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Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Der Name der Finsternis: Roman (German Edition)

Titel: Der Name der Finsternis: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Franz Binder
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alten, toleranten Lirep sehr verbunden. Daher auch seine Unstimmigkeiten mit Crapp. Vielleicht war ich etwas
    zögerlicher als er, nicht so unbesonnen, aber im Grunde waren wir einer Meinung. Vielleicht wollte Ben auch Abstand gewinnen von seiner Rolle als Sohn aus
    dem Haus berühmter Liga-Pioniere. Aber das hat seine Einstellung zur Lehre nicht geändert. Seine absolute Ehrlichkeit erregte nur Anstoß bei manchen
    orthodoxen Atmas.“
    „Ich weiß. Wir führten lange Gespräche über die Liga. Ich kenne seine Einstellung. Ben hatte eine Reihe von Ahnungen, die immer stärkere Zweifel an der
    Liga schürten, zugleich hatte er sich einen Rest von Idealismus und naivem Glauben bewahrt. Ich habe ihm eine neue Perspektive eröffnet, habe ihn mit
    Tatsachen konfrontiert, die er nicht kannte. Ich habe sie ihm nicht aufgezwungen. Er hat gefragt. Er hat nachgebohrt, wie es seine Art war. Er wollte es
    wissen. Er wollte alles wissen in seiner absoluten Ehrlichkeit, wie du das nennst. Ich war stolz auf meinen Sohn und habe seiner Bitte entsprochen,
    schonungslos.“
    „Das Gelbe Buch?“
    Walt nickte. „Das Gelbe Buch und ausführliche Gespräche.“
    „Ich will es auch lesen. Glauben Sie mir, ich habe das gleiche Bedürfnis nach Wahrheit wie Ben.“
    „Er wollte dir diese Wahrheit mitbringen, als Souvenir aus Bali. Er hat dir als Beweis eine Kopie des Tonbands gezogen. Aber ich weiß auch, dass ich ihn
    mit dieser Wahrheit umgebracht, dass ich ihn einer grausamen Macht ausgeliefert habe, die keine Gnade kennt mit denen, die zuviel wissen, die die Masken
    der Liga durchschauen. Ich werde es kein zweites Mal tun, Aron. Ich möchte nicht auch an deinem Tod schuld sein.“
    „Aber es war ein Unfall! Das Hju ist die Wahrheit der Liga, nicht die Organisation. Ich weiß, dass jede Organisation korrumpieren kann. Die Organisation
    ist von Menschen gemacht und wird von Menschen getragen, daher ist sie unvollkommen, auch wenn dies im
Buch der Erleuchtung
vielleicht ein wenig
    idealisierter dargestellt wird. Das Hju aber wirkt zum Wohle des Ganzen, es ist das vollkommen Gute jenseits aller Dualität, das Göttliche, wenn man so
    sagen will. Das ist der Kern der Liga.“
    „Die Organisation der Liga ist seit dem Attentat auf Ken Andersen das perfekte Instrument für das Hju. Es geht nicht um die Organisation, Aron, es geht um
    das Hju.“
    „Ja, es geht nur um das Hju. Ich wusste, dass auch Sie noch zu dieser Wahrheit stehen, wie Ben es tat und wie ich es tue. Sie haben nichts mit dem Attentat
    auf den Mahaguru zu tun. Ich fühle es. Ich weiß es. Aber warum sind Sie geflohen?“
    „Ich wollte nicht irgendeinem tragischen Unfall zum Opfer fallen.“ Walt Mason sah Aron mit mildem Lächeln an und lenkte vom Thema ab: „Deine Ohnmacht war
    wie ein Schlaf, Aron. Mir schien, dass du zuletzt träumtest. Du hast gezuckt und gestöhnt.“
    Aron nickte. „Ja, es war ein plastischer, schrecklicher Traum von einem Feuer, das aus absoluter Dunkelheit stammt. Er war wie die Fortsetzung eines
    Traumes, den ich in der Nacht von Bens Totenfeier hatte, als ich das Tonband fand und hörte. Damals träumte ich von einer Brücke über einen Abgrund, der
    mit brennendem Dunkel angefüllt war.“
    Walt hob erstaunt den Kopf.
    „Heute bin ich in diesen Abgrund hinabgestürzt und habe die Macht gesehen, die dort wohnt. Es ist das furchtbarste, das ich jemals erlebt habe, die
    Erinnerung an irgendein schreckliches vergangenes Leben vielleicht. Ich bin noch ganz benommen von diesen Bildern.“
    Aron spürte die Klarheit in seinem Kopf wieder, die umhüllt war von Schwäche und bleierner Müdigkeit. Eine Weile herrschte Stille im Raum. Von draußen
    drangen die Geräusche der tropischen Nacht. Ein riesiger, grünlich glimmender Leuchtkäfer flog durch das seitlich offene Dach herein, durchquerte das
    Zimmer wie ein brummender Komet, verschwand auf der anderen Seite. Motten und Nachtfalter taumelten um die fast niedergebrannte Kokoslampe. Arons Blick
    folgte den lauernden Bewegungen eines Gecko an der Wand.
    „Ich habe mich vorhin nicht klar genug ausgedrückt,“ versetzte Walt schließlich. „Ich sagte: Es geht nicht um die Organisation, es geht um das Hju.“
    „Ja, ich weiß, ich habe Sie verstanden.“
    „Nicht wie du glaubst. Aber du hast es in deinem Traum verstanden. Was du in der brennenden Finsternis des Abgrunds gesehen hast, war das wahre Antlitz des
    Hju.“
Kapitel 11

Das gelbe Buch V
    Die Jahre flogen dahin. Es ist nicht nötig,

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