich mischten mit den Splittern von Timurs
Steins, den der EH zertrümmert hatte. Der Mahaguru ließ einen Schrei hören, der wie das Fauchen eines Tieres klang. Im gleichen Augenblick brach die Macht
der Nokam. Der Kreis der dunklen Geschöpfe löste sich auf in zuckende Schatten. Edith kam zu sich, riss die Pistole hoch, richtete sie auf den EH, der sich
gerade auf sie stürzen wollte, trieb ihn zurück, blickte verwundert um sich, als sei sie aus tiefem Schlaf aufgeschreckt. Auch Judiths Bann war gebrochen.
Sie schrie auf, glitt von dem steinernen Altar, fiel auf die Knie. Aron stützte sie, half ihr auf.
„Verschwindet! Schnell!“ Edith blickte Aron flehentlich an.
In diesem kurzen Blick erkannte Aron sie. war sie gewesen, seine vom Xerck ihm anbefohlene Frau, die ihn belauscht und verraten, die ihn triumphierend dem
Feuersturm
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